0256 - Ein Mörder läßt sein Opfer grüßen
als Truckfahrer? Oder ist das der Polder, der drüben in Jersey die beiden Spielcasinos macht?«
»Ach was! Polder wohnt in der Beekman Street, neben der Feuerwache. Ob er je in Jersey war, weiß der Himmel.«
»Wenn er in der Beekman Street wohnt, kann es der Polder nicht sein, den ich meine«, sagte Walter Reads.
»Verdammt, das muss ich doch wissen! Er wohnt Nummer 87, Beekman Street, das kannst du mir glauben.«
»Reg dich nicht gleich auf«, besänftigte Reads. »Ich glaub’ dir’s ja.«
Wir glaubten es auch. Auf meinem Notizzettel stand bereits: Nick Polder, 87, Beekman Street.
***
Gegen elf Uhr vormittags ließ der Leiter der Mordkommission, Cris Gailing, den Detective-Sergeanten Norman King zu sich rufen. King war 34 Jahre alt, mittelgroß und hatte brandrotes Haar.
»Hören Sie zu, King«, sagte Gailing. »Es geht um die Cummon-Sache. Sieht so aus, als ob die Frau den Messerstich überstehen würde. Das Krankenhaus sagt, dass es ihr etwas besser geht.«
»Allein schon wegen der Kinder wäre es zu wünschen«, erwiderte King.
»Ja, natürlich«, stimmte Gailing zu. »Hier ist ein Foto von dem Messer, mit dem die Halunken versucht haben, Mrs. Cummon umzubringen. Und hier auf diesem Zettel stehen die Adressen von zwei Geschäften in Brooklyn, die je eines dieser Messer geliefert bekamen. Versuchen Sie, herauszufinden, an wen diese beiden Messer verkauft worden sind und ob die Käufer die Messer noch haben.«
»Okay«, sagte King, steckte das Foto und Zettel ein und machte sich auf die Socken. Es war ein Auftrag, wie ihn Kriminalbeamte tagtäglich zu erledigen haben, nichts Aufregendes, nur ein Suchen nach einem kleinen Mosaikstein. Aber am Ende sind es immer diese zahllosen kleinen Mosaiksteine, die das Gesamtbild ergeben und die Klärung eines Falles herbeiführen.
Als routinierter Mann wusste King, das der Erfolg seiner Bemühungen im Wesentlichen von der Größe der beiden Geschäfte abhing, die er aufzusuchen hatte. In einem großen Haus ist es oft nicht einmal möglich, den Verkäufer festzustellen, der diesen oder jenen Artikel verkauft hat, viel weniger kann man dort erfahren, wer den Artikel gekauft hat.
King war deshalb erleichtert, als er beim ersten Geschäft ankam und sah, dass es sich um einen kleinen Laden in einer Sackgasse handelte. Es gab nur zwei Verkäufer, und der ältere davon schien gleichzeitig der Besitzer des Geschäftes zu sein.
»Guten Tag«, sagte King und legte sein Foto auf den Tisch. »Können Sie sich erinnern, dass Sie vor einiger Zeit ein solches Messer geliefert bekamen, wie es hier abgebildet ist?«
Beide Verkäufer sahen sich das Foto an. Der ältere nickte sofort: »Aber sicher. Das kam von Long & Brooks, einer kleinen Messerfabrik, bei der schon mein Vater kaufte. Long & Brooks sind so ziemlich die einzigen hier in der Gegend, bei denen man noch eine solide Handarbeit bekommen kann, etwas, das nicht gleich in Serien von hunderttausend Stück hergestellt wurde. Dafür sind die Waren von Long & Brooks natürlich ein bisschen teurer, aber man bekommt ja auch eine gediegene, solide Arbeit. Möchten Sie so ein Messer kaufen?«
»Nein, danke«, erwiderte King. »Aber könnte ich es mir vielleicht einmal ansehen?«
»Das tut mir leid«, erwiderte der Geschäftsführer. »Das Messer habe ich am vorigen Freitag verkauft, Wenn Sie aber wünschen, dass ich eine Nachbestellung - ich könnte…«
»Danke«, unterbrach King. »Ich möchte gern wissen, wem Sie es verkauft haben. Können Sie sich daran erinnern?«
Die beiden Männer stutzten und sahen King misstrauisch an. Der Detective-Sergeant hielt es für ratsam, seinen Ausweis zu ziehen.
»Mein Name ist Norman King«, sagte er dabei. »Ich bin Detective-Sergeant bei der…«, er unterbrach sich, denn er hatte ursprünglich ›bei der Mordkommission‹ sagen wollen, was ihm aber nicht angebracht erschien, also fuhr er fort: »… bei der Kriminalabteilung der Stadtpolizei.«
»Oh!«, rief der jüngere Mann und betrachtete King mit starkem Interesse. »Ist mit dem Messer jemand ermordet worden?«
King schüttelte den Kopf.
»Aber nein«, sagte er. »Es spielt eine Rolle in einem Verkehrsunfall. Wir suchen da einen bestimmten Mann, der den Unfall vielleicht beobachtet hat, damit er als Zeuge aussagen kann. Eine ganz harmlose Sache.«
Der Geschäftsinhaber rieb sich verlegen die Hände.
»Wissen Sie, Sir«, sagte er, »ich möchte natürlich ungern daran schuld sein, wenn ein alter Kunde von uns irgendwelche
Weitere Kostenlose Bücher