0267 - Der Hexenwürger von Blackmoor
Und sie schauten uns dabei immer an, so daß wir das Gefühl haben konnten, daß sie uns etwas sagen wollten.
»Das begreife ich nicht«, sagte Suko. »Haben wir es hier mit einem Vogelsammler zu tun? Ich dachte immer, dafür wäre dein Freund Dr. Barrows zuständig.«
»Anscheinend nicht nur«, gab ich zurück und bewegte mich nach links. Ich geriet tiefer in den Keller und entdeckte noch mehrere dieser Käfige. Die anderen allerdings waren leer.
Suko hatte die Vögel gezählt. »Es sind genau fünf«, sagte er. »Aber Krähen und Raben kann ich nicht so genau auseinanderhalten. Du vielleicht, John?«
»Nein. Das spielt auch keine Rolle.«
Ich kehrte wieder zu Suko zurück und schaute mir die Vögel an.
»Die sind doch nicht normal«, urteilte mein Partner.
»Siehst du Unterschiede zu anderen?«
»Das nicht, aber irgend etwas müssen sie an sich haben, wenn man sie schon fängt und einsperrt.«
»Sicher«, sagte ich und griff unter mein Hemd, wo ich das Kreuz immer verborgen habe. Ich streifte mir die Kette über den Kopf, behielt sie ebenso in der Hand wie das Kreuz. Vorsichtig näherte ich mich dem Schutzgitter des Käfigs.
Irgendwie schienen die Tiere etwas zu wittern. Sie wurden noch wilder und aufgeregter. Vier flogen zurück, und nur ein Vogel krallte sich am Maschendraht fest.
Den wollte ich.
Er hackte nach mir. Sein Schnabel war ziemlich spitz. Wenn er mich damit erwischte, sah es nicht gut für mich aus.
Der Hieb konnte recht schmerzhafte Wunden hinterlassen.
Und noch etwas stellte ich fest.
Mein Kreuz reagierte auf die unmittelbare Nähe der Vögel. Über die Silberlegierung hinweg schien ein feiner Schleier zu laufen, der unten begann, sich sehr rasch ausbreitete, und auch die Enden nicht verschonte.
Ich warf das Kreuz. Schräg hatte ich den Wurf angesetzt, damit ich mit irgendeiner Ecke durch ein Loch im Gitter traf, um den Vogel zu berühren.
Das gelang mir!
Ein wütendes Krächzen hörte ich. Plötzlich wurde der Vogel zurückgeworfen. Er flatterte noch einmal mit seinen Flügeln und platzte schließlich vor unseren Augen auseinander.
Knochenteile, Federn und Fleischstücke wirbelten durch die Luft. Sie waren jedoch morsch und alt. Bevor sie den Boden berührten, waren sie schon zu Staub geworden.
Ich wich wieder zurück. Ein sprachloser Suko nickte mir zu. »Allerhand, John«, sagte er. »Das haben wir seit den Strigen nicht mehr erlebt. Vögel, die sich auflösen. Ich frage mich nur, in was wir da hineingeraten sind. Ob alle Vögel, die uns unterwegs und im Dorf begegnet sind, so reagieren, wenn du sie mit dem Kreuz attackierst?«
»Das frage ich mich allerdings auch.« Dabei schaute ich die vier restlichen an.
Das Schicksal ihres Artgenossen hatte sie nicht kalt gelassen. Sie gaben sich verrückt, aufgeregt, flatterten durch den großen Käfig, stießen gegen das Gitter, wurden zurückgeschleudert und schrien uns aus ihren geöffneten Schnäbeln an.
»Ich könnte es mal mit der Dämonenpeitsche versuchen«, schlug Suko vor und legte seine Hände bereits auf den Griff.
In diesem Augenblick geschah es. Wir wurden davon wirklich buchstäblich überrollt, denn plötzlich lief ein Zittern durch den Boden. Wie ein kurzer Erdstoß erschien es mir. Der Käfig vor uns wackelte, dann hörten wie ein Fauchen, und vor unseren Augen explodierten die nächsten vier Vögel.
Schwefelrauch wölkte und puffte in die Höhe, nahm uns die Sicht, und wir hörten ein schrilles Lachen.
Wenig später war die Sicht wieder klar. Nur noch letzte Schleier trieben durch den Käfig.
Wir konnten erkennen, daß die Vögel verschwunden waren. Statt dessen starrten uns vier gräßliche Hexen an und kreischten um die Wette…
***
Im Sumpf tat sich etwas!
Gewaltige Kräfte hatten den Ruf des Mannes vernommen, und tief in der Erde wurden sie aus ihrem Schlaf geweckt.
Was das Moor bisher mit seinen zähen Krallen festgehalten hatte, drängte nun an die Oberfläche.
Der Hexenwürger erwachte…
Stille lag über dem Sumpf. Auch die Menschen redeten nicht mehr, sie starrten gebannt auf den hellschimmernden Kreis aus Mondlicht, wo der Hexenwürger entsteigen mußte.
Ein jeder merkte das Zittern. Tief unter ihnen war es entstanden. Es pflanzte sich nicht nur in der Breite fort, sondern auch in der Höhe und erfaßte die Körper der Wartenden.
Dagegen konnte niemand etwas tun. Die Menschen gerieten in die Vibrationen und atmeten schon nach wenigen Sekunden auf, als nichts mehr davon zu spüren war.
Eine
Weitere Kostenlose Bücher