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028 - Zimmer 13

028 - Zimmer 13

Titel: 028 - Zimmer 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Vielleicht war es der Reiz des Spiels - nein, nein, das war es nicht! In den nächsten Tagen will ich Ihnen erzählen, warum ich den Pfad der Tugend verlassen habe. Es ist eine lange, merkwürdige Geschichte.«
    Sie kam nicht mehr auf diesen Punkt zurück und war beim Lunch so fröhlich wie immer. Mit Befriedigung bemerkte Jonny, daß sie den Trauring aus Platin abgelegt und dafür einen einfachen, schmalen Goldring mit einem Türkis am Finger hatte. Als er sie zum erstenmal an einem ländlichen Wohltätigkeitsfest traf, hatte er ihr diesen Ring - gewonnen beim Wettschießen, das zum Festprogramm gehörte - geschenkt, und er war mit dem gleichen harmlosen Übermut angenommen worden, mit dem er dargeboten wurde. Nichts hätte Jonny in diesem Augenblick mehr gefreut als der Anblick dieses Ringes an ihrem Finger.
    Nach dem Lunch kam sie wieder auf ernste Dinge zu sprechen.
    »Sie werden doch vorsichtig sein, Jonny, nicht wahr? Papa sagt, daß Jeff Legge Sie haßt. Er ist fest überzeugt, daß Jeffrey und sein Vater vor nichts zurückschrecken, um Ihnen - und mir zu schaden.«
    Jonny beugte sich über den Tisch und dämpfte die Stimme:
    »Marney, wenn die Sache geregelt ist - ich meine, wenn Ihre Ehe gelöst ist, werden Sie mich nehmen? Was ich auch sein mag?«
    Sie sah ihm fest in die Augen und nickte. Es war ein höchst seltsamer Antrag, und Jeffrey Legge, der den beiden vom Bahnhof an gefolgt war und sie jetzt von einem Balkon des Restaurants aus beobachtete, fühlte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg, als er erriet, was diese Szene bedeutete.

20
    Am Donnerstag nachmittag trat Emanuel Legge aus dem Aufzug, nickte Stevens flüchtig zu, ging sogleich den Korridor entlang und schloß die Tür seines Kontors auf. Dort saß er eine halbe Stunde lang, die Hände auf der Schreibunterlage gefaltet, regungslos und in Gedanken versunken vor seinem Tisch. Dann öffnete er das Pult und drückte auf eine seitlich angebrachte Klingel. Kurz darauf erschien der Oberkellner, ein großer Italiener.
    »Fernando, Sie haben alles für das heutige Dinner vorbereitet?«
    »Gewiß, Signor Legge.«
    »Die besten Weine im Haus?«
    »Die allerbesten«, versicherte Fernando lebhaft.
    »Wir sind vier Personen - Major Floyd und ich, Mr. John Gray und Peter Kane.«
    »Die Dame kommt nicht?« fragte Fernando.
    »Nein, sie wird heute abend wohl nicht mit uns speisen.«
    Als der Kellner gegangen war, erhob er sich, verriegelte die Tür und trat vor ein Wandgestell, das ganz verschalt und mit vielen Ziehfächern versehen war. Er öffnete ein Fach, drehte innen an einem Handgriff und zog daran. Das Gestell schwang wie eine Türe auf. Dahinter lag eine schmale Wendeltreppe, die sowohl hinauf- als auch hinabführte. Emanuel ließ die Geheimtür offen und drehte an einem Schalter. Der Treppenschacht wurde hell. Erst zögerte er und überlegte, ob er hinaufgehen sollte, doch dann stieg er abwärts. Am Fuß der Treppe befand sich eine Tür, durch die man ins Kellergewölbe des Hauses gelangte. Als er die Tür öffnete, schlug ihm eine Welle so heißer Luft entgegen, daß ihm der Atem stockte. Das Kellerverlies enthielt einen Tisch, auf den von oben helles Licht fiel, und einen mächtigen Schmelzofen, von dem die unerträgliche Hitze ausströmte. Es war wie ein türkisches Bad, und nach wenigen Sekunden rann ihm der Schweiß von der Stirn.
    Ein breitschultriger, untersetzter Mann saß am Tisch, der außer blauen Hosen aus grober Baumwolle nichts anhatte. Ein dickes Buch lag aufgeschlagen vor ihm. Er war gelbhäutig, ein Mischling. Er hatte sich erhoben und kam jetzt Legge entgegen.
    »Den Ofen angemacht, was, Pietro?« fragte Emanuel milde und nahm die Brille ab, um die Feuchtigkeit, die sich angesetzt hatte, abzuwischen.
    Pietro murmelte etwas vor sich hin, hob einen eisernen Feuerhaken auf und öffnete die Ofentür. Legge hielt schnell die Hände vors Gesicht, um sich vor der herauslodernden Glut zu schützen.
    »Mach zu, mach zu!« rief er ärgerlich.
    In einem Meter Abstand vom Ofen befand sich ein viereckiger Mauervorsprung, der einen Meter über dem Fußboden begann und bis zur Decke reichte. Es sah wie ein Ventilationsschacht aus, diente jedoch einem andern Zweck. Der Schacht führte bis hinauf zum Aufbau auf dem Dach.
    »Du hast doch ein gutes Feuer angemacht, Pietro? Du könntest da drinnen einen Menschen verbrennen, was?«
    »Alles verbrennen«, brummte der Heizer, »nur keinen Menschen.«
    »Du hast wohl Angst, daß ich dir einen Mord anhängen

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