0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang
Zweifel.
Während sich der Arzt noch mit dem Farbigen beschäftigte, rief Pedro Smith von der City Police an und teilte uns mit, daß sich Kysella noch immer in seinem Zimmer in dem kleinen Hotel im East End befinde. Wir waren beruhigt, verständigten Smith von dem Vorgefallenen und gab ihm den Auftrag, uns sofort zu benachrichtigen, falls Kysella seinen Bau verließ. Zur Verstärkung des Detektivs schickten wir Walter Stein los.
Mein Freund Phil und ich teilten uns das Verhör mit dem Farbigen, der vom Doc für vernehmungsfähig erklärt worden war.
Der Neger konnte etwas über 30 Jahre alt sein. Seine Hautfarbe war von einem fast bläulichen Schwarz. Er rollte angstvoll mit den Augen und bekam eine graue Schattierung um Stirn und Wangen, als wir ihn nötigten, auf einem Sessel in unserem Office Platz zu nehmen.
Wir blickten ihn minutenlang schweigend an. Makulis wurde unruhig. Er hatte beide Hände mit den Innenflächen nach unten auf die Schenkel gelegt. Er schob die Hände nervös hin und her.
Nach einer Weile des Schweigens reichte ich dem Neger wortlos ein Päckchen mit Zigaretten über den Tisch. Gierig fingerte Makulis ein Stäbchen aus dem Paket, dankte für das Feuer, das ich ihm gab, und sog dann tief den aromatischen Rauch der Virginia ein.
»Sie werden uns jetzt in allen Einzelheiten erzählen, was Kysella von ihnen wissen wollte«, sagte ich. »Kysella hat uns bereits einen Teil der Dinge gestanden, den Rest aber nur angedeutet. Wir aber wollen alles wissen.«
Ich bluffte natürlich. Aber wenn wir etwas über die wirklichen Vorgänge der vergangenen Nacht erfahren wollten, dann mußten wir alle Register ziehen. Daß Kysella etwas Bestimmtes von dem Neger hatte erfahren wollen, darüber gab es keinen Zweifel. Nur so ließ sich die Mißhandlung erklären.
Mein Bluff wirkte. Der Neger war von sehr mäßiger Intelligenz. Außerdem war seine Widerstandskraft durch Kysellas Behandlung gebrochen. Der Farbige glaubte sich verraten und plauderte Dinge aus, die so haarsträubend waren, daß wir sie anfangs für ein Märchen hielten. Wir nahmen Makulis ins Kreuzverhör, stellten Fangfragen, ließen uns Einzelheiten berichten und bekamen immer mehr die Gewißheit, daß er die Wahrheit gesagt hatte.
Es war der größte Fang, den wir in letzter Zeit gemacht hatten.
Und von jetzt an purzelten die Ereignisse pausenlos, überschlugen sich bald und führten zu einem Großalarm für den gesamten FBI.
Es begann damit, daß der dreimal vorbestrafte Neger Abby Makulis am Morgen des 14. November erschreckt seine Zigarette im Aschenbecher unseres Büros ausdrückte und angstvoll sagte: »Wenn ich Ihnen alles erzähle, wird das dann bei Gericht berücksichtigt? Kann ich mit Milde rechnen? Werden Sie mir helfen, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen?« Wir sicherten ihm im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Entsprechendes zu und hörten uns dann seine Geschichte an, deren Angelpunkt etwa neun Stunden zurücklag.
»Um Mitternacht fand unser Treffen statt, und ich war pünktlich wie immer…«
»Welches Treffen und wo?« fragte ich. »Wir treffen uns immer in der alten Konservenfabrik am Südende der Bowery. Im Keller stehen die Bänke, auf denen wir dann sitzen und uns anhören, was der Boß zu sagen hat.«
»Wer ist der Boß?«
»Ich weiß es nicht. Keiner von uns hat ihn je gesehen. Wir hören nur seine Stimme, die irgendwo aus einem verborgenen Lautsprecher dringt. Er gibt uns dann seine Befehle. Gestern aber war es etwas anderes. Gestern hat der Boß fürchterlich gewettert. Er sagte, er werde uns alle über die Klinge springen lassen, wenn wir noch einmal so eine Dummheit machten wie im Falle Kysella.«
»Ihr habt den Schuß auf Kysella abgegeben - bei Chapirelli?«
»Ja«, sagte Makulis. »Es war…«
»Du warst es«, sagte ich, als der Neger stockte.
Der Farbige senkte den Kopf. Nach einer Weile nickte er.
»Weiter!« forderte ich ihn auf. »Wieviel Mann seid ihr? Nenne mir alle Namen. Wie nennt sich eure Gang?«
Der Neger sah erstaunt auf. »Unsere Gang? Wir arbeiten doch für die Mafia.«
»So, ihr arbeitet also für die Mafia. Und der Mann, der über den Lautsprecher zu euch spricht, ist euer Boß?«
»Ja, Sir.« Der Neger nickte.
Wir forderten die Namen der Männer, die sich zu'mitternächtlicher Zeit in der Konservenfabrik zu treffen pflegten, um die Befehle des Mafiabosses entgegenzunehmen.
Der Farbige nannte uns zwölf Namen. Zehn der Gangster waren uns bekannt. Sie hatten ein langes
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