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0252 - Der Satan haßt das Spiegelbild

0252 - Der Satan haßt das Spiegelbild

Titel: 0252 - Der Satan haßt das Spiegelbild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Satan haßt das Spiegelbild
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leicht auf die Schulter und prüfte im Schutz des Samtvorhangs den Sitz meiner Smith & Wesson. Phil deutete das richtig und kam direkt hinter mir her, als ich wieder in die Bar zurückging.
    Wir gingen geradewegs durch den Raum auf die Tür im Hintergrund zu. Dahinter lag ein kleiner Gang. In der Mitte stand eine Telefonzelle, aus der gerade Malone herauskam. Ich erkannte ihn sofort nach den Bildern auf dem Dreierstreifen. Er beachtete uns nicht, sondern ging seelenruhig zwei Schritte weiter und verschwand hinter einer Tür.
    Mit ein paar Schritten waren Phil und ich an der Tür. Wir postierten uns auf beiden Seiten. Sobald Malone herauskam, würden wir ihn festnehmen. Und wir durften sicher sein, dass das ein Kinderspiel war, denn das Überraschungsmoment lag auf unserer Seite. Aber dann waren wir die Überraschten!
    Als wir ein bestimmtes Geräusch hörten, sprangen Phil und ich gleichzeitig vor und stießen die Tür mit der Aufschrift Gents weit auf. Aber wir sahen auf den ersten Blick, dass wir eine Viertelminute zu spät gekommen waren!
    ***
    Im obersten Stockwerk des International Buildings an der Rockefeller Plaza sind mehrere kleinere Firmen untergebracht. Und ein paar Rechtsanwälte. Im letzten Zimmer von Flur A kann man einen Zahnarzt finden, aber man fragt sich wahrscheinlich vergebens, wo die Patienten herkommen sollen, die den weiten Weg in die oberen Gefilde eines Wolkenkratzers nicht scheuen.
    Der Zahnarzt hat sein Sprechzimmer dort schon mehrere Jahre, wesentlich länger auf jeden Fall, als das Zimmer 32 577, das nebenan liegt, an seinen jetzigen Mieter vermietet wurde. Die nächsten Nachbarn kennen den Mann nicht, der den Mietkontrakt für 32 577 unter dem Namen Gillings für die Manhattan Machine Tool Corp., gemietet hat, und kaum einer hat hinter der dunklen Milchglasscheibe je eine Spur von Leben gesehen.
    Würde man sich die Mühe machen, im Telefonbuch nach der Manhattan Machine Tool Corp. zu suchen, so würde die Suche vergeblich sein. Aber die Hausverwaltung hatte dazu keinerlei Veranlassung, denn die Miete wurde für ein Jahr im Voraus bar bezahlt. Und die anderen Mieter auf Flur A kamen gar nicht in die Verlegenheit, nach der Firma im Telefonbuch zu suchen, denn sie wussten nichts von deren Existenz.
    Weder eine Inschrift auf der Mattglasscheibe, noch ein kleines Schild an der Tür von Zimmer 32 577 kündete von der Manhattan Machine Tool Corp. Noch nicht einmal eine kleine, verdreckte Visitenkarte war mit einem Reißbrettstift auf den Türrahmen genagelt, wie bei dem Zimmer davor, wo ein bärtiger Riese sich ein Atelier eingerichtet hatte, weil nach seinen Worten hier die besten Lichtverhältnisse von ganz Manhattan herrschten. Wenn er mit seinen Kunstwerken in Öl und Rötel nicht den Erfolg hatte, den er sich wünschte, so lag dies wirklich nicht an dem Licht, sondern höchstens an dem mangelnden Kunstverständnis eines total versnobten Publikums. Wenigstens nach den Worten des bärtigen Malers.
    Was die Sicht und auch die Aussicht allerdings angeht, so mussten alle Gäste, die ihn bei seinen häufigen Atelierfesten besuchen und für die dazu notwendigen Flüssigkeiten sorgen durften, ihm allerdings vollkommen recht geben. Denn über das zwar auch nicht gerade niedrige Exxon Building auf der anderen Straßenseite ging der Blick doch ziemlich ungehindert bis weit über den Central Park.
    Und abends konnte man sich bei angedrehtem Licht wundervoll von den mannigfaltigen Lichtreflexen des Herzens von New York zu neuen Werken inspirieren lassen. Wobei der bärtige Maler dieses Fluidum noch durch eine gehörige Portion von Jamaica Rum und einer möglichst molligen Muse zu vertiefen suchte.
    Umso unverständlicher musste ein jeder Bewohner von Flur A die Angewohnheit des Mieters von Zimmer 32 577 finden, sich stets nur bei geschlossenen Vorhängen in dem Raum aufzuhalten. Wobei man allerdings nie sagen konnte, ob der Mieter tatsächlich anwesend war oder nicht.
    Da hier oben kurz unter dem Himmel sowieso nur reine Individualisten hausten, kümmerte man sich auch nach einer anfänglichen Neugierde kurz nach seinem stillen Einzug nicht mehr um ihn, und man respektierte seinen Wunsch nach Einsamkeit, indem man noch nicht mal den Versuch machte, sich ihm zu nähern.
    Nur eine Freundin des bärtigen Malers hatte den Mieter zu Gesicht bekommen, als der Maler sie nach dem gemeinsamen Genuss von zwei Flaschen Rum vor die Tür gesetzt hatte. Weil besagte Dame aber nicht nur mit einer fast heiligen

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