0260 - Sie jagten ihn durch Florida
der State Highway in die Key West-City-Route mündet. Vom Overseas Highway kommend, bogen wir links in den Roosevelt Boulevard ein. Dann ging es rechts herum, die Flagler Avenue entlang. Tiefe Dunkelheit lag über der südlichsten Stadt der Vereinigten Staaten.
In dieser Stadt saß nun der Boss eines Rauschgiftringes. Die Verlängerung der Flagler Avenue bildete die County Road. Es gibt hier unzählige Bungalows, von denen der eine schöner als der andere ist.
***
Eine halbhohe Mauer tauchte auf. Ihr Sims trug ein schmiedeeisernes Gitter. Das große Tor öffnete sich wie von Geisterhand und schloss sich wieder hinter uns. Ein asphaltierter Fahrweg führte durch den Park zum Haus. Als wir am Fuß der Treppe hielten, flammten Scheinwerfer auf.
Ihr Licht blendete uns beim Aussteigen, und wir mussten die Augen mit den Armen schützen. Wir hörten Schritte. Gekonnt tastete man uns nach Waffen ab. Dann erst verlöschten die Scheinwerfer wieder.
Vier Männer waren es, die uns in die Halle führten. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Villa war einstöckig, aber es gab keine Treppe noch oben. Dicke Teppiche verschlangen das Geräusch unserer Schritte. Ein Lift brachte uns nach oben.
Von dem Flur, in dem wir jetzt standen, gingen auf der Liftseite etliche Türen ab. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es nur eine Tür. Es war eine Schiebetür, die aus zwei gläsernen Hälften bestand. Ich sah den sternenklaren Himmel und einen schwankenden Bambussteg mit einem Schilfdach.
Das Rätsel löste sich, als wir auf der Terrasse standen. Ein kniehohes Mäuerchen, mit bunten Mosaiksteinen besetzt, umrandete ein Schwimmbecken. Um auf die andere Seite des Hauses zu gelangen, musste man über den Bambussteg hinüber. Der ganze Bau bestand praktisch aus zwei Hälften, die durch ein Schwimmbecken von zwanzig Yards im Quadrat verbunden wurden.
Einer unserer schweigsamen Gastgeber betrat den Steg. Daniel musste ihm folgen. Als sie zur Hälfte drüben waren, bekam ich ein Zeichen. Auch ich hatte einen Extra-Führer. Der Steg schwankte unter unseren Schritten und ich hielt mich an den Seilen fest, die links und rechts entlangliefen.
Wir mochten ungefähr die Mitte erreicht haben, als der Mann vor mir stehen blieb und sich umdrehte. Grinsend deutete er auf den Wasserspiegel, der etwa 3 Yards unter uns als dunkle Fläche zu erkennen war.
»Hat der Boss nicht originelle Einfälle?«, fragte er.
Ich nickte. »Er badet wohl gern, wie? Verstehe nur nicht, warum er sich so in Unkosten gestürzt hat? Ihr habt doch den Atlantik direkt vor der Haustür.«
Er grinste noch immer. »Das ist ja auch kein normales Bassin, Boy. Ich würde dir nicht raten, darin zu baden. Da schwimmen vier Haie drin herum, deren Gefräßigkeit keine Grenzen kennt.«
Dann betraten wir einen großen Salon. Hohe Bücherregale, moderne Clubgarnituren und ein schneeweißer Kamin mit geschwungenem grauen Vorbau. Die Einrichtung musste ein Vermögen gekostet haben.
Er saß vor dem Kamin in einem Sessel. Durch seine dunkle Brille starrte er auf den Fernsehschirm und beobachtete Old Archie Moore, der im Ring den langen Argentinier Lavorante ausboxte. Auf dem Rand des Aschenbechers lag vergessen eine halb gerauchte Zigarre. Ihr Qualm stieg in gewundenen Kringeln zur Decke, während der Boss mit geballten Fäusten jeder Bewegung der beiden Boxer folgte. Endlich brachte der Gong auch ihm eine Verschnaufpause.
Er musterte uns nur kurz und deutete wortlos auf die umherstehenden Sessel. Wir folgten seiner Einladung. Mit einer weiteren Handbewegung erlaubte er uns, einen Whisky zu probieren. Es war köstlicher alter Bourbon. Während ich trank, sah ich mir den Knaben näher an. Ich schätzte ihn Mitte Dreißig. Er musste eine enorm steile Karriere gemacht haben. Auf jeden Fall residierte er hier wie ein Pascha.
»Sie sind also Jerry Stacy?«
Ich nickte. »In meiner ganzen Größe. Sie interessieren sich für Boxen?«
»Yeah, mehr als für Football. Harte Burschen interessieren mich überhaupt sehr.«
Endlich nahm er diese alberne Brille ab. Sein Blick war kalt und forschend. Dabei spielte ein Lächeln um seine Lippen.
»Wenn ich Shermans Worten Glauben schenken darf, sind sie ein ziemlich harter Brocken, Stacy. Ihre Reaktion auf die Biltmore-Affäre hat mir imponiert.«
»Schließlich hat Victor Ashley den Mord begangen. Ich bin allerdings noch nicht dahinter gekommen, warum er es getan hat.«
»Das kann ich Ihnen sagen, Stacy. Charly Scott war Zeuge eines
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