0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang
Vorstrafenregister, und wir veranlaßten sofort eine Fahndung nach ihnen. Zwei der Männer kannten wir nicht. Ihre Namen waren Chester Low und David Tomson.
»Ich weiß, daß die beiden in Millers Boardinghouse wohnen«, erklärte Makulis. Wir nahmen diesen Hinweis zur Kenntnis.
»Woher wußte Kysella, daß du zu den Leuten gehörst, die den Anschlag bei Chapirelli auf ihn geplant haben?«
»Keine Ahnung. Der Dicke tauchte gestern bei mir auf. Es war gegen Mitternacht. Er schlug mich zusammen, bis ich mich nicht mehr rühren konnte, fesselte mich dann und preßte alles, was ich auch Ihnen eben erzählt habe, aus mir heraus. Er schlug mich dabei immer wieder. Er drohte, er werde mich auf der Stelle töten, wenn ich nicht die Wahrheit sagte.«
Ich nickte, gab dem Neger eine frische Zigarette und fragte dann: »Der Boß hat euch Vorwürfe gemacht wegen des Anschlags auf Kysella? Das war also kein Befehl von ihm?«
»Nein. Wir wußten von Kysellas Vorträgen und beschlossen, ihn auszuschalten. Das war ein Alleingang von uns. Der Boß wußte nichts davon. Er drohte uns Schreckliches an, gestern, als er zu uns sprach. Er sagte, das sei eine Blödheit gewesen. Es mache die Cops nur auf uns aufmerksam. Wir sollten Kysella unter allen Umständen in Ruhe lassen.«
»Gut«, sagte Phil. »Wir werden sehen, was wir für dich tun können. Vorläufig werden wir dich in Schutzhaft nehmen, aber abschließend noch eine Frage: Kennst du einen Mann namens Henry Haitch?«
»Natürlich! Der wurde doch vom Boß beauftragt, Bingham umzulegen.«
»Wie? Haitch wurde von euch beauftragt?«
»Vom Boß«, verbesserte der Neger.
Phil sah mich an, und ich wußte, was er dachte.
»War Bingham eurem Boß im Wege?« fragte mein Freund als nächstes.
»Er war doch der zweite Boß.«
»Der zweite Boß der Mafia?«
»Ja. Der New Yorker Mafia. In jeder größeren Stadt gibt es Zweigorganisationen.«
»Warum sollte Bingham aus dem Wege geräumt werden?«
»Er hat 30 Pfund Heroin unterschlagen. Das Zeug war für unseren Boß bestimmt. Bingham hat behauptet, man habe es ihm abgenommen. Unbekannte Gangster angeblich. Aber unser Boß wußte, daß Bingham das Zeug noch hatte. Bingham wollte das Geschäft allein machen.«
»Wo ist das Heroin jetzt?« fragte ich.
»Der Boß wird sich das Zeug wahrscheinlich geholt haben. Ich weiß nicht, wo Bingham seine Ware zu verstecken pflegte.«
Wir verhörten den Neger, bis wir auch das letzte Wort, die letzte Einzelheit über die Gang, die für die Mafia arbeitete, erfahren hatten. Wir hörten, daß sich die New Yorker Mafia auf den Rauschgifthandel und auf Erpressung spezialisiert hatte. Wir hörten alles über die Praktiken der Gang. Über den unbekannten Boß selbst gab es wenig zu sagen. Keiner der Mafiagangster hatte je etwas anderes gehört als seine Stimme.
Abby Makulis wurde abgeführt, und wir rieben uns die Hände.
»Es wird Zeit, daß wir uns ein bißchen um den dicken Selbstschützer kümmern«, sagte Phil. »Der Herr hat etwas selbstherrlich gehandelt. Wenn wir uns so verhalten würden, wäre das der dritte Grad.«
»Ich staune nur über die Zähigkeit dieses Burschen. Die Schulterwunde muß ihn doch behindern — auch wenn sie nicht sonderlich gefährlich oder schmerzhaft ist. Aber der Kerl hat nicht nur die drei Gorillas in Bills Dancing Hall flachgelegt, sondern auch den Neger in die Zange genommen, daß man glaubt, ein bösartiger Elefant habe letzte Nacht in der Bowery gewütet.«
»Jetzt werden wir einmal wüten«, sagte Phil grinsend. Und wir machten uns in Richtung East End auf, um Mr. Nick Morris Kysella einen Besuch abzustatten.
***
Das Hotel war so auffällig wie eine alte Brotrinde im Papierkorb — nämlich gar nicht. Es lag in der Clinton Street, und gegenüber befand sich ein Drugstore, in dem Walter Stein vor der fünften Tasse Kaffee saß und unablässig zu dem unscheinbaren Hotelportal hinüberpeilte. Wir ließen uns ebenfalls in dem Drugstore nieder und bestellten Hot dogs und zwei Dosen Bier.
»Ist er noch drin?« fragte Phil.
Walter nickte. »Smith ist dreimal in dem Laden gewesen. Es ist ganz leicht. Der Graukopf hinter der Reception schläft über einer Zeitung. Sonst ist kein Betrieb. Smith war bis zu Kysellas Apartment vorgedrungen. Er hat gesehen, daß der Schlüssel von innen steckt.«
Ich fragte Walter, ob es einen Hinterausgang gebe.
»Gibt es. Der führt aber nur auf einen kleinen Hof, der keine Fluchtmöglichkeit bietet. Der Hof grenzt an ein
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