0260 - Sie jagten ihn durch Florida
Ausflüge interessierten mich, das ist alles. Jetzt bereue ich meine Neugierde natürlich. Gerade war ich zu der Überzeugung gelangt, dass ein Leben an Normas Seite seine Reize haben könnte. Nun bedeutet die Sorge um Ihre Geschäfte sicher den Tod für mich.«
»Daniel!«, Norma schrie den Namen heraus.
Der Zigarrenraucher machte eine kurze Handbewegung.
»Still, Norma!«
Grinsend musterte er mich. Ich hielt seinem Blick stand und sah das Flackern in seinen Augen.
»Das Wort Angst existiert wohl nicht in Ihrem Wortschatz, Stacy?«
»Doch, Sir. Ich resigniere lediglich in dieser eindeutigen Situation.«
Er nickte nur und sah die übrigen Männer an. Es waren vier, und einen von ihnen erkannte ich sofort wieder. Es war Hank Burber.
»Hallo, Hank«, begrüßte ich ihn freundlich. »Vielen Dank für den Whisky in St. Petersburg. War übrigens ein netter Einfall, die Sache mit dem Alligator am Halsband. Hat mich zwar meinen Zeitungsjob gekostet, aber in Miami hat es mich ziemlich populär gemacht.«
Er wollte sich auf mich stürzen, doch Daniel hielt ihn zurück.
»Bleib ruhig Hank«, knurrte er und stand auf. Beinahe freundlich sah er mich an. »Treten Sie ans Fenster, Stacy! Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Ich sah ihm in die Augen. »Ist es schon soweit? Ich meine, wollen Sie mich schon jetzt umlegen lassen?«
Er lachte. »No. Noch ist ihre Uhr nicht abgelaufen. Sie können getrost zum Fenster gehen. Ich sage Ihnen schon, wenn es an der Zeit ist.«
Es waren fünf Yards bis zu dem offen stehenden Fenster. Bei einem Schnellstart konnte es mir gelingen, mich hinauszustürzen. Aber dann würden sie womöglich eine gnadenlose Jagd entfesseln. Selbst wenn es mir gelang zu entkommen, was wollte ich dann tun?
Mich bei der State-Police ausweisen und den Verein hochnehmen? Wer sagte mir, dass Daniel der wahre Boss war? Wo kamen die riesigen Rauschgiftmengen her, und wo gingen sie hin? Würde man es bei den-Verhafteten herausbekommen und wussten sie es überhaupt?
Nein, es waren noch zu viele Dinge, die einer Klärung bedurften. Ich wollte nicht mit meinem Leben spielen, um einen Teilerfolg zu erzielen.
»Nun machen Sie schon, Stacy. Es passiert Ihnen nichts«, drängte Daniel.
Ich ging langsam auf das offene Fenster zu und blieb davor stehen. Mein Blick fiel auf die dunklen Büsche der Palmen, als der Pistolenkolben meinen Hinterkopf traf.
***
Als ich wieder zu mir kam, war es um mich her stockdunkel. Ich lag auf einem Teppich und spürte den Kolben einer Pistole in meiner Hand. Durch die Ritzen der flüchtig heruntergelassenen Jalousien sah ich, dass draußen der Mond schien. Das Brummen in meinem Schädel war das einzige Geräusch, das ich vernahm.
Eine Pistole? Erst jetzt elektrisierte mich diese Feststellung. Ich versuchte Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Daniel und das offene Fenster fielen mir ein. Ich hatte einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen und war ins Reich der Träume eingegangen. Hatten sie mich im Bungalow liegen lassen?
Ich rappelte mich hoch. Beim zweiten Schritt fiel ich über etwas und schlug mit dem Kopf auf die Kante eines Sessels auf. Zum Glück war sie gepolstert. Die Pistole fiel mir aus der Hand. Ich tastete suchend auf dem Teppich herum und fühlte den Fuß einer Stehlampe. Es war eine dieser modernen Lampen, die auch mit einem Fußschalter versehen sind. Ein Druck und das Licht flammte auf. Als ich mich umblickte, sah ich ihn liegen.
Die seltsam verkrümmte Körperhaltung ließ auf den ersten Blick erkennen, dass er tot war. Er lag auf dem Bauch, und ich sah das kreisrunde Loch hinter seinem Ohr. Da sein Gesicht zur Tür wies, kroch ich hin und drehte ihn auf den Rücken.
Es war Charly Scott, der Steward von der Shirokko. Ohne Zweifel hatte man ihn mit der Pistole erschossen, die ich beim Aufwachen in der Hand hielt. Sie lag neben dem Sessel. Ich hob sie auf und stellte fest, dass nur eine Kugel fehlte.
Jetzt hieß es erst einmal feststellen, wo ich mich hier überhaupt befand. Ich trat an eines der beiden Fenster und zog die Jalousie hoch. Dann öffnete ich einen Flügel und lehnte mich hinaus.
Sechs Stockwerke unter mir breitete sich eine schwach beleuchtete Parkanlage aus. Rechts von mir, an einem Gebäudevorsprung, flammte eine Neon-Reklame an und aus. Ich las Biltmore Hotel.
Nachdenklich schloss ich das Fenster wieder und ließ die Jalousie herunter. Da hatten sie mich ja schön verladen. Das Zimmer, in dem ich mich mit dem Toten befand, war als Salon
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