0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland

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die Tür mit einem Ruck ganz auf und sprang gleichzeitig vorsichtshalber bis an die gegenüberliegende Korridorwand zurück.
    Das war ein Fehler. Denn niemand griff ihn überraschend an, aber durch sein Zurückspringen verlor er Zeit.
    Wertvolle Sekunden. Er sah einen Schatten am Fenster im abgedunkelten Zimmer, sah wie das Fenster aufgerissen wurde.
    Der Unbekannte wollte flüchten!
    Zamorra sprang vorwärts. »Halt! Stehenbleiben!« brüllte er und setzte der Gestalt nach. Das war keines der Tierwesen, sondern ein normaler Mensch! Als Zamorra das Fenster erreichte, war der Schatten schon draußen und verschwand. Es gab einen dumpfen Aufprall. Zamorra beugte sich vor, konnte aber nichts mehr erkennen.
    Unter ihm vor dem Haus war niemand…
    Er unterdrückte einen Fluch, schickte sich gerade an, über die Fensterbank zu klettern, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Er wirbelte herum.
    Und sah in die Mündung einer Pistole, deren Verschluß drohend klickte. Die Pistole gehörte Bill!
    ***
    Zamorra erstarrte. Bill stand im Licht, er selbst im Dunkeln. Der Freund konnte ihn nicht erkennen! Wenn er ihn nun für den Einbrecher hielt…
    »Nicht schießen«, rief er ihn an. »Ich bin’s!«
    Bill machte einen Schritt vor. Seine Hand fand den Lichtschalter. Die Deckenlampe flammte auf. Da erst ließ der Amerikaner die Pistole sinken.
    »Was war los?« fragte er. »Warum hast du so laut gebrüllt?«
    »Er ist weg«, sagte Zamorra und deutete nach draußen. »Verschwunden. Jemand war in meinem Zimmer.«
    Er beugte sich wieder nach draußen. Dort war immer noch alles still. Keine Schrittgeräusche, nichts. Zamorra zuckte mit den Schultern. Die Sekunden der Ablenkung, in denen er befürchten mußte, irrtümlich von Bill angeschossen zu werden, hatten dem unbekannten Einbrecher garantiert gereicht. Jetzt war es äußerst fraglich, ob der Fremde noch zu erwischen war.
    Zamorra drehte sich zu dem kleinen Tisch an der Wand um. Seine Augen weiteten sich.
    »Verdammt! Auch das noch«, murmelte er bestürzt.
    »Was ist?« fragte Bill.
    »Gwaiyur ist weg!« stieß der Professor hervor. Er ballte die Fäuste. »Dieser Mistkerl hat das Schwert geklaut! Das hat uns gerade noch gefehlt!«
    Er war blaß. Eine steile Zornesfalte erschien auf seiner Stirn.
    Bill ging bereits zur Tagesordnung über. »Ich hörte dich vorhin mit dem Wirt palavern. Wir wollen noch zum See raus?«
    Zamorra starrte die Wand an und schwieg.
    »He, Meister! Ich habe dich etwas gefragt!« Bill stieß ihn an. »Hast du die Sprache verloren?«
    Zamorra wandte sich um.
    »Wir gehen nicht zum See«, entschied er. »Nicht waffenlos. Erst muß ich das Schwert zurückhaben. Ich bin kein Selbstmörder. Paddy hat wohl Recht. Es ist sinnlos. Wir warten den Tag ab.«
    »Und wie willst du Gwaiyur zurückbekommen?« fragte der Amerikaner.
    Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Laß mich nachdenken.«
    Er warf sich angezogen aufs Bett. Bill wandte sich um und ging zur Tür. »Sag Bescheid, wenn du mit Nachdenken fertig bist, ja?« sagte er.
    »Licht aus, bitte«, sagte Zamorra.
    Die Lampe erlosch. Bill schloß die Zimmertür leise. Zamorra hörte, wie er über den Korridor zu seinem Zimmer ging. Eine Zeitlang tappten nebenan Schritte. Zamorra glaubte ein Flüstern zu hören, aber als er genauer lauschte, kam nichts mehr.
    Cathy, durchzuckte es den Parapsychologen. Vielleicht hatte Bill mit dem Mädchen geflüstert. Er hatte ja wohl gleich bei ihrer Ankunft Kontakte geknüpft, und Bill war nicht unbedingt der Mann, der etwas anbrennen ließ; seine Freundin Manuela war fern. Aber da alles ruhig blieb, hatte der Kontaktversuch wohl nicht ganz geklappt.
    Zamorra schloß die Augen. Er versuchte einzuschlafen, aber es gelang ihm nicht. Immer wieder sah er MacFooley vor sich, und obgleich er wußte, daß er nicht anders hatte handeln können, wenn er selbst überleben wollte, fühlte er sich unwohl.
    Lautlos tropften die Minuten dahin. Am Himmel glitzerten die Sterne.
    ***
    »Ich bin zufrieden mit dir«, flüsterte der Geist der Lia Fail. »Mein verlängerter Arm«, und durch die Augen eines anderen Menschen sah sie das Schwert Gwaiyur in ihrer Hand - in der Hand der anderen, in der sie sich jetzt geistig befand.
    Der Jäger war jetzt ohne Waffe. Dazu durch seine gefangene Gefährtin erpreßbar. Die Hexe lachte lautlos. Günstiger konnte die Ausgangsposition für sie nicht mehr werden… nicht nur das Dorf war in ihrer Hand, sondern jetzt auch der