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0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum

0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum

Titel: 0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: In Brooklyn blüht der Galgenbaum (3 of 3)
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einen schwachen Schatten sähe, aber das konnte eine Einbildung sein.
    Der Tür genau gegenüber befanden sich einige Turngeräte und zusammengerollte Matten.
    Gleich rechts von mir gab es den Umkleideraum, der ein Drittel der rechten Längswand in Anspruch nahm. An ihn schloss sich eine Kabine an, deren Wände ursprünglich aus Glas bestanden hatten. Jetzt waren die meisten Scheiben nur noch als grob gezackte Scherben vorhanden. Das letzte Drittel der Wand schließlich war mit übereinander getürmten Holzbänken verstellt.
    In der Mitte des Saales stand - und es sah verdammt komisch aus - ein langer Konferenztisch, der einmal bessere Zeiten und vor allem bessere Leute gesehen hatte. Er war so lang, dass gut ein Dutzend Stühle auf jeder Seite Platz hatte. Von der Tür her gesehen stand ich im Rücken des Stuhles, dem man bei einer Konferenz wohl dem Vorsitzenden Vorbehalten hätte. Im Augenblick saß ein Mann darauf, von dem ich nicht mehr als den breiten Rücken, ein kräftiges Genick und einen weit nach hinten geschobenen grauen Hut erkennen konnte.
    Natürlich hatte sich mein Auftritt vor der an einem Konferenztisch versammelten Morgan-Gang schneller, viel schneller vollzogen, als ich es schildern konnte. Und ebenso war meine Sichtung der Örtlichkeit in einem Tempo vor sich gegangen, das höchstens ein bis zwei Sekunden beansprucht haben konnte. So kam es, dass sich die Männer an dem langen Tisch gerade für die Vorgänge an der Tür zu interessieren begannen, als Stirn-Narbe schon auf den Umkleideraum zu schlich, während ich gerade die Tür hinter mir mit einem lauten Bums zuschlug.
    »Hallo!«, sagte ich leutselig. »Ein Glück, dass ich euch antreffe.«
    Mit beiden Händen in den Manteltaschen marschierte ich auf den langen Tisch zu, als ob ich hier ein alter Bekannter wäre. Vorn rechts rückte ein Mann mit lautem Scharren seinen Stuhl zurück, wandte sich in meine Richtung und rief:
    »Was ist los? Wer sind Sie? Was wollen Sie hier?«
    »Ein bisschen viel Fragen auf einmal«, erwiderte ich leichthin. »Ich suche Morgan und seine Männer.«
    »Was wollen Sie?«, wiederholte der Frager von eben.
    Inzwischen hatte ich ihn erkannt.
    Es war Bloyd Morgan. Einer der sechs Bandenführer, die sich vor einiger Zeit zusammengeschlossen hatten. Da man den ›Grauen‹ inzwischen allerdings ermordet hatte, waren jetzt von diesen sechs nur noch fünf übrig. Immerhin saßen nun gleich zwei vor mir, denn der Bursche, der mir den Rücken zugewandt, sich aber inzwischen umgedreht hatte, war niemand anders als Herbert Laine, Komplize und langjähriger Freund von Paul Rusky, der in einer unserer Zellen mit vergiftetem Kuchen umgebracht worden war.
    »Zum-Teufel, machen Sie endlich das Maul auf!«, fauchte nun auch Laine, als ich schon bis auf etwa fünf Schritte an die seltsame Versammlung herangekommen war. »Was wollen Sie?«
    »Kau-Kelly schickt mich-«, sagte ich, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich soll eine Nachricht überbringen.«
    Ich spannte alle Muskeln. Wenn einer der hier anwesenden Männer von Kau-Kelly kam, war ich geliefert.
    ***
    »Susy Fleckson«, wiederholte Brian O’Kelly nachdenklich. »Sonderbar…«
    Jack Gallus beobachtete seinen neuen Boss sehr aufmerksam. Er hatte die Augenbrauen leicht zusammengezogen, was verriet, wie konzentriert er bei der Sache war.
    »Was ist sonderbar?«, fragte er.
    O’Kelly machte eine vage Geste. Er stand auf und schenkte für sie beide Kognak nach. Dabei murmelte er:
    »Ich habe fast das Gefühl, als hätte das Schicksal selber unsere Begegnung herbeigeführt. Wenn du nicht gekommen wärst, würde ich jetzt noch an Strandford glauben wie an meinen eigenen Sohn. Dabei wartete dieser Halunke nur darauf, dass meine Gegner stark genug würden, um mich auszuschalten und wahrscheinlich die ganze Bande unter sein Kommando zu zwingen…«
    In Gedanken versunken ging Kau-Kelly zu dem Plüschsofa zurück und ließ sich darauf nieder. Er schlug die Beine übereinander und nippte an seinem Kognak.
    »Was meintest du mit ›sonderbar‹?«, wiederholte Gallus hartnäckig seine Frage. »Weißt du etwas über den Verbleib des Mädchens?«
    »Wissen wäre wohl zu viel gesagt. Hör zu, ich will dir auch eine Geschichte erzählen! Sie dürfte mindestens ebenso interessant sein wie deine…«
    Zuerst steckte sich O’Kelly eine Zigarette an, bevor er zu sprechen begann:
    »Seit vielen Wochen schon bemühte sich Herbert Laine darum, sechs große Banden zu einer einzigen zu verschmelzen.

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