0269 - Killer-Bienen
Summen, ausgestoßen von Hunderten von Bienen.
Bienen, die den Körper eines Menschen nachzeichneten, wobei das Gesicht einem Menschen gehörte.
Sam Whiteside war gekommen!
Auch Shawn Braddock hatte das Summen gehört. Aus seiner Kehle drang ein gellendes, irres Kichern. Er kam auf die Beine, tanzte und breitete die Arme aus.
»Sie sind da.« keuchte er. »Sie sind da!«
Die Schwester fuhr herum. Bleich war sie geworden. »Was soll das bedeuten?« fuhr sie den Mann an. »Antworte!«
»Die Stunde der Rache. Die Stunde der Rache…«
Die Frau hielt es nicht mehr aus. Sie war einiges gewohnt, doch das hier ging über ihr Begreifen. Sie sprang auf den Mann zu und bekam Braddock zu fassen, denn so schnell konnte dieser nicht ausweichen.
Die Schwester drehte den Kragen seines Kittels zusammen, schüttelte ihn durch und faßte auch in sein Gesicht.
Sofort zog sie die Hand zurück, denn die Haut fühlte sich weich und schwammig an. Gleichzeitig spürte sie unter ihren Fingern die feinen Härchen, die auf dem Gesicht wuchsen.
Dem Fenster wandte sie den Rücken zu. Deshalb sah sie nicht, wie die Riesenbiene mit dem Gesicht verschwand, dafür jedoch eine kleine, einzelne in den Raum flog.
Sie hatte ebenfalls ein menschliches Gesicht, und sie setzte sich zwischen Haaransatz und Kittelkragen der Krankenschwester fest.
Dann stach sie zu!
Die Frau merkte den Stich genau!
Sie zuckte zusammen, ging zurück und ließ Shawn Braddock dabei los. Der sprang ebenfalls nach hinten, drehte den Kopf und verfolgte mit seinen seltsamen Augen den Flug der kleinen Biene.
»Willkommen!« rief er. »Willkommen bei mir…«
Summend zog die Biene ihre Kreise, während die Krankenschwester fluchte, ihre Arme erhoben und gleichzeitig etwas gedreht hatte, damit sie die flache Hand gegen die getroffene Stelle im Nacken pressen konnte.
Und sie hörte die Stimme des Shawn Braddock- »Du bist verloren«, lachte er, »verloren.«
Die Schwester verzog das Gesicht. Sie holte stockend Atem.
»Verdammt, was ist das gewesen?«
Braddock hob seinen dünnen Arm, streckte den Zeigefinger aus und deutete auf die Biene, die ihre Kreise unter der Decke zog. »Sie!« zischelte er. »Sie hat dich gestochen.«
Bösartig kam der Frau das Brummen vor. Obwohl das Tier nur sehr klein war, eigentlich unbedeutend, spürte die Schwester dennoch ein gewisses Unbehagen ihm gegenüber. Sie konnte es nicht erklären.
Vielleicht dachte sie auch noch zu sehr an das Monstrum vor dem Fenster.
»Sie hat ein Gesicht«, flüsterte Shawn Braddock. »Ein kleines Gesicht. Schau genau hin, dann kannst du es erkennen.«
Bisher hatte sich die Krankenschwester immer als realistisch eingestuft. Sie betrieb diese Arbeit schon jahrelang und hatte immer gedacht, daß nichts sie erschüttern konnte. Das stellte sich nun als Irrtum heraus. Es war verdammt schwer, hier die Nerven zu bewahren, und als die kleine Biene im Sturzflug nach unten raste, da erkannte die Frau, daß der andere nicht gelogen hatte.
Die Biene hatte den Kopf eines Menschen!
Für einen Moment sah sie nur dies, danach war das Insekt schon wieder verschwunden, doch die Folgen des ersten Stiches spürte sie deutlich. Sie hatte sich zu Shawn Braddock umgedreht, wollte ihn ansprechen, als sie in der Bewegung verharrte.
Hitzewellen durchrasten ihren Körper. Sie schüttelte sich, sah die Bewegungen des Zimmers und kam sich vor wie auf einem schwankenden Boot. Aus den Poren drang der Schweiß. Mit letzter Kraft formulierte sie eine Frage: »Was… was hast du mit mir gemacht, du Teufel?«
»Ich nichts«, erwiderte Braddock kalt. »Ich habe nichts getan. Das war die Biene. Sie hat ihr Zeichen bei dir hinterlassen…«
»Verdammt, warum…?«
Sie erhielt keine Antwort mehr auf die Frage. Im Nacken fühlte sie ein Reißen. Sie wußte nicht, was es war, und sie konnte auch nicht sehen, daß sich die Wunde öffnete.
Vor Shawn Braddock fiel sie auf die Knie. Der schaute grinsend zu.
Sein Gesicht mit der gelblichen Haut hatte sich in die Breite gezogen, die Augen strahlten, als er seinen Arm hob und der kleinen Biene ein Zeichen gab.
Das Insekt mit dem Kopf des Sam Whiteside fand seinen Platz auf Braddocks Schulter. Es hockte dort wie eine kleine, gelbschwarz gestreifte Rakete.
»Er ist gekommen!« flüsterte Braddock. »Er ist da! Wir haben ihn gesehen. Jetzt werden wir losgehen und ihn empfangen. Alles ist bereit, und die Türen stehen offen!« Das war in der Tat so, denn die Krankenschwester hatte nicht
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