0273 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie
irgendwann irgendwas Unangenehmes für mich tun konnte, war wenig erheiternd. Ich dachte ein paar Sekunden darüber nach, dann ging es mir auf die Nerven, und ich beschloss, meinen geheimnisvollen Besucher herauszufordern.
Mit einer schnellen Wendung rollte ich mich vom Bett und plumpste auf den Boden.
Ich lag still und lauschte. Hinter dem Kleiderschrank war ein schwaches Geräusch gewesen, ein ganz leises Scharren, kaum mehr als ein Luftzug. Aber danach blieb alles wieder still.
Sollte ich mich getäuscht haben?
Nein. Ich spürte, dass jemand im Zimmer war. Vielleicht dachte er, ich wäre im Schlaf aus dem Bett gefallen, und wartete nun darauf, dass ich hübsch verschlafen wieder hineinkriechen würde.
Wenn er hinter dem Kleiderschrank stand, was ich dem leisen Geräusch nach annahm, hatte ich durch Zufall die richtige Seite gewählt, um aus dem Bett zu fallen. Jetzt befand sich nämlich das Bett zwischen uns.
»Gib’s auf«, sagte ich plötzlich.
Vier oder fünf Sekunden blieb es noch ruhig, dann strich etwas ganz sacht über den Teppich. Hinten beim Kleiderschrank. Ich hätte sonst was dafür gegeben, wenn ich jetzt den kühlen und beruhigenden Griff meiner Dienstpistole in der Hand gehabt hätte. Aber unsere Waffen tragen den FBI-Prägestempel, und damit kein Unberufener sehen sollte, zu welchem Verein ich in Wahrheit gehörte, hatte ich beschlossen, keine Schusswaffe mitzunehmen. Eine Schnapsidee. Eine verfluchte Schnapsidee. Das zeigte sich.
Es gab ein leises ›Plopp‹ und gleich darauf zischte etwas in mein Bett. Ich presste die Lippen aufeinander. Der Kerl schoss mit Schalldämpfer, und die erste Kugel hatte sich gerade ins Bett gebohrt.
Mir schoss plötzlich der alberne Gedanke durch den Kopf, dass ich nicht einmal wissen würde, warum ich sterbe, wenn der Bursche mich tatsächlich treffen sollte.
Ich lag dicht neben meinem Bett und zermarterte mir den Kopf darüber, was ich tun könnte, um aus dieser Situation herauszukommen. Die Tür war sechs bis sieben Schritte entfernt, und ehe ich sie erreichen konnte, würde er mich mit Blei vollgepumpt haben. Hier konnte ich aber nicht lange liegen bleiben.
Dass meine Schuhe vor mir standen, merkte ich erst nach einer Weile, die in nervenzermürbender Stille vergangen war. Es waren Schuhe, wie man sie bei einem Tramp erwarten konnte, der unverhofft einmal Geld hatte, um sich Schuhe ausnahmsweise einmal zu kaufen: derbe, genagelte und mit Eisen beschlagene Arbeitsstiefel. Ich nahm lautlos einen in die Hand. Er hatte ein ansehnliches Gewicht, wie mir jetzt erst auffiel.
»Wenn du für den zweiten Schuss noch ein bisschen warten willst, nehme ich inzwischen noch eine Mütze voll Schlaf«, sagte ich.
Ich hoffte, er würde jetzt etwas sagen und mir damit seinen Standort ein bisschen genauer kundtun. Aber der unheimliche Kerl tat mir den Gefallen nicht.
Auf meiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen.
Plopp!
Die nächste Kugel bohrte sich nicht gerade leise in den Fußboden auf der anderen Bettseite. Dicht an der Ecke des Kleiderschranks war ein winziger Strahl Mündungsfeuer aus dem Schalldämpfer gekommen. Wenn der Kerl auf den Gedanken kam, in die Knie zu gehen und dicht über dem Fußboden zu schießen, hatte er gute Aussichten, mich zu erwischen.
»Morgen früh habe ich den Ärger mit meiner Wirtin wegen des Lochs im Teppich«, sagte ich. »So was tut man doch nicht.«
Ein leiser Schnaufer wurde hinter dem Kleidetschrank laut. Dann sagte eine flüsternde Stimme: »Du bist der kaltschnäuzigste Hund, den man sich denken kann. Aber ich treffe dich noch!«
»Zum Fünfuhrtee im Astoria«, erwiderte ich grimmig.
Aber zugleich gab es abermals ein leises Plopp und eine Kugel zischte glutheiß und höchstens eine Handbreit neben meinem Kopf vorbei. Unwillkürlich fuhr ich zusammen. Jetzt wurde es mehr als brenzlig. Er war in die Hocke gegangen.
Ich schob mich langsam und geräuschlos auf das Fußende des Bettes zu. Er hoffte, dass er getroffen hätte, wagte sich aber noch nicht hinter dem Schrank hervor. Dafür fragte er in seiner sehr leisen Art: »Gefällt dir’s unterm Bett?«
Ich schob mich den nächsten Zoll voran und hielt den Mund. Er wartete eine Weile und fragte dann: »Wie wär’s mit der nächsten Kugel?«
Ich stemmte mich hoch, schob mich ein Stück weiter, ließ mich zurückgleiten auf den Boden und holte den Schuh nach. Dasselbe Manöver wiederholte ich ein bisschen schneller noch zweimal, dann lag ich im rechten Winkel zum
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