0262 - Leonardos Knochenhorde
schluckte.
Nicole strich ihr durch das Haar. »Wir werden Leonardo zwingen, das Gegenmittel auszuhändigen…«, sagte sie.
Aber das blonde Mädchen schüttelte den Kopf. »Es wird nicht gehen«, sagte sie. »Er wird es euch nicht geben, nicht einmal, wenn ihr ihm dafür ewiges Leben versprecht. Er ist ein unmenschliches Wesen. Schade. Es war ein schönes, aber etwas zu kurzes Leben.«
Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte hysterisch auf. »Zu kurz!« schrie sie auf. »Nun, dann kann ich ja doch mitkommen… und ihr braucht auf mich keine Rücksicht zu nehmen. Ich bin ja tot! Ich bin schon längst tot!«
»Närrin«, murmelte Zamorra. »Es gibt da noch eine Möglichkeit.«
»Welche?« fragte Nicole überrascht.
»Wir werden sehen«, sagte Zamorra. »Weißt du, was für ein Gift es sein könnte? Pflanzlich? Tierisch? Künstlich erzeugt?«
Monica schüttelte den Kopf. »Ich mußte es trinken. Also entweder flüssig oder löslich. Mehr kann ich nicht sagen. Aber spar dir doch die Mühe, Zamorra. Es hat ja keinen Zweck. Wenn Leonardo mich tot sehen will, dann werde ich sterben.«
»Ich kann«, sagte der Parapsychologe, »Leute nicht ausstehen, die sich einfach aufgeben, ohne um sich zu kämpfen. Ich sollte dir den Hintern versohlen.« Er faßte das Schwert und trat nach draußen.
Nicole folgte ihm bis zur Haustür. »Was hast du vor?«
Zamorra lächelte dünn. »Ich mache den alte Möbius heiß«, sagte er. »Wenn die Jungs in ein paar Wochen das Blut des Dämonensaugers künstlich herstellen konnten, dann werden sie doch auch ein einfaches Gegengift entwickeln können.«
Vorsichtig sah er sich um, dann lief er zum Wagen, entriegelte ihn und stieg ein. Auf einen Knopfdruck klappte ein Fach auf, das durch die Lüftungsöffnungen getarnt war. Sie drehten sich nach unten weg, und der Bedienteil und das Mikrofon eines Funkgerätes kamen in greifbare Nähe. Zugleich fuhr draußen eine Stabantenne in eine außergewöhnliche Höhe, teilte sich plötzlich und wurde von einer ebenfalls hochfahrenden Spiralkonstruktion umlaufen.
Das Funkgerät an sich sah recht normal aus, aber das war es nicht. Es arbeitete auf einer Frequenz, die es eigentlich gar nicht gab - genauer gesagt, die nicht öffentlich bekannt war. Ein Wissenschaftler, der zum Möbius-Konzern gehörte, hatte sie vor einiger Zeit entdeckt und ihre Eigenschaften festgestellt. Und nur die Leute aus der Konzernspitze waren in der Lage, diese Frequenz einzusetzen und zu benutzen, weil nur sie die entsprechenden Sender und Empfänger hatten. Der Transfunk war weder abzuhören noch zu stören, weil seine Frequenz so außergewöhnlich lag, daß sie von keinem noch so weitreichenden anderen Gerät erfaßt wurde. Es hieß sogar, sie läge neben den »normalen« Frequenzen. Auf dieser Welle pflegte der alte Stephan Möbius seine Alpha-Anweisungen durchzufunken oder sich mit seinem verlängerten Arm, seinem Sohn Carsten, zu unterhalten. Und hier waren auch Notsignale möglich.
Den alten Möbius faszinierte der Transfunk hauptsächlich, weil er nicht abzuhören war. Und er besaß noch ein paar wundersame Eigenschaften, die jeder ernsthafte Wissenschaftler von vornherein für unmöglich gehalten hätte: Er ließ sich durch nichts aufhalten oder ablenken, ging glatt durch meterstarke Blei- und Gesteinswände, durch Felsmassive und Wassertiefen -und er war schneller, als Funk normalerweise sein durfte. Bisher hatte man in der Verständigung noch keinen meßbaren Zeitverlust feststellen können. So schnell wie das Licht war er also allemal. Vielleicht…
...schneller…
Zamorra aktivierte das Gerät. Er schaltete das Rufsignal. Überall, wo die Transfunk-Empfänger des Möbius-Konzerns standen, glomm in der gleichen Sekunde das Anrufsymbol auf.
Auch in England, in Beaminster-Cottage.
Zamorra wartete. Es war spät nachts oder auch früh morgens, und der alte Möbius schlief mit Sicherheit. Dennoch war er rasch auf den Beinen, wohl, weil er wußte, was eine über Transfunk kommende Botschaft für eine Bedeutung besaß.
Ein kaum hörbares Klicken verriet, daß der alte Mann in seiner Zentrale sprechbereit war.
»Zamorra hier«, sagte der Professor. »Ich habe da ein kleines Problem…«
Stephan Möbius hörte geduldig zu. »Geht klar, Zamorra«, sagte er dann. »Ich leite alles in die Wege. Du kannst in spätestens einer Stunde mit einem Hubschrauber rechnen, der das Mädchen abholt und…«
»Stopp«, unterbrach Zamorra. »Zeit ist Leben. Eine Stunde ist
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