0252 - Der Satan haßt das Spiegelbild
ich über Sprechfunk meinen Chef an, denn der sollte gleich den Vater verständigen, damit diese Sorge von ihm genommen werden konnte.
Dann klemmte ich mich hinter das Steuer und ließ Phil ruhig ein paar Freiübungen machen, damit er auf den Notsitz kam.
Ich überließ es Phil, die Unterhaltung zu führen, obwohl sie nicht gerade lebhaft war, denn die Kleine neben mir war wohl noch zu sehr von dem Geschehenen beeindruckt. Ich zuckelte ganz gemütlich von der Bowery zum Broadway, und dann machte ich noch einen ganz kleinen Umweg durch den Central Park. Phil merkte es auch prompt und grinste.
»Gib mir lieber ’ne Zigarette«, sagte ich.
Er schob mir den Glimmstängel zwischen die Lippen, und genießerisch sog ich den Rauch ein.
Ich schaute kurz auf meine Uhr, und als ich sah, dass es fast neun war, fuhr ich zu dem Labor von Dr. Brian. Ich war sicher, dass ich ihn dort finden würde.
Ich sah auch seinen Wagen vor der Villa stehen und ging mit dem Mädchen und Phil rein. An der Tür kam uns die Sekretärin entgegen, die uns in Brians Zimmer schickte und sagte: »Gehen Sie ruhig zum Herr Doktor rein. Ist nur Herr Tubakow drin. Der kommt gerade von seinem Urlaub aus Florida zurück. Herrlich, drei Wochen Miami«, flötete sie und verdrehte ihre Augen wie verrückt.
Ohne Umstände ging ich durch das Vorzimmer und öffnete die Tür zu Brians Privatzimmer. Brian sprach gerade mit einem jungen Mann, den ich nach einer Aufnahme in den Personalunterlagen als Tubakow erkannte. Der Chemiker hatte aber hinter meinem Rücken seine Tochter erblickt und mit einem Freudenschrei sprang er an mir vorbei und schloss sie fest in seine Arme.
Ich ging auf Tubakow zu, dessen bleiches Gesicht im Moment wohl noch um eine Spur blasser geworden war. Kam mir verdammt komisch vor, denn schon nach acht Tagen Urlaub in Florida musste er eigentlich eine ganz andere Hautfarbe haben.
Als ich ihn grüßte, dankte er zerstreut und fuhr sich nervös mit seiner Hand über die Narbe an der linken Schläfe. Dann murmelte er mehr zu sich, wobei er sich zu einem verunglückten Lächeln zwang: »Sie ist ja wieder da! Wie fein, dass Chester seine arme Tochter wiederhat.«
Nicht der harte slawische Akzent in seiner Stimme störte mich, sondern das, was er gesagt hatte. Ich war wie elektrisiert! Ich ging noch einen Schritt näher an ihn heran und fragte möglichst harmlos: »Wieso Tochter zurück? War sie denn fort?«
Schlagartig wich sämtliches Blut aus seinem Gesicht. Nur die Schläfennarbe schwoll an. Instinktiv wurde Tubakow bewusst, dass er eine Dummheit gemacht hatte, denn niemand wusste von dem Kidnapping, der nicht selbst mit dem Verbrechen zu tun hatte. Mit einem Satz sprang er zurück und versuchte, einen Gegenstand aus seiner Tasche zu reißen.
Da ich ihn aber lebend vor dem Richter haben wollte, reagierte ich und war mit einem Satz bei ihm. Ich konnte seine Hand gerade noch fassen, als er sie aus der Tasche zog.
Jetzt war auch Phil heran und nahm Tubakow sein Schießeisen ab. Als er sich die Kanone genau ansah, murmelte er: »45er Colt. Kommt mir doch irgendwie bekannt vor, Jerry!«
»Hast leider verdammt recht, Phil«, brummte ich grimmig und band Tubakows Hände mit seiner Krawatte zusammen.
Brian und seine Tochter waren auseinandergefahren. Verstört traten sie näher und der weißhaarige Chemiker fragte entsetzt: »Ja, aber… aber was machen Sie denn mit Boris?«
»Unschädlich, Brian«, erklärte ich ihm und zog die provisorische Handfessel noch etwas fester an. »Dieser Teufel hier nämlich hat den ganzen Plan ausgeheckt und dazu noch ein paar Menschenleben auf dem Gewissen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, Brian, hätten Sie Ihre Tochter jetzt noch nicht wieder zurück.«
Brian stand da, wie vom Schlag gerührt. Fassungslos stammelte er: »Das ist doch nicht möglich, Boris! Sagen Sie uns doch, dass das nicht wahr ist!«
Statt einer Antwort verzog sich Tubakows Gesicht zu einer teuflischen Fratze. Ich packte ihn hart am Arm und brachte ihn hinaus. Der elektrische Stuhl war dem Mörder sicher.
65
ENDE
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