0257 - Der Dreitöter
Weisheit eines alten Mannes geboren zu werden. Im Gegensatz zu mir, dachte Tratlo grimmig. Ich habe gerade wieder eine Lektion erhalten.
Er kroch zwischen den Maschinen nach hinten, bis er neben Slate und Baroon angelangt war. Hinter der Sichtscheibe war Baroons Gesicht schwer zu erkennen, aber es sah aus, als lächelte er. Vielleicht, überlegte Tratlo, war es ein Lächeln voller Enttäuschung.
„Sie standen frei vor den Tefrodern", sagte Slate. „Sie konnten auf Sie schießen, ohne ihre Maschinen zu gefährden. Darauf hatten sie offenbar nur gewartet. Sie schössen auf einen Parlamentär."
Slate hätte seine Schimpferei nicht unterbrochen, wenn Tratlo ihn nicht mit einer Handbewegung" zum Schweigen gebracht hätte.
„Moseley und Larcon funken ununterbrochen das Notsignal", sagte Baroon. „Aber von der CREST kam bisher noch keine Antwort."
Tratlo blickte zum Durchgang. „Die Tefroder werden allmählich ungeduldig", stellte er fest.
„Sie haben die Kampfhandlungen eröffnet, als sie auf Sie feuerten, Captain", sagte Baroon. „Warum schießen wir nicht?"
Tratlo betrachtete den stumpfen Lauf des Desintegrators, als sähe er ihn zum erstenmal. Auch Baroon trug eine Waffe. Ein Mann, der als begnadeter Künstler galt, trug ein Instrument mit sich herum, das ausschließlich zur Zerstörung diente.
Tratlo schüttelte den Kopf. Was hatte Baroon dazu veranlaßt, in die USO ein zutreten?
„Es versammeln sich immer mehr Tefroder in der anderen Halle!" rief Sergeant Borkmann.
„Sie kommen aus dem Transmitter", sagte Tratlo. „Sie werden bald eine Armee hier versammelt haben."
„Man müßte irgend etwas gegen diesen Transmitter unternehmen", meinte Baroon.
Tratlo stieß ein wildes Lachen aus. „Dazu müßten wir an hundert Tefrodern vorbei."
„Das Förderband", sagte Baroon. „Ein Mann könnte sich darauf in den anderen Raum transportieren lassen. Wenn er Glück hat, bleibt er unentdeckt."
Der Dreitöter dachte einen Augenblick nach. Er gestand sich ein, daß der Plan des Leutnants nicht schlecht war. Auf jeden Fall war es die einzige Möglichkeit, unbemerkt in die Transmitterhalle zu gelangen.
„Es war meine Idee, Captain", erinnerte Baroon. „Deshalb werde ich gehen."
Tratlo sah ihn mißtrauisch an. „Sicher gibt es eine Stelle irgendwo in den Dienstvorschriften, die Ihnen das gestattet", vermutete er spöttisch.
Baroon lachte. „Nein, Sir. Diesmal bin ich auf Ihre Zustimmung )angewiesen. Ich bin aber wesentlich kleiner als Sie und aus diesem Grund schwerer zu entdecken."
„Nun gut", sagte Tratlo. „Wir gehen beide."
*
Arl Tratlo lag unterhalb des Förderbandes und sah, wie es mit gleichmäßiger Geschwindigkeit über ihn hinwegglitt. Es war so schmal, daß er bezweifelte, daß es ihn tragen konnte. Er wandte den Kopf. Baroon robbte vor ihm unter dem Band entlang. Wenn sie ungesehen in die Halle kommen wollten, durften sie erst unmittelbar vor der Wand auf das Band klettern.
Tratlo konnte die Beine der Tefroder sehen. Je weiter sie kamen, desto unwahrscheinlicher erschien es ihm, daß man sie nicht entdeckte. Baroon kam leichter voran. Sein schmächtiger Körper glitt mühelos zwischen den Stützgerüsten der Transferstraße hindurch. Allmählich gewann er einen Vors prung von mehreren Metern. Kurz vor der Wand wartete er auf Tratlo.
„Hoffentlich ist die Öffnung in der Wand groß genug für Sie, Captain", sagte er.
Der Gedanke, daß Baroon sich Sorgen um ihn machen könnte, ließ Tratlo die Zornesröte ins Gesicht steigen.
„Machen Sie den Anfang", forderte er den Leutnant auf.
Er beobachtete, wie Baroon sich mit unerwarteter Gelenkigkeit aufrichtete und mit beiden Händen die Seitenwand des Bandes umschloß. Es gab nur einen kurzen Ruck, und Kaarn Baroon war aus Tratlos Blickfeld verschwunden. Tratlo wußte, daß er keine Zeit hatte, um lange verblüfft auf die Stelle zu starren, an der sich Baroon gerade noch befunden hatte.
Er reckte seinen Oberkörper in die Höhe - und da war das Band vor seinen Augen: mit Metallplättchen bedeckt und mit der Geschmeidigkeit einer Schlange auf die Wand zugleitend. Tratlo riß den Kopf herum und sah gerade noch Baroons Beine in der Öffnung verschwinden.
Er zog sich hoch und hing einen Augenblick in scheinbarer Schwerelosigkeit da. Jede Sekunde erwartete er, daß die Tefroder das Feuer auf ihn eröffnen würden. Das Band gab unter seinem Gewicht nach, als er sich darauf fallen ließ, und zu beiden Seiten rollten die Scheibchen
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