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026 - Das Totenhaus der Lady Florence

026 - Das Totenhaus der Lady Florence

Titel: 026 - Das Totenhaus der Lady Florence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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eine Lizenz, die mit besonders vielen Unterschriften
und Stempeln versehen war. Das beeindruckt einfache Menschen immer. In einem
orangefarbenen Aufdruck rechts neben seinem Bild war in knalliger Schrift der
Vermerk: Geheimdienst! Top Secret! geschrieben.
Darunter wieder eine beeindruckende Unterschrift.
    Um allein diesen Pass zu studieren, bedurfte es einer Stunde.
    Elvira Tranquill bekam es mit der Angst zu tun. Sie öffnete, riss die Tür
weit auf und atmete tief, als sei dies das erste Mal seit langer Zeit, dass sie
tun konnte, was sie wollte.
    »Bist du verrückt!« schrie da eine Stimme durch den dämmrigen, muffig
riechenden Korridor. »Tür zu, verdammt nochmal!«
    Iwan Kunaritschew beeilte sich einzutreten, ehe er befürchten musste, die
Tür wieder vor der Nase zugeknallt zu bekommen. Sein Blick wanderte zu dem
Mann, der gebückt neben der Tür zu dem altmodisch eingerichteten Wohnraum stand
und ein abgesägtes Gewehr in der Hand hielt. Der Lauf zeigte genau auf Iwans
Bauch.

Der Russe hob linkisch die Arme an. »Ich hoffe, Sie machen keinen Unsinn,
Mister. Es würde mir schlecht bekommen, wenn Sie mir ein paar Schrotkugeln
unter die Bauchdecke jubeln. Darf ich jetzt meinen Ausweis wieder haben?« Mit
dieser Frage wandte er sich an die klapperdürre Frau, die ihm geöffnet hatte.
    Reginald Dortson sah um Jahre gealtert aus. Wer diesen Mann vor vier Wochen
gesehen hatte, musste jetzt erschrecken. Seine Wangen waren eingefallen, die
Augen rot gerändert und seine Haut war fahl und trocken.
    Reginald Dortson machte einen nervösen und ermüdeten Eindruck und stierte
an Iwan Kunaritschew vorbei. Es sah so aus, als studiere er die Luft hinter dem
breitschultrigen Russen.
    »Was hatten Sie für ein Gefühl?« fragte Reginald Dortson mit matter Stimme.
Die Schrotflinte war noch immer auf den Bauch des Russen gerichtet.
    Iwan kniff die Augen zusammen. »Kein Angenehmes«, antwortete er.
    »Als Sie hereinkamen, meinte ich. Waren Sie allein? Oder hatten Sie das
Gefühl, dass jemand neben Ihnen steht? Glaubten Sie, man würde Sie beobachten?«
    Der Russe zuckte die Achseln. »Ich hatte nicht ein einziges dieser Gefühle,
Sir.«
    »Aha«, sagte Reginald Dortson nur. Das konnte viel bedeuten.
    Seine Schwester, Mrs. Elvira Tranquill, seufzte. »Regi, Regi, Regi«, sagte
sie dreimal hintereinander. Und nach jeder Nennung des Namens schnaufte sie,
als setze sich in ihrem Herzen ein schwerer Stein in Bewegung. »Der Mann ist
vom Geheimdienst! Er will dir helfen. Ich habe dir doch den Ausweis gezeigt. Es
wird doch höchste Zeit, dass sich jemand um den Fall Yorkshere kümmert.« Mrs.
Tranquill wischte ihre Hände an der umgebundenen Schürze ab. »Ach wissen Sie,
Mister Kunro«, auf diesen Namen war Iwans Lizenz ausgestellt, »Reginald ist
nicht mehr der alte. Er schläft kaum noch, starrt den ganzen Tag über
schweigend vor sich hin und hat Angst, jemand in die Wohnung zu lassen. Er
fürchtet einen Unsichtbaren.«
    »Ah, interessant«, bemerkte der Russe. Die alte Mrs. Tranquill schien
sichtlich erfreut darüber, dass in diese von ihrem Bruder geschaffene
Einsamkeit endlich mal wieder ein Außenstehender drang, dem sie ihr Herz
ausschütten konnte.
    Iwan Kunaritschew wurde in das dämmrige Wohnzimmer geleitet. Eine altmodische
Polstergarnitur, ein großer, wuchtiger Schrank und eine schwere, eichene Truhe
standen darin. Die Vorhänge waren dicht. Von draußen fiel kaum ein Lichtstrahl
herein.
    Reginald Dortson lebte hier wie in einer Festung.
    Es bereitete selbst dem psychologisch einfühlsamen Russen einige Mühe, das
Eis zu brechen, das Misstrauen abzubauen, das man ihm noch immer
entgegenbrachte. Reginald Dortson war nicht leicht zu überzeugen. Was dieser
Mann durchgemacht hatte, schien ihm eine Warnung gewesen zu sein.
    Mrs. Tranquill brachte eine Kanne mit heißem Tee. »Verschließ dich nicht
auch weiterhin, Regi«, mahnte sie, während sie die Teetassen austeilte. »Es ist
schon ein Jammer mit ihm. Er wird kindisch, glaube ich. Dabei ist er noch keine
achtundfünfzig! Seit vier Wochen lässt er keinen Milchmann mehr herein.
Besucher werden vor der Tür abgekanzelt, als handle es sich um Fremde. Wir
sterben eines Tages hier, und kein Mensch merkt etwas davon!«
    Ihr Bruder stieß hörbar die Luft durch die Nase. »Das alles hat seine
Gründe, Mister Kunro. Elvira weiß das genau. Es geht um mein Leben. Ich weiß
etwas, das man mir entreißen will. Weil auch Winston Yorkshere das wusste,
musste er sterben.« Er

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