0273 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie
schob mir eine Zigarette hinters Ohr und nahm die Zeitung zur Hand. Es musste etwas über die Ermordung des Mädchens drinstehen, von der mir unser FBI-Arzt erzählt hatte.
***
Vorerst kam ich allerdings nicht dazu, die entsprechende Seite zu suchen. In der Ferne tauchten zwei Gestalten auf, die mir nicht mehr unbekannt waren: der große Blonde und der kleine Schwarzhaarige. Als sie mich erkannten, blieben sie stehen und sprachen in einiger Entfernung eine Weile miteinander. Ich faltete bedächtig 44 meine Zeitung wieder zusammen und bereitete mich auf ein festliches Wiedersehen vor.
Sie kamen heran und blieben auch prompt vor mir stehen.
»Scheint, dass die Abreibung von gestern nichts genützt hat«, knurrte der Blonde.
»Ich hab dir’s gleich gesagt«, grinste der Kleine und schien fast zufrieden.
»Halt’s Maul, Lacher«, sagte der Blonde grob und wandte sich wieder an mich. »Wenn du nicht in fünf Minuten hier verschwunden bist, gehen wir noch mal zusammen auf die Lichtung im Park.«
»Dann gehen wir besser gleich«, erwiderte ich ruhig.
»Du willst also nicht von hier verschwinden?«
»Nein, ich will nicht.«
Für einen Augenblick schien er ratlos zu sein. Anscheinend hatte er so felsenfest an die Wirkung dessen geglaubt, was er ›eine Abreibung‹ nannte, dass er sich gar keine Gedanken darüber gemacht hatte, was er tun sollte, wenn sie eben doch nicht wirkte. Aber dann zuckte er die Achseln und wollte mich am Ellenbogen packen.
Ich trat einen Schritt zurück und sagte ruhig: »Fass mich nicht an, Bubi! Meine Geduld ist heute wesentlich kleiner als gestern.«
Er wollte etwas erwidern, bekam aber von dem Schwarzhaarigen einen Rippenstoß. Der Kleine machte den Großen mit einer ungeduldigen Kopfbewegung auf etwas aufmerksam. Ich folgte ihrer Blickrichtung.
Ein älterer College-Professor kam des Weges. Neben ihm ging die kleine Blonde, die gestern bei mir Zigaretten gekauft hatte. Sie sah frisch und knusperig aus, aber das Gift würde sie ruinieren, wie alle Süchtigen, wenn sich das Mädchen nicht von dem Laster befreite.
»Ah, Seratti und Snewdon«, sagte der Professor. »Sie werden zu spät zum Unterricht kommen, wenn Sie sich noch lange aufhalten. Ich an Ihrer Stelle würde mich sehr schnell in Bewegung setzen.«
»Wir gehen ja schon«, knurrte der Blonde, während der Schwarzhaarige nur grinste. Sie setzten sich in Bewegung, aber der Blonde vergaß nicht, mir rasch zuzuraunen: »In einer Stunde sprechen wir uns wieder!«
»Vergiss es nur nicht«, erwiderte ich ebenso leise und war Sekunden später wieder allein.
***
Sobald mein Bericht im Distriktgebäude eingetroffen und von unserem Chef gelesen worden war, würde er vielleicht die heimliche Beobachtung der beiden jungen Burschen anordnen. Immerhin kannten wir jetzt schon zwei von der Bande, die das College seit Monaten mit Marihuana-Zigaretten belieferte. Es konnte der Anfang sein, der uns nach und nach die anderen Bandenmitglieder zeigte. Aber darüber hatte der Chef zu befinden.
Meine Aufgabe war diesmal in einem viel kleineren Rahmen. Ich sollte nichts als Konkurrenz machen und dadurch die Bande aus ihrer Reserve locken. Für den Fall, dass mich die Bande beobachten ließ, war mir strikt untersagt worden, direkte Verbindung mit dem FBI aufzunehmen. Die entscheidenden Befehle in dieser Sache mussten also entweder von Phil oder von Mr. High selbst kommen.
Im Grunde kam ich mir diesmal wieder vor wie in meinen schönsten Anfängerjahren: Ich hatte eine bestimmte Aufgabe, aber ich wusste ziemlich wenig von den ganzen Zusammenhängen.
Während mir diese und ein paar andere Gedanken durch den Kopf gingen, kamen zwei Männer auf mich zu, die ich auf den ersten Blick als Detectives einstufte. Ich weiß nicht, woran es im Einzelnen lag, aber ihr Gesamteindruck ließ in mir keine Sekunde Zweifel offen.
»Bleib schön hier, Kleiner«, sagte der Linke, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Du bist doch der Bursche, der heute Nacht umgelegt werden sollte, nicht wahr? Durch den Schalldämpfer-Killer aus Chicago, nicht wahr?«
»Stimmt!«
»Tut mir leid, aber du musst noch mal mit zum Revier. Da ist eine Formsache mit dem Protokoll zu erledigen.«
»Na schön«, sagte ich und gab mich geschlagen. Mein Hauptgeschäft würde ja doch erst am Nachmittag einsetzen.
In der nächsten Querstraße, hatten sie einen Wagen stehen. Das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen. Aber mit meinem Kopf war an diesem Morgen nicht viel los. Ich fuhr
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