0273 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie
Bett, und zwar genau unten am Fußende.
Bisher hatte er dreimal geschossen. Die Frage war, ob er eine Waffe mit sechs, neun oder dreizehn Schuss besaß.
Inzwischen hatten sich auch meine Augen etwas mehr an die Finsternis gewöhnt, und es schien jetzt nicht mehr undurchdringliche Schwärze in meinem Zimmer zu herrschen, sondern nur eine Art sehr düsteres Zwielicht. Undeutlich nahm ich die Umrisse einzelner Möbelstücke wahr.
Ich starrte hinüber zum Kleiderschrank, und allmählich war es mir, als könne ich den schemenhaften Umriss einer hockenden Gestalt daneben wahrnehmen. Ganz langsam hob ich den Schuh.
Wieder machte es Plopp, wieder zischte die Kugel unter dem Bett hindurch, und abermals gab es einen winzigen Strahl vom Mündungsfeuer. Aber diesmal war ich in der besseren Position. Der Augenblick des Mündungsfeuers zeigte mir schwach den Oberkörper des Burschen. Ich warf mich mit der ganzen Wucht, die ich meinem ungewöhnlichen Geschoss verleihen konnte, vor.
Er stieß einen halblauten Schrei aus und verlor offenbar das Gleichgewicht, denn es polterte stärker, als wenn nur der Schuh zu Boden gefallen wäre. Aber da war ich auch schon über ihm.
Meine Hände glitten schnell über seine Kleidung, und auf einmal hatte ich seine Hand mit der Pistole erwischt. Ich packte zu wie mit eisernen Krallen, riss die Hand nach meiner linken Seite hin weg und schlug sie mit demselben Schwung auf die hochgerissene Kniescheibe.
Er keuchte, versuchte, nach mir zu treten, stöhnte und schlug mit der freien Hand. Ich holte noch einmal aus und krachte mir sein Handgelenk auf die Kniescheibe, dass es mich selbst siedendheiß durchfuhr. Aber dafür erzielte ich jetzt das gewünschte Resultat: Die Pistole fiel polternd auf den Teppich, der billig und nicht dick genug war, als dass er ein solches Geräusch völlig verschluckt hätte.
Ich stieß mit dem rechten Fuß ein bisschen um mich herum, spürte mit den Zehen die Pistole und gab ihr einen kräftigen Stoß, der sie quer durch das Zimmer schleuderte. Aufatmend ließ ich ihn einen Augenblick los und sprang zur Tür, die sich nur zwei Yards neben dem Kleiderschrank befand. Und dort war auch der Lichtschalter.
***
Die jähe Helligkeit blendete ihn wie mich für eine Sekunde. Dann sah ich ihn. Es war offenbar der Kerl, der sich 28 in meiner Abwesenheit nach mir erkundigt hatte. Und gesehen hatte ich ihn wirklich noch nie vorher.
Er kam in der Nische zwischen Kleiderschrank und Zimmerecke hoch. Sein Gesicht hatte sich verzerrt. Quer über der Nase war ein Hautriss, aus dem ein bisschen Blut sickerte. Anscheinend hatte ihn dort mein Schuh getroffen.
Seine Augen waren hellgrau, beinahe farblos. Aber als er sich erhob, zogen sich die Lider zusammen, bis sie nur noch zwei schmale Schlitze freiließen, in denen Mordgier funkelte.
Wer auch immer er sein mochte, eins stand fest: Wir hatten uns nie vorher gesehen. Also konnten es kaum persönliche Motive sein, die ihn dazu trieben, mich zu ermorden. Wahrscheinlich war er einer von den seltenen und trotzdem noch viel zu häufigen Zeitgenossen, die gegen Bezahlung morden. Ein Killer.
»Du kommst hier nur in Handschellen raus«, sagte ich und ließ langsam die Hand vom Lichtschalter sinken. »Nur in Handschellen, das schwöre ich dir.«
Seine rechte Hand fuhr in die Jackentasche. Erst jetzt fiel mir auf, dass er einen schwarzen Anzug trug und ein sehr dunkles Hemd. Seine Hand kam wieder zum Vorschein, den Griff eines Schnappmessers fest umklammernd.
»Abwarten«, sagte er.
Jetzt klang seine Stimme schrill und hoch. Ich ließ ihn nicht aus den Augen, während ich den ersten Schritt auf ihn zumachte.
Mit einem scharfen, unheimlichen Geräusch schoss die Klinge aus dem Heft. Es war eine zweischneidige, lange, sehr schmale und spitz ausgezogene Klinge.
In der Nische durfte ich ihn nicht angreifen. Es war zu wenig Platz darin, als dass man gegen sein Messer wirksam hätte kämpfen können. Also musste ich ihn herauslocken. Ich wusste auch schon, wie ich es tun würde.
Er stand jetzt völlig aufgerichtet und mit leicht gespreizten Beinen. Ich tat den nächsten Schritt. Mein Schuh, den ich geworfen hatte, lag jetzt in der Mitte zwischen uns beiden. Ich machte einen weiteren Schritt und bückte mich, aber ich warf fast gleichzeitig den Kopf in den Nacken.
Er kam, wie ich es mir gedacht hatte. Mit weit ausholendem Arm. Das Messer blitzte. In vorgebeugter Stellung drehte ich mich weg, als sein Arm herabkam.
Ich verlor das
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