0256 - Der Höllen-Salamander
er auf, als eine Feuersäule aus dem Fluß emporschoß. Wasser verkochte, wurde zu dicken, weißen Nebelschwaden, die das Höllenfeuer fast verdeckten. Brodelnd und zischend stieg das Ungeheuer aus den Fluten hervor und bäumte sich hoch in den Himmel hinauf.
Es glich einem ins Gigantische vergrößerten Feuersalamander – in des Namens doppelter Bedeutung. Nicht allein die geflammte Zeichnung seiner hartschuppigen Panzerhaut ließ an dieses normalerweise harmlose Reptil erinnern, sondern vor allem spie diese Riesenechse auch noch Flammen!
Die Skelett-Krieger erzitterten. Ihre Gerippe schlugen krachend aneinander, als sie angstvoll zurückwichen.
Leonardo wich nicht. Er lachte!
»So bist du also gekommen!« schrie er. »Das ist gut! Du wirst mir gehorchen!«
»ICH WERDE DICH ZERMALMEN, STERBLICHER NARR!« brüllte der Höllen-Salamander. »NICHT UMSONST HAST DU ES GEWAGT, MEINE RUHE ZU STÖREN, FREVLER! WISSE DENN, WER ICH BIN …«
Da brüllte Leonardo!
Lauter noch als der Höllen-Salamander erscholl seine Stimme, und niemand außer ihm konnte sagen, ob er wirklich so laut rief oder ob das Amulett seine Stimme verstärkte.
»Ich weiß, wer du bist, unverschämter Wurm, aber du scheinst mich nicht zu kennen! Ich denke nicht daran, deinen Preis zu zahlen, denn du wirst mir umsonst dienen …«
Er schlug ein Zeichen in die Luft.
Ein Orkan brauste, und Blitze fuhren aus heiterem Himmel herab. Und in diesen Blitzen erkannte der Höllen-Salamander etwas, das ihn erschauern ließ. Eine Macht stand hinter Leonardo, die selbst ihn zu überwinden vermochte. Der Sohn der Hölle vermochte den Salamander zu allem zu zwingen, was er begehrte.
Der Höllen-Salamander wich zurück.
Da schrie Leonardo ihm seine Befehle entgegen.
Dann wandte er sich mit wehendem Mantel um, schritt zurück zu seinem Pferd und saß auf. Die Skelett-Krieger folgten seinem Beispiel. Die Erleichterung, daß das schaurige Schauspiel zumindest für sie vorüber war, war ihren knöchernen Gesichtern anzusehen. Auch die Untoten hingen an ihrem Scheinleben …
Leonardo ritt davon. Kaum berührten die Hufe der Pferde den Boden. Sie flogen förmlich.
Der Höllen-Salamander sank auf die Vorderpranken zurück. Wasser schäumte auf. Begleitet von Dampfschwaden, kroch die Riesenechse aus dem Wasser, einem Drachen der Sagenwelt nicht unähnlich.
Wenig später war er verschwunden.
Aber er würde nicht lange verschwunden bleiben. Er würde von sich reden machen.
Er war der Köder für Professor Zamorra …
***
»Er heckt wieder eine Teufelei aus«, sagte der alte Mann auf dem Bergfried der mächtigen Burg. »Ich spüre es. Er hat ein Höllen-Ungeheuer beschworen, die Lebenden zu knechten. Es ist an der Zeit, daß wir etwas unternehmen.«
Es war windstill hier oben. Draußen, über die Berge von Südwales, fegten die rauhen Winde, aber sie erreichten Caermardhin nicht. Die unsichtbare Burg Merlins war von den Witterungseinflüssen geschützt. Ebensowenig wie ein Mensch sie ohne Wissen und Willen Merlins erreichen konnte, vermochte der Wind und der Regen sie zu berühren.
Merlin, der Zauberer … der geheimnisumwitterte weiße Magier, der vielleicht so alt wie das Universum war und der mehr gesehen hatte als jeder andere. Hier oben stand er und sah nach Südosten, dort, wo irgendwo jenseits des Kanals Frankreich hinter den Nebeln liegen mußte. Frankreich und das Loire-Tal mit Château Montagne.
»Wen meinst du, und was spürst du?« fragte das schlanke Mädchen mit dem hüftlangen, goldenen Haar neben ihm. Teri Rhekens Finger berührten Merlins Hand. Leicht lehnte sich die Druidin gegen den mächtigen Mann, der so unvorstellbar alt und doch noch jung war.
Merlin lächelte.
»Den Montagne«, murmelte er. »Den verfluchten Montagne, den selbst die Hölle nicht mehr haben wollte. Wen sonst?«
»Ich frage mich, warum Zamorra nichts unternimmt, um sein Schloß zurückzuerobern«, sagte Teri.
»Zamorra brütet, doch er muß erst feststellen, wie mächtig Leonardo wirklich ist. Er sucht noch nach einer Möglichkeit. Es nützt nichts, wenn er blindlings angreift und darüber sein Leben verliert. Er kann mittels Gewalt getötet werden, das weißt du.«
Teri nickte. »Aber sein Überlebenspotential ist ungemein hoch. Merlin, gehört Zamorra zu den Unsterblichen?«
»Gewalt tötet ihn wie jeden anderen«, wiederholte Merlin nur. Er sah weiterhin in den Nebel hinaus, der dichter zu werden schien. Cornwall lag zwischen Kanal und Wales, und der
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