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027 - Das Gesicht im Dunkel

027 - Das Gesicht im Dunkel

Titel: 027 - Das Gesicht im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Square gesehen!«
    Der Mann lächelte. »Das liegt daran, daß ich von dieser Seite kam und umkehrte, als ich merkte, daß ich fehlgegangen war.«
    Dicks Augen hingen unverwandt an seinem Gesicht. »Wohnen Sie hier in London?«
    »Ja, im ›Ritz-Carlton‹. Ich bin Präsident einer südafrikanischen Minengesellschaft. Verzeihung, es ist eigentlich töricht von mir, einem zufälligen Straßenpassanten diese Auskunft zu geben, aber Sie sind ja Captain Richard Shannon, nicht wahr?«
    Dick war starr vor Staunen. »Ich entsinne mich nicht, Herr -« Er unterbrach sich erwartungsvoll.
    »Mein Name kann Sie unmöglich interessieren. Mein Paß lautet auf den Namen Brown. Näheres können Sie im Kolonialamt erfahren. Nein, wir haben uns noch nie getroffen. Aber ich kenne Sie.«
    Dick mußte trotz seiner Enttäuschung lachen. »Gestatten Sie mir, Ihnen auf den Weg zu helfen! Ein Taxi wäre am besten für Sie. Ich will in die Regent Street und werde mitfahren.«
    Der alte Herr neigte höflich den Kopf, und im selben Augenblick kam ein leeres Auto daher; sie hielten es an.
    »Der Wohlstand hier in London setzt mich in Erstaunen«, sagte Herr Brown seufzend. »Wenn ich diese Häuser sehe, die nur von Leuten mit zehntausend Pfund Einkommen bewohnt sein können, kann ich mir nicht denken, wo das Geld herkommt.«
    »Der Gedanke ist mir noch nie gekommen«, erwiderte Dick.
    Beim Schein der Straßenlaterne hatte er sich seinen Begleiter genau angesehen. Irgend etwas Abschreckendes hatte er nicht an sich. Sein dichtes Haar war weiß, die Schultern leicht gebeugt, und trotz seiner abgearbeiteten mageren Hände machte er doch den Eindruck eines Gentlemans.
    Am Oxford Circus hielt das Auto, und der alte Herr stieg mühsam aus.
    »Ein armer Krüppel!« bemerkte er gutmütig. »Haben Sie Dank, Captain Shannon.«
    Dick beobachtete ihn, während er auf die Untergrundbahn zuhinkte.
    »Ich möchte nur wissen ...!« murmelte er vor sich hin.
    Audrey erwartete ihn in der Halle des Palace-Hotels, und alle Spuren von Kummer waren verschwunden.
    »Hoffentlich habe ich Sie nicht am Zubettgehen gehindert?« sagte er. Während der ganzen Fahrt hatte er gehofft, daß er es täte.
    Sie wollte nicht auf ihr furchtbares Erlebnis zurückkommen, aber er bestand darauf.
    »Der Kerl ist ein Schurke!« sagte er. »Audrey, vom Portman Square müssen Sie sich jetzt unbedingt fernhalten.«
    »Audrey?« wiederholte sie lächelnd. »Nun, ich mache mir nichts daraus, obgleich ich fühle, daß ich etwas erwachsener sein müßte. In Holloway nannten sie mich ›83‹ oder schlankweg ›Bedford‹. Ich glaube, daß ›Audrey‹ mir besser gefällt - bei Leuten, die nicht dazu neigen, meine Hand festzuhalten und sentimental zu werden.«
    Er gab sich vergeblich Mühe, ärgerlich zu werden.
    »Ich werde Sie ›Audrey‹ nennen, und wenn ich sentimental werden sollte, so sagen Sie nichts weiter als: ›Zur Sache‹, und ich werde gleich wieder brav sein. Und Portman Square geben Sie auf.«
    »Sie meinen Herrn Malpas?« fragte sie rasch.
    Er nickte. »Ich weiß nicht, wieviel Sie von seinem Geld ausgegeben haben -«
    »Sechzig Pfund«, sagte sie.
    »Die werde ich Ihnen geben, und dann können Sie ihm das Geld zurückschicken.«
    Er spürte ihr Widerstreben, bevor sie sprach. »Das kann ich nicht tun, Herr Shannon«, erklärte sie lebhaft. »Ich muß die Sache selbst ordnen. Wenn ich Sonnabend hingehe, werde ich ihn ersuchen, mir die Höhe des Gehaltes zu nennen, und ihm ganz offen sagen, wieviel ich verbraucht habe und daß ich ihm das übrige zurückgeben möchte. Wenn ich die Unterredung hinter mir habe -«
    »Und sie darf nicht lange dauern, Prinzessin«, warf er ein. »Sonst komme ich in sein gruseliges Wohnzimmer hineinspaziert -«
    »Warum nennen Sie mich ›Prinzessin‹?« fragte sie stirnrunzelnd und errötete dabei.
    »Ich weiß nicht ... Doch, ich weiß es. Ich werde meine Gewohnheit ablegen und die Wahrheit sprechen. In meinen Gedanken leben Sie als - die Bettelprinzessin. Es gibt ein altes Märchen von einer Prinzessin, die so schön war, daß sie gesetzlich gezwungen wurde, in Lumpen zu gehen, damit die Menschen sich nicht allesamt in sie verliebten und der häusliche Frieden darunter litte. Und als ich Sie zum erstenmal sah, fiel mir dieses Märchen ein, und ich taufte Sie so.«
    »Und damit genug für heute!« sagte sie streng. Sie war jedoch keineswegs ärgerlich, obwohl er das nicht wußte. Nachher, in ihrem Zimmer, lachte sie leise über die Geschichte und

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