0256 - Der Höllen-Salamander
Frankreich sollen so viele Werkschutzleute wie möglich abstellen. Die Männer können kämpfen. Sie werden dir den Rücken stärken und Schützenhilfe leisten.«
»Vergessen Sie es, Herr Möbius«, warf Nicole ein.
»Warum, Mademoiselle?« staunte der alte Mann. »Allein haben Sie doch weniger Chancen als …«
Zamorra winkte ab.
»Nicole hat Recht, Stephan«, sagte er. »Deine Burschen vom Werkschutz sind an menschliche Gegner gewöhnt. Da mögen sie es mit jedem aufnehmen. Aber hier haben wir es mit magischen Erscheinungen zu tun. Oder bist du plötzlich wieder auf den alten Kurs zurückgeschwenkt?«
»Hm«, machte Möbius. »Ich kann die Hölle schwer ableugnen, das weißt du. Dennoch … dieser Saurier … das ist doch nicht mehr als eine Großwildjagd.«
»Es ist ein Wild, das man allein oder höchstens zu zweit jagt«, sagte Zamorra. »Deine Leute würden mich eher behindern als mir helfen. Nicole und ich fliegen allein, und wir werden allein kämpfen.«
»Ich kann nicht mehr tun, als dir Hilfe anbieten«, sagte Möbius. »Aber ich wollte, du würdest sie annehmen – oder nicht hinfliegen.«
»Das kann ich nicht«, sagte Zamorra leise.
Er hatte einst sein Leben dem Kampf gegen das Böse gewidmet, gegen die Höllenmächte, Dämonen, Vampire und die Schwarze Magie. Und jetzt, nach seiner Niederlage gegen Leonardo, hielt er sich erst recht an seine Verpflichtung. Und deshalb mußte er versuchen, diesen Drachen zu vernichten, auch wenn er sich dabei in unmittelbare Nähe seines größten und stärksten Gegners begab. Hinzu kam, daß er die Menschen unten im Dorf gut kannte, daß er Feste mit ihnen gefeiert hatte, ihnen half und sich von ihnen helfen ließ. Er war verpflichtet, einzugreifen, konnte diese Leute nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Es war schon bedrückend genug, daß er sie so unter der Knute des Schwarzmagiers stöhnen ließ. Aber diese zusätzliche Bedrohung – war endgültig zuviel!
Und vielleicht … vielleicht ließ sich vor Ort auch eine Möglichkeit finden, das Schloß zurückzuerobern. Vielleicht hatten sich inzwischen entscheidende Dinge geändert, und er konnte die Veränderungen zu seinen Gunsten nutzen …
Sei es, wie es ist, dachte er. Wir müssen hin.
Fünf Stunden später jagte eine zweistrahlige Maschine von London nach Lyon.
***
Ein kühler Wind kam von den Bergen und ließ das goldene, hüftlange Haar des Mädchens fast wie eine Fahne wehen. Teri Rheken kauerte im Gras, eine Hand auf den Rücken des großen grauen Wolfes gelegt, dessen Gedanken sie mit ihrer Druiden-Kraft nicht mehr lesen konnte, wenn Fenrir dies nicht wollte.
Merlins Abschirmung war perfekt.
»Hoffentlich perfekt genug auch für Leonardo«, murmelte das Mädchen im weißen Overall.
Fenrir öffnete das Maul und ließ die lange rote Zunge heraushängen. Er drehte den Kopf und sah Teri an.
Alles klar, Mädchen , teilte er mit.
Teri lächelte verloren. Die Gedankenstimme des Wolfes »klang« anders als früher. Gedämpft, wie durch Watte. Es hing mit der Abschirmung zusammen.
»Ich hoffe, du weißt, welches Risiko du eingehst«, sagte Teri leise. »Ich kann dich telepathisch nicht mehr orten, weiß also nicht, ob du in Gefahr schwebst oder nicht. Du kannst dich nicht darauf verlassen, daß dir einer von uns hilft.«
Solange ich im Innern des Château bin, könntet ihr ohnehin nicht zu mir vorstoßen! Es ist jetzt gegen uns fast so gut abgeschirmt wie früher gegen Dämonen.
Der Wolf erhob sich aus seiner sitzenden Position. Mach dir keine Sorgen. Ich habe schon ganz andere Leute ausgetrickst. Leonardo ist ein kleiner Fisch.
Teri schüttelte den Kopf.
»Ich werde den Gedanken einfach nicht los, daß du auf ziemlich aufwendige Art Selbstmord begehen willst. Du trauerst immer noch Ansu Tanaar nach und willst im Tod mit ihr vereint sein.«
Du redest den größten Blödsinn seit der Erfindung der menschlichen Stimme , erwiderte der Wolf energisch. Und jetzt sieh zu, daß du dich in Sicherheit bringst. Wenn dich jemand sieht, bringt er mich mit dir in Verbindung – das gilt auch für die Leute im Dorf. Sie könnten von Leonardo zum Verrat gezwungen werden.
Teri nickte. Sie ließ sich nach vorn fallen und blieb flach im Gras liegen. »Paß auf dich auf, Wölfchen«, sagte sie.
Fenrir wandte sich um, grinste sie mit hochgezogenen Lefzen wölfisch an und fuhr ihr mit der Zunge erneut durchs Gesicht.
»Mistvieh!« schrie sie auf. »Du sollst nicht lecken …«
Fenrirs
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