0279 - Der Zauberer von Venedig
Wasserwüste ist so schnell nichts auszumachen!«
Wortlos faßten Zamorra und Carsten zu, damit der Körperkontakt wieder zustande kam. Über Pater Aurelians Lippen flossen Merlins Machtworte.
Von einem Augenblick zum anderen umringte sie wieder das flammende Inferno. Doch Aurelians Rechnung war aufgegangen. Carsten Möbius war nicht mehr verschüttet. Sie materialisierten gut vier Meter von der Stelle entfernt.
Im selben Augenblick brach die restliche Decke über dem Schutthaufen zusammen, unter dem der Millionenerbe eben noch gelegen hatte. Heulend rannten die noch in den oberen Stockwerken verbliebenen Monster hin und her. Erst allmählich erstarben ihre Schreie in den Flammen.
Doch Zamorra und Aurelian hatten gesehen, daß genügend Monsterwesen die Flucht nach draußen gelungen war. Wo, um alles in der Welt, sollten sie die Bestien jetzt suchen?
»Wir müssen raus hier!« unterbrach Aurelian Zamorras Gedankengang. »Der Rückweg zum Kanal ist versperrt. Aber dort, wohin Amun-Re geflohen ist, da könnte ein Ausweg sein. Versuchen wir es. Denn für einen zweiten Sprung in die Zukunft habe ich die Kraft nicht mehr.«
Der Meister des Übersinnlichen antwortete nicht. Mit beiden Händen ergriff er das Elbenschwert und schlug damit die herabgestürzten, brennenden Dachbalken des Palazzos aus dem Weg.
So schnell es ging, hasteten sie voran. Überall war das unheilige Wirken Amun-Res zu verspüren. Doch die Flammen drangen schnell voran. Obwohl außerhalb die Feuerhörner gellten, zweifelte Professor Zamorra, daß der Palazzo zu retten war.
Auch die Alchimistenwerkstatt Amun-Res stand bereits in hellen Flammen. Unter dem brennenden Fußboden des Refugiums gurgelte das Wasser der Adria. Da - ein knirschendes Bersten. Eine Handbreit vor Zamorras Füßen sackte der Boden weg. Die unheiligen Gerätschaften von Amun-Re stürzten hinab in die trüben Fluten. Langsam, sich mehrfach um die eigene Achse drehend, trudelte das Spinett hinterher. Ein klirrender Akkord, als die durch das Feuer fast zum Glühen gebrachten Metallsaiten in das kalte Wasser getaucht wurden. Dann sprangen jaulend die Metallfäden, die einst in besseren Tagen zur Freude und Erbauung der vornehmen Gesellschaft von Venedig erklangen. Noch ein gurgelnder Laut - dann war das kostbare Instrument in den Fluten des Meeres verschwunden.
Pater Aurelian riß Professor Zamorra vorwärts…
***
»Ruder herum, Tina. Zamorra funkt höchste Alarmstufe!« rief Sandra Jamis und übertönte dâs Gedröhne des mächtigen Motors. »Die Signale kommen von dort!« Schweigend schob Tina Berner den Motorblock mit der Schiffsschraube herum. Eine mächtige Wasserwand nach sich ziehend fegte das schnittige Motorboot in eine Kurve von hundertachtzig Grad. Sandra Jamis mußte sich eisern festhalten, um bei diesem gewagten Wendemanöver nicht über Bord zu gehen. Doch die Freundin hatte das schnittige Boot voll im Griff.
»Da… In diesen Kanal müssen wir!« wies Sandra Jamis den Weg. Von seemännischen Ausdrücken hatte sie keinen blassen Schimmer. Doch Tina verstand ihre Angaben auch so.
Mit äußerster Kraft rasten sie auf den Kanal zu.
»Sag mal, hältst du dich für James Bond?« fragte Sandra entsetzt, als sie die Enge des Kanals immer näher auf sich zukommen sah.
»Eher für Jane Bond. Immerhin bin ich ein Mädchen!« erklärte Tina Berner mit unbewegtem Gesicht.
Da geschah es. Langsam schob sich aus dem Kanal ein langes Boot hervor. Der Bug war reich verziert. An jeder Seite standen acht Monster und ruderten das lange Gefährt im Takt voran.
Im Bug stand, am wehenden violetten Mantel nur zu gut kenntlich, Amun-Re selbst.
»Beidrehen! Beidrehen!« kreischte Sandra. »Sonst werden wir gerammt!«
Gedankenschnell ließ Tina Berner das Motorboot zur Seite driften. Nur die schäumende Bugwelle hob und senkte das Langboot, das sonst zu den großen historischen Regatten und Prozessionen als besonders schönes Schauobjekt auf dem Canale Grande Verwendung fand.
Doch heute standen nicht die besten Gondolieri am Ruder. Die Monster von Amun-Re trieben auf Geheiß des fürchterlichen Meisters das Gefährt zu einer Fahrt an, die der Geschwindigkeit eines Motorbootes nicht viel nachstand.
»Was sollen wir tun?« fragte Tina Berner Professor Zamorra per Transfunk, nachdem sie die Lage durchgegeben hatte.
»Versucht, ihn zu stoppen!« hörte sie die vertraute Stimme des Parapsychologen durch den Minisender und -empfänger. »Es ist uns gelungen, aus dem brennenden
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