028 - Zimmer 13
Jonny leise, als der Kellner zu ihm trat.
»Auf dem Wasserwege, Jonny? Das ist recht. Ein junger Mann in deiner Stellung muß seine fünf Sinne beisammenhalten. Ich möchte Sekt trinken, Fernando, und ebenso Major Floyd. Nichts stärkt einem den Mut so wie Champagner.«
Peter paßte scharf auf, als der Wein sich schäumend und sprudelnd in die hohen Gläser ergoß.
»Das genügt, Fernando.« Emanuel hob die Hand.
Als die Tür sich hinter dem Kellner schloß, hörte Jonny deutlich, wie auch das Schloß einschnappte.
»Du schließt uns ein?« fragte er amüsiert.
Legge zog die Augenbrauen hoch.
»Euch einschließen? Du bist wohl nicht ganz bei Trost?
Glaubst du etwa, ich wäre besorgt, euch zu verlieren?«
Jonny nahm einen Schluck Wasser aus dem Glas und sah dabei dem Alten scharf ins Gesicht. Was befand sich hinter dem Büfett? Dieser Gedanke machte ihm Kopfzerbrechen. Es war ein gewöhnliches Möbelstück, Mahagoni, massiv, ein wenig schmal. Den ganzen unteren Teil nahm eine Doppeltür ein. War es Einbildung? Er glaubte zu sehen, wie der eine Türflügel sich leicht bewegte.
Emanuel bestritt fast die ganze Unterhaltung.
»Jemals früher im Kasten gewesen, Jonny? Ich weiß natürlich, daß du drei Jahre gekriegt hast, aber war es deine erste Verurteilung?«
»Es war meine erste.«
Der Alte zupfte am Kinn und sah zur Decke hinauf.
»Warst du je in Keytown?« fragte er. »Dich brauch' ich nicht erst zu fragen, Peter. Ich weiß, daß du nie in Keytown gewesen bist.«
»Wir haben anderes zu reden«, wehrte Peter Kane ungeduldig ab. »Ich glaube kein Wort von der Geschichte, daß Lila vorher verheiratet war, wie dein Sohn behauptet. Jedesmal, wenn wir von dieser Sache sprachen, habt ihr mich glatt belogen. Ich will dir einen Wink geben, Emanuel. Du hast dich wie ein Schwein benommen und warst dem Tode näher, als du ahntest. Wenn euer Plan gelungen wäre, hätte ich dich ...«
Emanuel lachte spöttisch.
»Peter wird auf seine alten Tage ein Revolverheld. Nach all den Lehren, die du mir gegeben hast! Du erstaunst mich sehr, Peter! Jetzt will ich dir sagen, was ich vorhabe.« Er stützte die Ellbogen auf den Tisch, beugte sich vor und starrte durch die scharfen, dicken Brillengläser auf sein Gegenüber. »Nach meiner Rechnung schuldest du mir vierzigtausend Pfund. Ich bin darauf gefaßt, daß ich sie mir nicht ohne Kampf verschaffen kann. Zahle das Geld freiwillig, und ich mache der Frau meines Sohnes keine Schwierigkeiten.«
»Laß das aus dem Spiel!« unterbrach Jeffrey seinen Vater heftig. »Ich lasse mir Marney für kein Geld nehmen. Laßt euch das gesagt sein.« Seine Hand fiel krachend auf den Tisch. »Sie gehört mir, und ich will sie haben. Ja, ich werde sie mir sogar holen!«
Jonny rückte ein wenig vom Tisch ab und faltete die Arme auf der Brust. Seine rechte Hand langte nach dem Revolver, den er unter der Achselhöhle trug. Es war ein kleiner Browning, seine Lieblingswaffe in kritischen Momenten dieser Art. Der eine Flügel am Büfett hatte sich nämlich wieder bewegt, und er wußte genau, daß die Zimmertür abgeschlossen war. Das ganze Gerede von Marney war nur ein Vorwand gewesen, um ihre Aufmerksamkeit abzulenken.
Schon längst hätten die Teller weggeräumt und der nächste Gang erscheinen müssen. Aber bei diesem Dinner sollte es keinen zweiten Gang geben.
Emanuel wies seinen Sohn in vorwurfsvollem Ton zurecht:
»Jeffrey, mein Junge, du mußt die Sache nicht verderben. Es ist wirklich ...«
In diesem Augenblick gingen alle Lampen im Zimmer aus. Im Nu war Jonny auf den Beinen, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und fuhr bei ausgestrecktem Arm mit dem Revolver hin und her.
»Was ist los?« rief jetzt Peter Kane. »Wenn ihr ein Spiel beginnt, gibt es im Ernst gleich einen Toten!«
»Ich weiß nicht«, hörte man Emanuel von seinem Platz aus sagen. »Jeff, klingle!«
Es war noch jemand im Zimmer, instinktiv spürte es Jonny. Irgend jemand kam auf ihn zu. Er hielt weiterhin die Hand ausgestreckt, bereit, im Augenblick, wenn sie berührt würde, abzudrücken. Er wartete. Es vergingen noch fünf Sekunden - zehn Sekunden, dann leuchteten die Lampen wieder auf.
Peter stand auch mit dem Rücken an die Wand gelehnt, einen Revolver in der Hand. Jeffrey und sein Vater saßen nebeneinander auf den gleichen Plätzen wie vorher, als das Licht ausging. Keine fünfte Person war im Zimmer.
»Was soll das heißen?« fragte Peter voll Mißtrauen.
»Was für eine Frage, lieber Peter! Du wirst
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