0258 - Der Dämonensauger
geworden, eine willenlose Marionette in der Hand dessen, der sein Blut trank. Ich mußte ihn töten, oder irgendwann hätte er gegen uns gearbeitet!«
Von seinen geheimsten Gedanken im Streben um die Macht verriet er nichts, und sorgfältig schirmte er diese Gedanken gegen die anderen Sippenangehörigen ab.
»Vampire, die schwarzes Blut trinken, gibt es nicht!« polterte der alte Colin. »Junge, du versuchst nur, deine Haut zu retten! Warum hast du Conan wirklich umgebracht?«
Zu Matews Erstaunen bekam er plötzlich Schützenhilfe ausgerechnet von Rany. Sie berichtete in Stichworten von dem nächtlichen Besucher.
Colin tat es als Unsinn ab. »Und für diesen Unsinn wurden wir hierher zusammengerufen? Es gibt Dinge, die unmöglich sind! Matew, dein Mord an Conan wird Folgen für dich haben!«
Matew zuckte zusammen.
»Willst du es auf eine Kraftprobe ankommen lassen?« flüsterte er leise.
Alle hörten es.
Plötzlich war die Konfrontation da! Matew stellte sich offen gegen den Sippenältesten! Das war Rebellion!
Colin Blescy erhob sich. Finster starrte er Matew an. »Ich…«
»Überlege dir, was du sprichst, alter Mann«, unterbrach Matew ihn. »Du bist ein verkalkter, dummer Greis, der nicht mehr dazulernt! Du bist als Sippenchef unbrauchbar… Ich verlange, daß du abtrittst!«
»Und dir Platz machst?«
»Das stellen wir später fest. Geh!« fauchte Matew. »Du bist uns allen längst im Wege!«
Colin sah in die Runde.
Er kannte sie doch alle. Er wußte, daß er, ihnen im Wege stand. Immer öfter widersprachen sie seinen Entscheidungen, aber so offen hatte sich noch niemand gegen ihn gestellt.
Rebellion…
Colin hob die Hand.
»Ich dulde keine Rebellion«, sagte er. »Du bist ein Mörder, und Mörder an Sippenangehörigen gibt es bei uns nicht.«
Matew lachte spöttisch.
Plötzlich schlug er zu.
Mit aller Kraft schlug er seine dämonischen Energien gegen Colins Geist. Der alte Mann schrie auf. Er wankte, stieß den Stuhl um, taumelte bis zur Wand zurück. Seine Augen loderten.
Aber er starb nicht!
Er schlug zurück!
Matew lachte wieder. Colin war zu schwach. Er berührte Matew nur leicht. Der jüngere Dämon holte zum letzten, vernichtenden geistigen Schlag aus.
Im nächsten Moment brach er zusammen.
Er hatte zu hoch gepokert. Er war sich seiner Sache zu sicher gewesen, aber die Sippengesetze waren gegen ihn. Die anderen hatten sich der Gesetze erinnert. Sie schlugen seinen Aufstand nieder.
Alles für den Patriarchen. Alles für die Sippe.
Mit vereinter Kraft vernichteten die Dämonen Matew Blescy! Wie eine Fackel loderte er grell auf, schrie so laut, wie kein Mensch schreien konnte, und im nächsten Moment rieselte nur noch Staub zu Boden: Es gab ihn nicht mehr.
Wankend kehrte Colin Blescy zu seinem Platz zurück. Kurz nur nickte er den anderen zu und ging zur Tagesordnung über, als sei nichts geschehen.
»Da es einen Vampir wie den Geschilderten nicht geben kann«, stellte er trocken fest, »ist unser Zusammentreffen hier überflüssig geworden. Wir werden wieder zu unserer normalen Tätigkeit zurückkehren. Ich danke euch allen für euer Erscheinen. Ich denke, daß Matew diese Geschichte als Vorwand brauchte, um seinen Mord an Conan zu tarnen. Ich weiß, daß er schon lange auf meine Position lauerte… Und Conan wäre sein einziger Rivale gewesen. Nun, ich denke, daß ich euch noch hundert Jahre leiten werde…«
Damit war für ihn die Zusammenkunft beendet. Samara, Hacel und Rany sahen sich verblüfft an. War der Alte denn schon so vergreist, daß er die wahren Zusammenhänge nicht mehr sah?
Aber sein Wort war Gesetz. Der Fall »Vampir« kam zu den Akten. Darüber wurde nicht mehr diskutiert.
Rany blieb als einzige sitzen. Die anderen verließen grußlos wie immer nach Zusammenkünften dieser Art die Wohnung.
Und es gibt den Vampir! dachte Rany verzweifelt. Warum wollen sie es nicht begreifen? Es gibt einen Vampir, der Dämonenblut trinkt… Einen Dämonensauger…
Aber die Chance, sich mit diesem Wesen zu befassen, war vertan.
Jetzt brauchte es nicht mehr lebend gefangen zu werden.
Jetzt, Vampir, dachte Rany, bringe ich dich um. Oder ich überlasse dich Gryf…
Sie sah dorthin, wo Matew vorhin noch gesessen hatte. Jetzt gab es Matew nicht mehr. An diesem Tag hatte die Sippe innerhalb weniger Stunden zwei ihrer Mitglieder verloren!
Unheimlich schnell war es gegangen.
Das ist furchtbar! dachte Rany bitter. Unmenschlich… Und da ertappte sie sich bei ihrer eigenen
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