0266 - Der Grachten-Teufel
Gischt und tauchten erst dann in die schmutzigen Fluten der Gracht.
Ich hatte eine schreckliche Angst davor, von den Trümmern der Brücke doch noch getroffen zu werden, bewegte verzweifelt meine Arme, führte auch mit den Beinen Schwimmbewegungen durch und sah zu, so rasch wie möglich an Land zu kommen.
Ich spürte Grund. Meine Hände versanken in einem widerlich zähen Schlamm. Ich ruderte mich frei und schwamm so, daß ich die einstürzende Brücke schräg hinter meinem Rücken hatte.
In den kurzen Sekunden schossen mir zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Ich dachte an das Monstrum, das uns überholt hatte und die Brücke zerstören konnte. Wenn es merkte, daß wir nicht unter den Trümmern begraben lagen, wie würde es dann reagieren?
Kamen wir vom Regen in die Traufe?
Weit hatte ich die Augen aufgerissen. Sehen konnte ich trotzdem nichts.
Der hochgewühlte Schlamm machte eine Sicht so gut wie unmöglich. Er war wie ein dichter, lichtundurchlässiger Vorhang, der uns allen die Sicht nahm.
Bevor ich eintauchte, hatte ich noch einmal tief Luft geholt. So lange es ging, hielt ich sie an. Irgendwann schaffte ich auch dies nicht mehr, ich mußte einfach auftauchen.
Meinen Oberkörper streckte ich, und es gelang mir, mich der Oberfläche entgegenzuschieben. Die Arme hatte ich weit vorgereckt, die Hände stießen zuerst hindurch, es folgte der Kopf, er tanzte plötzlich über dem Wasser, ich riß den Mund auf, um Luft zu schnappen, als mich die Ausläufer der Wellen erwischten.
Gar nichts konnte ich tun. Sie überspülten mich nicht nur, sondern trieben mich auch noch weg, und das schmutzige Wasser drang zusätzlich noch in meinen Mund.
Jetzt spielten Kräfte mit mir, denen ich nichts entgegenzusetzen hatte.
Ich wurde gebeutelt, abgetrieben, hochgehoben, wieder in ein Wellental geschleudert, dem schlammigen Grund entgegengedrückt, und ich kam nicht dazu, nach Luft zu schnappen.
Wie in einem Teppich eingerollt, kam ich mir vor. Verzweifelt kämpfte ich, ruderte mit Armen und Beinen und stieß plötzlich irgendwo gegen.
Unbedingt mußte ich Luft schnappen, meine Lungen drohten bereits zu bersten. Ich zog meine Beine an, ließ sie danach wieder kraftvoll nach unten schnellen und schaffte es, wieder in die Höhe zu kommen. Mit dem Kopf stieß ich aus dem Wasser.
Noch immer rollten Wellen heran. Zwar nicht mehr so hoch, dennoch überspülten sie mich und hoben meinen Körper an.
Ich keuchte, würgte und spuckte. Dazwischen atmete ich hastig ein und sah plötzlich einen Schatten vor mir.
Dann griff eine Hand zu. Finger umklammerten meine Schulter. Jemand schrie meinen Namen.
Suko war da.
Er riß mich herum, weg von der Kanalmauer, gegen die ich gestoßen war, und ich bewegte automatisch Arme und Beine, um meinen Freund bei seinen Bemühungen zu unterstützen.
Wir schwammen um unser Leben. Der Inspektor hielt sich dicht an meiner Seite. Jeder von uns wußte, daß es auf Sekunden ankam, trotzdem warf ich einen Blick zurück.
Zuerst sah ich unser Boot.
Zum Glück war es nicht explodiert, obwohl die Mauer seine Endstation bedeutet hatte. Als verbogenes Trümmerteil schwamm es auf der Oberfläche des Kanals und würde bald sinken.
Kraal war auch noch da!
Er stand dort, wo sich einmal die Brücke befunden hatte. Ein gewaltiges Monstrum inmitten des schaumigen und kochendes Wasser und inmitten der Trümmer.
Er war unheimlich anzusehen. Seine schuppigen Klauen stachen aus den Fluten hervor, die gewaltigen Finger bewegten sich, er hielt sogar Steine zwischen ihnen und schleuderte sie uns entgegen.
»Ducken!« brüllte Suko.
Wir duckten uns nicht nur, wir tauchten auch unter. Unser Glück, denn die Trümmerstücke pfiffen über unsere Köpfe hinweg und klatschten irgendwo ins Wasser.
Im nächsten Augenblick war von Kraal nichts mehr zu sehen. Er hatte sich verzogen.
Wir traten Wasser und blickten dorthin, wo er eigentlich zu sehen sein mußte.
Keine Spur mehr. Unter Wasser mußte er seinen weiteren Weg suchen, zu einem Ziel hin, das uns bisher unbekannt gewesen war. Zum Glück bewegte er sich nicht in unsere Richtung, das hätten wir am Verlauf der Wellen erkennen können. Kraal ging in die andere Richtung, produzierte auch unter Wasser noch mächtige Wellen, die ihn begleiteten, als würden sie an einem Faden hängen.
Auch wir hatten keine Lust mehr, noch länger in den Fluten herumzupaddeln. So rasch wie möglich wollten wir die Gracht verlassen und an Land klettern.
In der Nähe fanden wir eine
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