0270 - Die Panik der Gespensterbande
zu bezweifeln. Aber selbst wenn die Morde nicht unmittelbar Ihnen zur Last gelegt würden - unter einem lebenslänglich kommen Sie auch so nicht davon.«
Bright nagte an seiner Unterlippe. Offenbar hatte er es sich anders vorgestellt, die Rolle eines berüchtigten Gangsters zu spielen.
»Wieso lebenslänglich?«, knurrte er unsicher. »Das ■gibt’s doch für einen Überfall nicht!«
»Passen Sie mal auf«, rechnete ich ihm vor: »Mehr als zwanzig Einbrüche, Raubüberfälle und ähnliche Dinge werden einzeln, Punkt für Punkt, einen besonderen Gegenstand der Anklage bilden. Der Staatsanwalt wird für jeden Punkt die Höchststrafe beantragen, also mindestens fünf Jahre Zuchthaus. Dann wird er nach den Regeln der Mathematik mainehmen: zwanzigmal fünf macht hundert. Sollte der Staatsanwalt noch gute Laune haben, wird er dem Gericht vorschlagen, die Strafe auf dreißig oder vierzig Jahre Zuchthaus zusammenzuziehen. Bei den durchschnittlichen Lebenserwartungen, Bright, kämen schon dreißig Jahre Zuchthaus für Sie einem lebenslänglich gleich. Aus ist es mit der goldenen Freiheit, Bright. Ein für alle Mal. Sie wandern bis zu Ihrem natürlichen Tod hinter Gitter. Gratuliere. So was bringt ›Heldentum‹ ein.«
Bright war sichtlich nervös geworden. Er konnte nicht mehr ruhig sitzen, und er konnte seinen Blick auch nicht mehr auf eine Sache konzentrieren. Ständig irrten seine Augen umher. Die Zungenspitze feuchtete seine trockenen Lippen an.
Plötzlich beugte er sich vor.
»Ich bin doch nicht verrückt«, stieß er hervor. »Dass es so schlimm sein würde, hätte ich doch nicht im Traum gedacht! Ich will Ihnen die Wahrheit sagen: Wir alle haben mit der Gespensterbande überhaupt nichts zu tun. Als wir das Ding in dem feudalen Nachtlokal planten, da dachten wir nur, die Leute würden viel mehr erschrecken, wenn sie uns für die Gespensterbande hielten. Deshalb haben wir uns die unbequemen Säcke über die Köpfe gehängt, wie sie Leute der Gespensterbande immer tragen. Aber in Wahrheit haben wir nicht das Geringste mit dieser Bande zu tun! Nicht das Geringste! Das ist die Wahrheit!«
***
Spätnachmittags ging per Fernschreiben die Antwort aus Washington auf die von uns eingeschickte Fingerspuren-Anfrage ein. Der wichtigste Satz lautete: »… konnte identifiziert werden. Es handelt sich um die rechte Hand des John Cleamer, 32 Jahre alt, US-Staatsbürger, Rasse weiß. Cleamer ist…«
Und nun folgte eine bis in einzelne gehende Beschreibung. Der Text des Fernschreibens endete mit der lakonischen Feststellung: »Cleamer gilt als sehr geschickter Messerwerfer.«
Ich legte Phil das Blatt vor. Nachdem er es gelegen hatte, tippte er auf die letzte Zeile und sagte: »Messer! Steinweg wurde mit einem Messer umgebracht. Besteht da ein Zusammenhang?«
»Durchaus möglich«, räumte ich ein. »Wir werden das schon herausfinden. Jetzt, da es uns endlich gelungen ist, wenigstens einen Mann der Gespensterbande zu identifizieren, habe ich wieder Hoffnung.«
»Dass wir uns auf Cleamer zu konzentrieren haben, ist klar«, nickte Phil. »Ich frage mich nur, wo wir ihn finden sollen. Nach der Auskunft aus Washington hat Cleamer bis zu seiner letzten Verhaftung vorwiegend in New Jersey gearbeitet. Aber Cleamer ist verschwunden, seit er aus dem Zuchthaus entlassen wurde. Obgleich ihm vom Begnadigungsausschuss, der ihn wegen guter Führung vorzeitig entließ, auferlegt worden war, sich wöchentlich einmal bei der Polizei seines künftigen Wohnortes zu melden. Cleamer scheint sich abgesetzt zu haben. Aber wohin?«
»Nach New York«, sagte ich ohne Zögern.
»Wie kommst du darauf?«
»Es ist nur so eine Vermutung«, erwiderte ich. »Da die Gespensterbande in letzter Zeit vorwiegend in New York aktiv wurde, könnten die Burschen auch in unserer Stadt ein neues Asyl gefunden haben. Ich denke, wir sollten erst einmal ein ausführliches Fahndungsersuchen an sämtliche Polizeidienststellen in New York loslassen. Mit dem Hinweis, dass niemand an Cleamer herangehen soll, sondern uns lediglich mitzuteilen ist, wo er vielleicht gesehen wurde. Du kennst doch unsere tüchtigen Patrolmen der Stadtpolizei. Wenn bei denen einer länger als vier Wochen in dem Viertel wohnt, wo sie ihre Runden zu gehen haben, wissen Sie’s, dass er dort wohnt.«
»Das ist Erfolg versprechend«, gab Phil zu. »Wenn die Burschen nicht unter einer ganz raffinierten Tarnung leben, müsste man Cleamer auf diese Weise auf die Spur kommen können -vorausgesetzt,
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