0252 - Die Tochter des Totengräbers
können! Leider entdeckte ich ihn nicht, auch nicht meinen Freund Bill Conolly. Der schleimige Dämon mußte ihn verschleppt haben.
Das Ziel jedoch war ungewiß.
Vielleicht hatte er Spuren hinterlassen. Aus diesem Grund suchte ich den Boden nach Schleim ab. Wenn der Ghoul seine Urgestalt angenommen hatte, ein schleimiges Wesen geworden war, sonderte er dicke Tropfen ab, die mir unter Umständen den Weg zu seinem Versteck zeigen konnten. Er brauchte diesen Schleim, denn er diente gleichzeitig als Gleitschicht, damit sich das Monster besser durch die engen Gänge zwischen den einzelnen Gräbern bewegen konnte.
Ich war an einem zentralen Punkt gelandet und hatte die Wahl zwischen drei Gängen. Wenn das Pech mal angefangen hat, dann kommt es meistens knüppeldick.
Für welchen Gang sollte ich mich entscheiden?
Wieder ließ ich den Strahl der Lampe über den Boden gleiten und suchte nach Spuren. Irgendwo mußte der Schleim liegen. Ein Ghoul verschwand nie, ohne eine Schleimspur zu hinterlassen. Hinstellen konnte ich mich nicht. Ich suchte kniend und hatte beim zweiten Gang Glück.
Ich sah nicht nur den hellen, leicht gelblich schimmernden Schleim, sondern glaubte auch, einen noch stärkeren Leichengeruch wahrzunehmen.
Der Gang vor mir mußte es sein!
Wer immer diesen Tunnel gegraben haben mochte, ein Menschenfreund war es nicht gewesen. Die ersten Yards kam ich noch verhältnismäßig gut voran, dann wurde es schlimm.
Die Decke schien mir auf den Kopf zu fallen. Sie war sehr niedrig, die Luft war ausgesprochen schlecht. Es war ein widerlicher Gestank. Frischer Sauerstoff drang so gut wie nicht ein, so daß ich gezwungen war, mir ein Taschentuch vor die Lippen zu pressen.
Ich dachte dabei an Bill Conolly, dem es auch nicht besser ergangen war, denn er hatte hier ja auch durchgemußt.
Ich kroch.
An manchen Stellen war es nicht anders möglich, als sich wie ein Rekrut bei der Gefechtsausbildung voranzubewegen. Die Lampe hielt ich in der rechten Hand. Ihr Strahl riß immer ein Loch in das Dunkel, so daß ich Hindernisse rechtzeitig genug erkennen konnte.
Manchmal schimmerte es heller. Dann war das Licht auf eine Schleimspur getroffen, die der Ghoul hinterlassen hatte.
Yard für Yard kroch ich voran. Hin und wieder wurde die Luft ein wenig besser, danach tauchte ich ein in die widerliche Wolke aus penetrantem Leichengestank.
Ich war mir natürlich darüber im klaren, daß ich mit eingeschalteter Lampe ein gut zu erkennendes Ziel abgab. Dieses Risiko mußte ich eingehen. Im Dunkeln wollte ich nicht durch den Tunnel kriechen.
Nach einer Weile stellte ich fest, daß der Gang ein wenig anstieg.
Sollte der Tunnel einen normalen Ausgang haben?
Das wäre gut gewesen und wirklich eine Überraschung. Meine Hoffnung steigerte sich, als etwas über meinen Kopf kratzte, das sich anfühlte wie steife Finger.
Sofort hielt ich ein. Über meinen Rücken rann ein Schauer. Ich drehte mich auf die Seite und leuchtete in die Höhe.
Die Tunneldecke war nicht weit entfernt. Aus dem Lehm stachen keine Finger, sondern die Enden von Baumwurzeln, und der für mich unsichtbare Baum über mir mußte schon ein alter Knochen sein, denn sein Wurzelwerk hatte gewaltige Ausmaße.
Ich mußte pausieren. Das Gefühl der Beklemmung hatte sich in den letzten Minuten verstärkt. Es ist wirklich nicht jedermanns Sache, durch einen unterirdischen Tunnel zu kriechen. Die Gefahr, bei einem Einsturz lebendig begraben zu werden, lag wie ein drohendes Schwert über meinem Kopf.
Die Hoffnung, den Ghoul zu stellen, hatte ich längst aufgegeben.
Er war immer schneller als ich. Seine Schicht aus Schleim sorgte für ein müheloses Voranbewegen, während ich mich herumquälen mußte und Yard für Yard überwand.
Zeit hatte für mich keine Bedeutung mehr. Ich wühlte mich weiter durch, und der Gang wurde auch besser. Vor allen Dingen höher, so daß ich mich auf Händen und Füßen voranbewegen konnte.
Wann hatte der Gang sein Ende?
Es war grauenhaft, und an Umkehr dachte ich auch nicht. Bis zum Ziel wollte ich durchhalten.
Ich hatte mich bisher in die Richtung voranbewegt, aus der Bill und ich gekommen waren. Allerdings nicht genau auf den Ort zu.
Pottersbury lag woanders, und sein Friedhof sicherlich auch.
In der nächsten halben Stunde wurde es kritisch. Meine Kräfte erlahmten. Ich bekam das große Zittern, die Arme wollten das Gewicht nicht mehr tragen, und ich mußte meinen Körper regelrecht hinter mir herschleifen. Ich pausierte einige
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