028 - Die Kapuzenmaenner
meine eigenen Probleme habe.“
„Nach dem, was ich bis jetzt von Valerie gesehen habe, frage ich mich, warum sie den Familienvorsitz nicht übernimmt? Sie hat die Kraft ihres Großvaters.“
„Aber sie hat auch meine Schwächen.“ Paul schüttelte den Kopf.
„Ich habe Charlemagne mitgebracht. Wir kamen gerade richtig, um die Dorfbewohner davon abzuhalten, ihn zu töten.“
„Das war Belial. Er haßt Hunde.“
„Ich kann einfach nicht verstehen, warum er sich gegen Valerie stellt. Ein Hund tut doch so etwas normalerweise nicht ohne Grund. Was ist da geschehen?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Da mußt du Val fragen.“
„Wird sie es mir erzählen?“
„Ich weiß es nicht. Alles was ich dir sagen kann, ist das, was mich betrifft. Ich habe kein Recht, für Valerie und Großvater zu sprechen.“
Er begann, vor dem Feuerplatz hin und her zu gehen. Es war, als ob er die Mauer des Schweigens zu durchbrechen versuchte, hinter der er sich so lange versteckt hatte. Campion verhielt sich ruhig. Schließlich setzte sich Paul auf das Sofa. „Ich war dafür verantwortlich, daß Valerie mit dir gebrochen hat. Ich bekam eine Krankheit, die seit jeher in der Familie grassiert. Sie hatte Angst und wagte nicht, dich zu heiraten aus Besorgnis, ihre Kinder könnten das Übel erben. Wir kamen hierher, weil dies seit Generationen das Refugium der Dillons gewesen ist. Sie konnten sich hier verstekken, wenn es notwendig wurde.“
Ungeduldig bemerkte Campion, daß Paul ihm eigentlich nichts Wesentliches sagte, sondern nur die Oberfläche ankratzte.
„Ich war fast vier Jahre lang krank. Großvater behandelte mich, und meine Krankheit verschwand. Ich wurde wieder ich selbst. Valerie wurde rastlos und unzufrieden hier. Als es schien, daß ich wieder in Ordnung sei, beschlossen wir, eine Weltreise zu unternehmen. In Indien gingen wir auf Tigerjagd. Ein großes Tier war bösartig geworden und bedrohte einige kleiner Orte. In der Nacht vor unserer Ankunft hatte es eine Frau gerissen.
Wir verbrachten die Nacht nahe seiner Fährte. Eine Stunde vor Sonnenaufgang brachen wir auf. Ich war solange eingesperrt gewesen – auch die lange Schiffsreise hatte auf mich nicht anders gewirkt – daß ich mich nicht zurückhalten konnte.
Ich ging der Gesellschaft voraus, nicht im Traum daran denkend, daß das Tier nahe war. Auf einem Pfad kam es geradewegs auf mich zu. Ich geriet in Panik. Das riesige Tier fixierte mich mit seinen großen, grünen Augen. Ich ließ mein Gewehr fallen und stand, wie festgebannt, unfähig zu schreien. Ich sah dem Tod ins Gesicht und zum erstenmal seit Jahren wollte ich leben! Die Augen schienen mich förmlich einzuschließen. In ihren Tiefen glänzte ein Funke Höllenfeuer. Ich weiß nicht, wie lange ich so stand und was dann passierte. Valerie sagte später, daß sie mich schreien hörte. Ich weiß nur, daß ich flach auf dem Rücken lag, unfähig mich zu bewegen, und doch sehr lebendig. Ich konnte sogar einen Stein fühlen, der sich in meinen Rücken bohrte. Die Sonne schien mir heiß ins Gesicht, und ein leiser Windhauch strich durch mein Haar. Ich schwöre dir, das Tier hielt mich zum Narren, als es über mir stand. Das war keine normale Katze, sondern ein Wesen mit der Weisheit und Bosheit eines uralten Teufels. Langsam nahm es meinen linken Arm zwischen seine Zähne und schloß das Maul. Ich fühlte keinen direkten Schmerz, sondern nur wie seine Zähne sich in mein Fleisch bohrten, daran zerrten und den Knochen zerbissen. Das Blut begann in Strömen zu fließen. Dann hörte ich aus nächster Nähe einen Schuß. Ich fiel in Ohnmacht und wachte in einem Krankenhaus in Rangoon wieder auf.“ Paul schwieg, einen seltsam abwesenden Ausdruck im Gesicht.
Campion erkannte die klassischen Symptome von Hysterie und wußte, daß er sehr vorsichtig sein mußte, wenn er weitere wichtige Inforrnationen von ihm bekommen wollte. „Ist dein Arm für dauernd gelähmt?“ fragte er schließlich.
Paul lächelte mit einer bitteren, kläglichen Grimasse. „Ein paar Operationen könnten ihn vielleicht wieder in Ordnung bringen, zumindest teilweise“, antwortete er.
„Und warum läßt du sie nicht vornehmen?“
„Glaubst du etwa, ich möchte nicht wieder ein ganzer Mensch sein? Ich will schon, aber ich kann nicht. Ich kann mich nicht in einem Krankenhauseinschließen lassen.“
„Es gibt Mittel gegen die Schmerzen.“
„Das ist es nicht, Eric. Aber meine alte Krankheit ist wieder ausgebrochen. Ich kann in kein
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