0256 - Der Höllen-Salamander
einer Weile kam er herunter und stieg in die Ente. Der Anlasser mahlte minutenlang, bis der Wagen endlich ansprang. Das Fahrlicht war äußerst trübe, und der Wagen knarrte in allen Fugen, aber er fuhr.
Kurz darauf tauchte der Renault Rodeo im Scheinwerferlicht auf. »Oh, Sie kommen ja aus dem Dorf«, wunderte sich der junge Mann.
Zamorra nickte. »Deshalb wollen wir ja wieder dahin zurück. Unsere Tour hat nicht so geklappt, wie wir das wollten. Den Wagen holen wir morgen bei Tageslicht ab.«
Nicole und Teri stiegen zu. Nicole hatte Schwert und Ju-Ju-Stab in eine Decke eingeschlagen. So faßte der junge Mann kein Mißtrauen, aber er strahlte die beiden jungen Frauen an und schüttelte dann wieder den Kopf, als er Zamorra sah. Der wirkte mit den etwas längeren Haaren und dem Bärtchen, das er sich zugelegt hatte, jünger als früher, und der Fahrer zog prompt falsche Schlüsse. Für ein paar Sekunden konnte Zamorra seine Gedanken lesen.
Mit den beiden Frauen möchte ich auch mal ’ne Panne haben … bloß bei mir KLAPPT SOWAS NIE …
Aber er fuhr los, pfiff ein Liedchen und nahm die Kurven fast so schnell wie vorher Nicole. Nach Rekordzeit tauchte die Silhouette des Dorfes vor ihnen auf.
»Hier können Sie uns rauslassen«, bat Zamorra. »Was sind wir Ihnen schuldig?«
»Nichts.« Der Ententreiber wendete mit einem halsbrecherischen Manöver und jagte wieder heimwärts.
Zamorra sah die beiden Frauen an. »Wer sagt’s denn?« brummte er. »Zuweilen findet auch der blinde Trinker einen Korn.«
»Witzbold! Hol die Bartwickelmaschine aus dem Keller. Deine Sprüche waren auch schon mal jünger«, erwiderte Nicole. »Was machen wir jetzt? Ob dieser Höllen-Salamander schon am Werk ist?«
»Hörst du es nicht?« fragte Zamorra. »Da hinten kracht und splittert etwas.«
»Dann nichts wie hin!« sagte Teri. Sie setzte sich in Bewegung. Die beiden anderen folgten ihr.
Am anderen Ende des Dorfes spielte eine Riesenechse Stadtsanierung und ebnete ein, was ihr im Weg stand.
***
Fenrir frohlockte innerlich. Das schier Unmögliche war gelungen. Er war im Château, an Leonardos Seite, ohne getötet worden zu sein! Er hatte Leonardo ausgetrickst!
Aber ganz richtig erkannte er, daß dies vordringlich Merlins Werk war und daß der Zauberer ihm jetzt aus der Ferne nicht mehr helfen konnte. Von nun an war Fenrir auf sich selbst gestellt.
Leonardos Nähe war ihm unangenehm, und in diesem Moment war er froh, daß er seine tierischen Instinkte durch seinen Verstand unterdrücken konnte. Sonst hätte sich unweigerlich sein Fell gesträubt. Das aber paßte nun gar nicht zu dem Verhalten, das er Leonardo vorzuspielen hatte.
Es kostete ihn Überwindung, Freundlichkeit vorzutäuschen und sich zur Ruhe zu zwingen. Am liebsten wäre er Leonardo an die Kehle gegangen. Aber er spürte den Schutzzauber des Montagne. Leonardo war auf diese Weise nicht auszuschalten. Im Gegenteil …
Ohne magische Tricks half hier nichts. Deshalb mußte Fenrir sich zurückhalten und durfte nur das tun, weshalb er hier war: Informationen sammeln und heimlich weitergeben.
Dazu indessen mußte er das Château jedesmal verlassen. Denn von hier drinnen ging keine telepathische Sendung hinaus. Zudem war Leonardo zu nahe. Vielleicht »hörte« er mit …
Leonardo nahm sich seiner fast zu sehr an. Er führte Fenrir durch das Gebäude, zeigte ihm Räume, die der Wolf aus früheren Zeiten noch gut kannte. Dennoch prägte er sich die Umgebung genau ein. Denn einiges hatte Leonardo schon verändert, mit der Kraft seiner Magie, vor allem, was die Einrichtungen anging.
»Wenn du mir die Treue hältst, Wolf, kannst du dich hier überall frei bewegen, und der Teufel soll den holen, der dir eine Tür versperrt. Es sei denn, es sei zu deiner Sicherheit«, sagte Leonardo grinsend und schüttelte dann den Kopf. »Ich rede zu dir, als wärst du ein Mensch … komisch, nicht wahr?«
Fenrir fand das gar nicht komisch. Es verriet ihm, was er längst geahnt hatte und worauf auch Merlin spekulierte.
Leonardo war einsam. Er war fremd in dieser Zeit. Hatte keine Freunde und Berater. Die Skelett-Krieger und die Versklavten waren keine brauchbaren Gesellschafter. Dem Montagne fehlte ein Gesprächspartner, deshalb begann er jetzt schon seelisch zu verkümmern – obgleich seine Seele schwärzer als die Nacht war. Doch selbst der Böseste kann nicht isoliert existieren.
Da kam ihm der Wolf gerade recht. Wenn es keinen menschlichen Gesprächspartner gab, dann eben ein
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