0278 - Kein Job für Gorillas
»Ich protestiere gegen Ihre Art, Fragen zu stellen, Leutnant. Sie beeinflussen den Mann zu unseren Ungunsten.«
Don und Harry wechselten Blicke miteinander. Don kaute auf seinen Fingerknöcheln, und Harry kratzte sich den Kopf.
Die flinken Augen des Schakalgesichts blickten von einem zum anderen. Ganz offensichtlich überlegte der Mann, auf welche Seite er sich schlagen sollte.
Evelyn Teen sah den Nachtportier kühl und scheinbar ausdruckslos an, und doch glaube ich, daß es der Blick der Frau war, der es dem Schakalgesicht geraten erscheinen ließ, bei der Stange zu bleiben.
»Ich kann nichts sagen«, kreischte er mit überkippender Stimme.
Raders Mund krümmte sich vor Verachtung.
»Sie scheinen nicht zu wissen, daß Sie sich der Beteiligung an einem der schwersten Verbrechen schuldig gemacht haben: Menschenraub. Wenn wir den Fall ohne Ihre Mithilfe aufklären, wird das Gericht keine Milde kennen.«
Der Mann trat von einem Fuß auf den anderen.
»Wirklich, ich weiß nichts, Leutnant. Sie haben mich niedergeschlagen. Sie trugen Masken. Es ging alles so schnell. Ich weiß nichts, ich schwöre es!«
»Bringen Sie den Kerl raus!« befahl Rader leise, aber ich konnte seinem Gesicht ansehen, daß er ahnte, er würde eine Niederlage hinnehmen müssen.
Unmittelbar, nachdem der Nachtportier den Raum verlassen hatte, kam der Cop mit Roger Blyth zurück.
Don konnte sich nicht beherrschen und sprang aus seinem Sessel auf.
Blyth bemerkte es mit einem Seitenblick. Das ironische Lächeln um seinen Mundwinkel verstärkte sich um eine Spur.
Vor Leutnant Rader blieb Fruth' Feind stehen. Er überragte den Leutnant fast um einen Kopf.
»Sie sind eine unbekannte Größe in Bedford, Roger Blyth«, sagte Rader. »Sie haben keine Vorstrafen, und ihre Papiere scheinen in Ordnung zu sein. Trotzdem halte ich Sie für einen Gangster, der in dieser Stadt seine Chance sucht. Okay, ich gebe Ihnen diese Chance, eine vorläufige Chance. Wollen Sie nicht Matthew Fruth erledigen? Sie können es haben, ohne sich dabei selbst die Hände schmutzig machen zu müssen. Sie brauchen nur zuzugeben, daß Sie mit Fruth Streit hatten, und daß Sie in einem dieser Männer einen der Burschen erkennen, die in der letzten Nacht in Ihr Zimmer eindrangen.«
Blyth' kalte graue Augen richteten sich auf Matthew Fruth. Der Bedforder Gangster-Boß wischte sich mit einer fahrigen Bewegung den Schweiß von der Stirn.
Ich begriff Leutnant Raders Plan. Wenn er mit Blyth als Zeugen nur einen von Matthews Leuten hinter Gittern bringen konnte, so würde er damit einen Hebel in die Hand bekommen, mit dessen Hilfe er die Fruth-Gang auseinanderbrechen konnte. Roger Blyth war als Zeuge geradezu ideal, da er sich von Fruth nicht würde einschüchtern lassen.
Blyth' Gesicht verriet nicht, welche Gedanken er hinter seiner Stirn bewegte. Einzig an seinem Lächeln war zu erkennen, daß es ihm Spaß machte, Matthew sich vor Angst winden zu sehen.
Das Schweigen hing lähmend im Raum. Evelyn Teen brach es. Sie stand von der Sessellehne, auf der sie wie gewöhnlich saß, auf, ging auf Blyth zu und sagte:
»Ich habe einiges von Ihnen gehört, Roger! Sie sehen so aus, als wäre es nicht übertrieben gewesen.«
»Danke!« antwortete der Blonde knapp.
»Mischen Sie sich nicht in das Verhör, Miß Teen«, rief Rader.
Roger Blyth und die Frau sahen sich genau in die Augen. Der Ausdruck ihrer Gesichter veränderte sich nicht, und doch schien es mir, als wäre in dieser Sekunde ein Einverständnis zwischen ihnen entstanden, das mehr bedeutete als ein ganzer Vertrag mit vielen Paragraphen. Ich fürchte, ich verstehe nicht genug von .Frauen, um Ihnen mit Sicherheit erklären zu können, was in dieser kurzen ersten Begegnung in Evelyn Teen vor sich ging, aber ich nehme an, daß sie sich in ihn verliebt hatte.
Blyth wandte sich dem Leutnant zu. »Tut mir leid«, sagte er nachlässig, »aber ich kann Ihnen nicht helfen. Ich erkenne niemanden wieder.«
Nur mühsam beherrschte sich Rader. »Blyth«, sagte er, »überlegen Sie sich Ihre Aussage besser. Auf dem Fltir brannte die Nacht'beleuchtung. Sie haben den Männern gegenübergestanden. Sie müssen sie erkannt haben.«
»Ja«, antwortete der andere, »aber von denen hier war es keiner.« Matthew Fruth schnitt das dämlichste Gesicht, das ich seit langer Zeit an einem Menschen gesehen hatte. Er begriff einfach nicht, aus welchen Gründen sein Feind ihn schonte, und er kapierte auch nicht, daß es nur eine Schonung auf Zeit war.
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