0253 - Bankraub kurz nach Mitternacht
nur von der Existenz der beiden Tresorschlüssel gewusst, sie hatten auch genau an der richtigen Stelle die Alarmanlage ausgeschaltet.
2. Die so merkwürdig übereinstimmende Aussage der beiden Direktoren konnte zweierlei bedeuten: Entweder hatten beide den so genannten Raubüberfall inszeniert und in Wahrheit selber durchgeführt, wobei sie sich das Märchen ausgedacht hatten von den Gangstern, die beide Direktoren getrennt an den Tresor holten, sodass sich jeder darauf herausreden konnte, er hätte zwar sein Schloss geöffnet, aber doch nur, um den Gangstern zu zeigen, dass ihnen das nichts nützte. Wenn es sich so verhielt, so folgerte Walker, dann hingen entweder beide Direktoren oder wenigstens einer in der Geschichte drin. Theoretisch allerdings gab es immer noch die Möglichkeit, dass die Direktoren beide die Wahrheit sagten, dass sie beide unschuldig waren und dass sie beide im guten Glauben gehandelt hatten.
Im Grunde würde es vermutlich nur eine Möglichkeit geben, den Gangstern auf die Spur zu kommen: Man musste sie von ihrer Beute her aufstöbern, man musste die Spur der erbeuteten Goldbarren rückwärts verfolgen, sobald die Barren erst einmal auf dem Hehlermarkt auftauchten. Zu diesem Zweck hatte Robert den G-man Rogers losgeschickt, damit dieser den König der New Yorker Hehler einweihte.
Nachdem das geschehen war, stopfte sich Robert Walker erneut seine Pfeife.
Während er genießerisch an seiner Pfeife zog, ließ er seiner Fantasie freien Lauf. Er gehörte zu den Kriminalbeamten, die mit eigenen Einfällen eine Sache weitertrieben, wenn sie an einem Punkt angekommen waren, wie sie mit den gewöhnlichen Methoden kriminalistischer Arbeit nicht mehr voranzubringen war. Er ging von der Annahme aus, es sei erwiesen, dass der Tod von Eve Perkins in einem Zusammenhang mit dem Raubüberfall stehe.
Wenn also Eve Perkins umgebracht wurde, so sagte er sich, weil sie irgendwas mit dem Raubüberfall, der in der kommenden Nacht stattfinden sollte zu tun hatte, dann gibt es dafür zwei Gründe. Entweder stammt der Tipp, wie man die Sache machen könnte, von Eve Perkins selbst, die ja als Ehefrau des einen Direktors sicher von der Existenz der beiden Tresorschlüssel wusste, und in diesem Fall ermordete man sie, damit man den unbequemen Mitwisser loswurde. Und um die Polizei nicht gleich darauf zu stoßen, dass sie etwas mit dem Überfall zu tun hatte, führte man den Mord vor dem Überfall aus.
Das war die eine Möglichkeit. Aber sie war, nach Roberts Meinung, unwahrscheinlich. Eve Perkins besaß selbst so viel Geld, dass es eigentlich keinen Grund für sie geben konnte, ihr Vermögen durch einen Beuteanteil aufzufrischen.
Es gab aber eine zweite Möglichkeit, und die erschien Robert Walker wesentlich Erfolg versprechender.
Angenommen, sagte er sich, angenommen, Eve Perkins gibt im Scherz einmal von sich, wenn schon zwei Tresorschlüssel existierten, dann könnte man doch auch ihre beiden Besitzer gegeneinander ausspielen. Indem man jeden für sich zwingt, den Tresor zu öffnen, wobei man darauf rechnen kann, dass jeder für sich das eine Schloss aufschließt, weil sich jeder darauf verlassen wird, dass ja das andere immer noch geschlossen ist. So etwas kann in einem lebhaften Gespräch, vielleicht unter dem Einfluss des Alkohols, durchaus geschehen. Die Leute reden oft noch viel verfänglichere Dinge, wenn sie angeheitert sind. Eve Perkins also macht, aus Spaß, bei irgendeiner Gelegenheit einmal diese Geschichte bekannt. Sie ahnt nicht, dass einer der Zuhörer beschließt, diesen Spaß in eine sehr ernste Wirklichkeit umzusetzen. Dieser eine Zuhörer aber muss jetzt damit rechnen, dass Eve Perkins sich darauf besinnt, wem sie es erzählt hat, sobald sich herausgestellt hat, dass jemand ihren Spaß in Emst umsetzte. Also musste Eve Perkins beseitigt werden, bevor sie der Polizei sagen konnte, wem sie diesen ungewollten Tipp für einen Bankraub gegeben hatte.
Robert Walker wurde plötzlich lebhaft. Er beugte sich vor und kramte in den Protokollen seiner Vernehmungsbeamten. Endlich hatte er das richtige Blatt gefunden. Er fuhr mit dem Zeigefinder die Zeilen des Protokolls entlang, bis er plötzlich bei einem Namen stutzte.
»Donnerwetter!«, entfuhr es ihm unwillkürlich. »Das ist ja…«
Er vollendete seinen Satz nicht. Aber jetzt verfiel er wieder in ein angestrengtes Grübeln. Bis er sich vorbeugte und zum Telefon griff.
Wenn meine Theorie falsch ist, dachte er, kann es nicht schaden, weil der
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