0274 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie

vertuschen, was für ein erbärmlicher Mitmensch er ist.
    »Ja?« schnappte der Gangster hastig. »Reden Sie weiter, G-man! Wir beide kommen ins Geschäft, das verspreche ich Ihnen!«
    »Ich will ehrlich sein«, sagte Phil sehr überzeugend. Ich mußte beinahe wieder grinsen, denn das sagen wir meistens dann, wenn wir anfangen, das Blaue vom Himmel herunterzulügen. Aber inzwischen hatte Phil schon weitergesprochen: »Auch bei uns bestehen gewisse Zweifel, ob Sie Molnar getötet haben könnten.«
    »G-man, ich schwör's Ihnen: Ich war es nicht! Ich habe nicht einmal etwas davon gewußt! Glauben Sie es mir! Ob Molnar mich nun eingeseift hat oder nicht, ich hielt ihn für einen Landsmann, für einen Freund! Ich hätte ihn nie ‘reingelegt! Jedenfalls nicht so — so endgültig. Ich habe eine Menge auf dem Kerbholz, verdammt ja, aber ich habe noch nie einen umgelegt, G-man, und ich werde es auch nie tun. Ich kann so was nicht. Dazu bin ich nicht der Typ.«
    »Bevor wir Ihnen das glauben, Horcombe«, schaltete ich mich finster ein, »müßten Sie schon ein bißchen redseliger werden. Und zwar in einer ganz bestimmten Richtung. Wir sind nicht gekommen, weil wir uns stundenlang Ihre Unschuldsbeteuerungen anhören wollen. Wir wollen Facts, Tatsachen, nachprüfbare und beweisbare Tatsachen, Wenn Sie damit aufwarten können, werden wir sehen, was wir für Sie tun können. Wenn nicht — da ist die Tür, und wir haben noch viel zu tun.«
    »Bleiben Sie hier!« rief er schnell und, griff sogar nach meinem Ärmel. »Ich will ja auspacken! Alles! Deswegen habe ich doch nach Ihnen verlangt!«
    »Dann wollen wir der Reihe nach vorgehen«, schlug Phil vor. »Sonst schwatzen wir heute abend noch durcheinander.«
    »Ganz wie Sie wollen«, seufzte Horcombe erschöpft.
    »Seit wann stecken Sie in dieser Marihuana-Sache drin, Horcombe?« begann Phil.
    »Seit ungefähr vier Monaten.«
    »Woher kriegen Sie die Rauschgiftzigaretten?«
    Horcombe seufzte.
    »Ich fürchte, G-man, jetzt werden Sie auch anfangen, mir nicht mehr zu glauben, dabei sage ich Ihnen' die reine Wahrheit. Ich habe keine Ahnung, woher das Zeug kommt.«
    »Aber irgendwoher müssen Sie es doch kriegen!«
    »Sicher, G-man. Nur wird die Wahrheit nicht gerade Ihre Neugierde befriedigen. Ich muß jede Woche einmal zum Central gehen —«
    Ich unterbrach:
    »Sie meinen den Central Park?«
    »Nein, ich meine die Grand Central Station. Den Bahnhof. Hier, was ist das nach Ihrer Meinung?«
    Er hielt mir einen kleinen Schlüssel hin.
    »Es könnte der Schlüssel für eines der Gepäck-Schließfächer im Bahnhof sein.«
    »Genau. B 217, wie Sie sehen,«
    »Und aus diesem Fach holen Sie allwöchentlich die Marihuanas?« fuhr Phil fort. '
    »Ja.«
    Phil sah mich an. Ich zuckte die Achseln. In diesem Fall hielt ich allmählich alles für möglich.
    »Hören Sie mal, Horcombe!« mahnte Phil. »Fangen Sie ja nicht an, uns Bären aufzubinden! Wollen Sie im Ernst behaupten, daß Sie wöchentlich einmal aus demselben Schließfach eine Ladung Marihuana abholen?«
    »Verdammt, G-man, das ist die Wahrheit, ob Sie's nun glauben oder nicht.«
    »Horcombe, das würde ja bedeuten, daß alle sechs Stunden jemand an das Schließfach gehen und die nächste Münze einwerfen müßte! Nach sechs Stunden läuft die Benutzungsdauer ab!« Horcombe sah uns verblüfft an. »Donnerwetter!« staunte er. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber Sie haben recht! Nur so ist es möglich, das Fach pausenlos für sich in Anspruch zu nehmen! Es muß jemand alle sechs Stunden eine neue Münze einwerfen.«
    »Wir werden das natürlich nachprüfen«, sagte Phil. »Jetzt erst einmal weiter: Wie ist das Rauschgift verpackt?«
    »Das ist ganz verschieden. Mal in einem großen Karton, mal in dicke Lagen Packpapier eingewickelte kleinere Pakete. Zweimal stand auch schon ein alter Koffer im Fach, einmal ein mit Kette und kleinem Schloß gesicherter großer Camping-Beutel. Eigentlich sieht der Kram jede Woche anders aus.«
    »Wie haben Sie denn das Schloß am Campingbeutel aufgekriegt?« warf ich mißtrauisch ein.
    Horcombe zuckte die Achseln:
    »Was sollte ich denn machen? Einen Schlüssel für das Schloß hatte ich nicht erhalten. Also habe ich mit einer Zange die Kette durchgekniffen. Das war nicht allzu schwer.«
    »Und wieviel Zigaretten bekamen Sie zum Schluß?« fragte Phil.
    »Pro Woche vierundzwanzigtausend.« Uns blieb die Luft weg.
    »Mein lieber Mann«, sagte Phil gedehnt. »Das wird Ihnen eine hübsche Anzahl