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028 - Zimmer 13

028 - Zimmer 13

Titel: 028 - Zimmer 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Scheine«, sagte er anerkennend und gab die Banknote sichtlich widerstrebend zurück.
    Emanuel nahm sie in Empfang.
    »Wenn ein Mann in Schwierigkeiten ist, frage ich nicht, wer oder was er ist. Ich frage nur: Können Ihnen ein oder zwei Tausender nützlich sein?«
    »Können sie es?«
    »Können sie was?« erkundigte sich, aus dem Konzept gebracht, Emanuel.
    »Können sie ihm denn nützlich sein?« wiederholte Mr. Reeder.
    »Aber natürlich können sie das«, versicherte Legge. »Ein Gentleman kann sich in noch so großer Bedrängnis befinden, die Hauptsache ist, daß er im entscheidenden Augenblick ein paar Tausender zur Verfügung hat, die ihn vor einem Skandal bewahren. Kein Gericht wird ihm dann etwas anhaben können.«
    »Sehr richtig, sehr richtig!« Mr. Reeder schien aufs tiefste gerührt. »Ich hoffe, daß Sie diese klugen und originellen Ansichten auch Ihrem Sohn vermitteln. Er kann wirklich von Glück reden, so einen Vater zu haben!«
    Emanuel verwünschte ihn im stillen.
    »Zweitausend Pfund?« fragte Reeder nach einer Weile, in Gedanken. »Nun, wenn Sie fünftausend gesagt hätten ...«
    »Ich sage fünftausend«, unterbrach Emanuel eifrig. »Auf eine Kleinigkeit soll es mir nicht ankommen.«
    »Wenn Sie fünftausend gesagt hätten«, fuhr Mr. Reeder fort, »so hätte ich gewußt, daß dreitausend - falsches Geld sind. Sie haben nämlich heute morgen von der City and Birmingham Bank nur zweitausend, in lauter Hundertpfundscheinen, Serie G. I. 19721 bis 19740, abgehoben. Wenn ich mich irre, korrigieren Sie mich. Sie könnten natürlich noch echtes Geld in Ihrem kleinen Hotel gehabt haben, vielleicht hat Ihnen auch Ihr Sohn dreitausend als eine Art Hochzeitsgeschenk in die Hand gedrückt. Aber nein, nein, ich vergaß, ein junger Ehemann macht keine Hochzeitsgeschenke, er bekommt welche, nicht wahr? Wie töricht ich bin! Stecken Sie Ihr Geld ein, Mr. Legge. Kennen Sie Hilly Fields? Ein entzückender Ort. Sie müssen einmal am Sonntag zum Tee kommen, dann gehen wir zusammen hin. Ja ...«
    Er hustete und rieb sich die Nase mit seinem langen Zeigefinger.
    »Was die gerichtlichen Vorladungen betrifft - sie wurden ausgefertigt, um Sie zu veranlassen, herzukommen. Ich wollte Sie so gerne sehen und wußte, daß Sie der Lockung meines Geldmangels kaum widerstehen könnten.«
    Emanuel Legge saß sprachlos da.
    »Kennen Sie einen Mann namens Golden?« fragte Reeder. »Ach ja, das war vor Ihrer Zeit. Haben Sie je von ihm gehört? Er war mein Vorgänger. Er sagte immer: ›Sobald ich schrieb, erschien der Dieb‹ - töricht, nicht wahr? Guten Tag. Mr. Legge! Sie werden doch hinunterfinden?«
    Reeder senkte den Kopf und vertiefte sich in die Arbeit, die sein Besucher unterbrochen hatte.
    »Ich möchte nur noch eines sagen, Mr. Reeder ...« Legge hatte sich erhoben.
    »Sagen Sie es meiner Haushälterin«, flehte Reeder, ohne aufzusehen. »Sie hört furchtbar gern Geschichten - guten Tag, Mr. Legge!«

9
    Emanuel Legge kehrte ins Bloomsbury Hotel zurück, wo er logierte. Kein Brief war für ihn da, kein Besucher hatte nach ihm gefragt. Sieben Uhr. Ob Jeff seine Ungeduld gemeistert hatte? Er mußte ihn warnen. Jonny Gray war tot oder lag in einem Krankenhaus, kam jedenfalls nicht mehr in Betracht, und Peter Kane konnte im Augenblick schwerlich etwas ausrichten. Mr. J. G. Reeder beschäftigte Emanuels Gedanken weit mehr. Dieser langweilige Geheimagent mit der kläglichen Stimme, seine überraschenden Sachkenntnisse und unaufhörlichen Anspielungen auf Jeffrey, machten ihn sehr unruhig. Jeff mußte England verlassen, solange es noch Zeit war. Wenn er nicht so ein Narr gewesen wäre, hätte er schon an diesem Abend die Reise antreten können. Jetzt war es unmöglich.
    Peter war nicht im Carlton gewesen, sonst hätten die dort aufgestellten Beobachter etwas von sich hören lassen. Wenn Emanuel nicht die beunruhigende Unterhaltung mit Reeder gehabt hätte, wäre er Peters wegen besorgter gewesen, denn Peter Kane war dann am gefährlichsten, wenn er zu zögern schien.
    Um acht Uhr abends brachte ein Knabe einen Brief ins Hotel. ›E. Legge‹ stand auf dem schmutzigen, abgegriffenen Umschlag. Emanuel nahm den Brief mit in sein Zimmer hinauf und schloß erst die Tür ab, bevor er ihn öffnete. Er kam von einem in alles eingeweihten Gehilfen Jeffs, dem ersten Adjutanten des ›großen Druckers‹, einem unbedingt zuverlässigen, aber ungebildeten Mann. Sechs eng beschriebene Seiten, voll von Fehlern und Tintenklecksen - Emanuel

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