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0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

Titel: 0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Grabstein ist kein Kugelfang
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keine Motte mehr hätte reizen können.
    Der Vorhang ist in der Mitte geteilt. Es dürfte zweckmäßig sein, sich möglichst flink durch den betreffenden Spalt zu bewegen, da man sonst Gefahr läuft eine Reihe bös zwickender Haustierchen aufzulesen, die die Samtportiere in Scharen bevölkern.
    Die Figuren im Vorraum zu Bills Dancing Hall sind drei an der Zahl: Olive Hunter, Carter Brown und Iwan Paloschewski. Keiner der drei ist in der Lage, mehr als seinen Namen zu schreiben. Sie können weder lesen noch drei Worte aneinanderreihen, die ohne grammatikalische Fehler wären. Das klägliche Stückchen Wissen, das sie einem gutdressierten Affen voraushaben, ist entweder aus minderwertigen Filmen oder vom Bildschirm des Fernsehens bezogen.
    Grob, wie aus Holz geschnittene Gesichter, Hälse, die so kurz und dick sind, daß die Köpfe unmittelbar auf den breit ausladenden Schultern zu sitzen scheinen. Knollennasen, Blumenkohlohren, Wulstlippen. Gedrungene Gestalten, klobige Fäuste, Brustkästen, die denen der Gorillas nicht nachstehen.
    Die drei Rausschmeißer verrichten die Dreckarbeit der Unterwelt. Zu einem großen Coup sind sie nicht zu gebrauchen. Aber jeder von ihnen ist in der Lage, das Nasenbein eines Mannes mit einem einzigen Fausthieb zu zerschmettern.
    Diese drei Gestalten also lümmeln sich - schwarze Zigarren zwischen den massigen Kiefern - im Vorraum zu Bills Dancing Hall.
    Da die Kneipe erst gegen zehn Uhr abends ihre Pforten öffnet, setzt während der ersten zwei Stunden ein ungeheuerlicher Betrieb ein. Mädchen in fragwürdiger Aufmachung, wüste Burschen mit Totschlägern und schmalen Messern in den Hosentaschen strömen in Scharen durch den Vorraum, werden von den Rausschmeißern sachkundig gemustert und dann in die Halle eingelassen. Die Halle wurde vor Jahren von einem Sportverein erbaut und verfugt über mehr als ein Dutzend Ausgänge, die wie die Notröhren eines Fuchsbaues wirken. Die Türen führen in düstere Gänge, die auf Hinterhöfen, im Keller oder anderswo enden. Die Schwierigkeit bei einer Großrazzia liegt stets darin, diese Notausgänge hermetisch abzuriegeln.
    An der Stirnseite der Dancing Hall ist das Podest für die fünfköpfige Kapelle. Rechts daneben die lange Theke, hinter der Bill Sander und zwei seiner Gehilfen pausenlos Gläser füllen, Bons ausgeben und eine Schar von fünf Kellnern und ebenso vielen grellgeschminkten Mädchen mit schweren Tabletts auf den Weg schicken. In Bills Dancing Hall wird sofort kassiert. Erst die Cents, dann den Whisky.
    Nur fünf Gäste machen dabei eine Ausnahme. Es sind die Schlepper der großen Banden. Gangster, die hier bei Bill sitzen, um Aufträge zu sammeln. Sie sind so etwas Ähnliches wie Gangster-Agenten. Und einer von ihnen heißt Jeff Condor.
    Er ist lang, bleich und rothaarig. Vor Jahren brach er sich bei einem Sprung aus dem 2. Stock eines Hauses das linke Bein. Da dies im Zusammenhang mit einem Verbrechen geschah, konnte Condor keinen ordentlichen Arzt aufsuchen. Er ließ sich von einem Kurpfuscher behandeln. Die gebrochenen Knochen wuchsen schief zusammen. Seit dem Tage lahmt Condor etwas. Es ist aber nur festzustellen, wenn er schnell geht.
    Condor hatte sich soeben den fünften Whisky einverleibt. Er wollte gerade der platinblonden Molly winken und einen weiteren Drink bestellen, als einer der fünf Kellner an seinen Tisch trat und ihm zuraunte: »Du sollst nach hinten kommen. Bill hat einen Job für dich.«
    Der Kellner ging weiter, und Condor erhob sich sofort. Er wußte, was mit einem Job gemeint war.
    Die Tür neben der Theke führte in das Allerheiligste des Kneipenwirtes. Condor trat durch die Tür, ohne anzuklopfen. In dem verqualmten Raum, der fensterlos und scheinbar ohne einen zweiten Ausgang war, saßen zwei Männer.
    Bill Sander saß mit dem Rücken zu dem breiten Schrank, von dem Condor wußte, daß er nur eine Attrappe war, durch die man das Office - wie Sander dieses Hinterzimmer nannte - verlassen konnte. Zur Tarnung hingen einige Mäntel in dem Schrank. Die Rückwand des Möbelstücks aber war leicht zur Seite zu schieben. Dahinter tat sich ein schmaler Gang auf, der zu einer Treppe in den Keller führte. Von dort aus gab es dann vier Möglichkeiten, sich zu verkrümmein.
    Condor war nicht erstaunt, als er den zweiten Mann sah, der Sander schräg gegenübersaß. Zwar paßte dieser Mann aufgrund seiner Kleidung und der Gesellschaftssschieht, der er offensichtlich angehörte, nicht in Bills Dancing Hall - aber

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