028 - Zimmer 13
will? Nun, du brauchst dir keine Gedanken darüber zu machen. Aber es ist doch heiß genug, um Kupfer zu schmelzen, wie?«
»Daß nichts davon übrigbleibt.«
»Was verbrannt in letzter Zeit?«
Pietro rieb sich die gewaltigen Arme.
»Ja. Sie sind letzten Montag, eine Woche nachdem auf den Chef geschossen wurde, gekommen. Die oben wußten, daß sie kommen würden, und so gab es nichts zu sehen. Der Ofen war beinah ausgegangen.« Pietro schwieg und machte ein verdrießliches Gesicht. »Nur - der Chef hat jetzt angeordnet, daß der Ofen eine Woche lang brennen muß. Das ist recht hart für mich, Mr. Legge. Zuweilen ist es fast zum Sterben, so fürchterlich ist die Hitze.«
»Du kannst nachts weg«, sagte Emanuel, »und es gibt Wochen, in denen du nichts zu tun hast. Ach ja, heute abend brauch' ich dich - hat Mr. Jeff es dir gesagt?«
Als Legge den Heizraum verließ, war ihm, als träte er in einen Eiskeller, so groß war der Gegensatz. Sein Kragen war aufgeweicht, die Kleider klebten ihm am Leib. Er stieg die Wendeltreppe hinauf, an der Tür seines Kontors vorbei, bis zum letzten Absatz, der so klein war, daß sein Fuß kaum Platz darauf fand. Zweimal klopfte er an eine Tür, zu der er keinen Schlüssel besaß. Nach einer Weile ertönte ein Klopfen als Antwort, ein winziges Guckloch öffnete sich, und ein Auge musterte ihn genau.
Endlich ging die Tür auf. Der Mann, der Legge mit freundlichem Grinsen begrüßte, war klein und kahlköpfig. Er mochte etwa sechzig Jahre alt sein. Das Wunderliche seiner Erscheinung lag weniger in der abgetragenen Kleidung und der extremen Kleinheit seiner Gestalt, als in dem goldgefaßten Monokel, das auf seinem rechten Auge eingeklemmt saß.
Ein vergittertes Dachfenster erhellte den Raum. In der Mitte stand ein großer Tisch, der mit allerhand Gegenständen bedeckt war. Darunter befanden sich ein Mikroskop und ein mit schwarzen Fläschchen angefüllter Kasten. Unter einer hellen Lampe war eine längliche Kupferplatte auf dem Tisch befestigt, an der der Graveur gerade arbeitete. Er hielt sein Handwerkszeug noch in der Hand.
»Guten Tag, Lacey. Woran arbeiten Sie?«
»An den neuen Fünfern. Wie ich höre, will Jeff jetzt viel drucken. Und, wissen Sie, er hat Verstand. Andere arbeiten mit der fotografischen Platte. - Sie wissen, was das heißt? Nach hundert Scheinen wird der Druck schlecht, und bevor man weiß, woran man ist, gibt es ein Gerede. Aber Kupferstich bleibt Kupferstich. Ich habe von der neuen Methode nie etwas gehalten. Die ›Kasten‹ sind voll von Burschen, die glauben, mit einer Kamera und einer Zinkplatte Geld machen zu können.«
Es tat Emanuel immer wohl, Jeffreys Lob singen zu hören. Befriedigt betrachtete er die halbvollendete Platte durch seine dicken Brillengläser, und wenn er auch von der Gravierkunst nicht viel verstand, bewunderte er dennoch die feine, exakte Arbeit dieses erfahrenen Notenfälschers.
Links vom Tisch, in einer Nische in der Wand, befand sich eine Öffnung. Es war das Ende des Schachts, der ins Kellergeschoß hinunterführte. Lange bevor die Polizei ins Zimmer eindringen konnte, verschwanden die Beweisstücke im Schacht und wurden unten in der Glut des Ofens verzehrt.
»Das verringert das Risiko sozusagen auf ein Mindestmaß«, sagte Lacey voll Bewunderung. »Für Jeff zu arbeiten, ist ein Vergnügen, Mr. Legge. Er überläßt nichts dem Zufall.«
»Pietro ist doch immer auf seinem Posten?«
»Sehen Sie!« Mr. Lacey nahm eine Platte vom Tisch.
»Die hab' ich heute früh verdorben.« Er trat an die Öffnung heran und streckte eine Hand hinein. Offenbar drückte er auf eine Klingel, denn ein schwaches Signal ertönte. Darauf ließ er die Platte in die Öffnung fallen. »Sie zerrinnt jetzt wie Wasser«, versicherte er. »Eine Panne ist ausgeschlossen, wenn Pietro seine Pflicht tut. Das ist Jeffrey! Großartig. Würden Sie glauben, Mr. Legge, daß ich bis auf den heutigen Tag nicht weiß, wo das Zeug gedruckt wird? Und ich wette, der Drucker hat nicht die leiseste Ahnung davon, wo die Platten hergestellt werden. Selbst in diesem Gebäude hat keiner eine Ahnung davon.«
Von Gefühlen des Vaterstolzes beflügelt kehrte Emanuel in sein Kontor zurück, verschloß sorgsam die Geheimtür und begab sich in die Klubräume hinaus, um nach Zimmer 13 zu sehen. Der Tisch war bereits gedeckt, in der Mitte stand eine große Vase mit herrlichen Rosen. Selten schöne Gläser, wie sie gewöhnliche Klubbesucher nie gesehen hatten, funkelten vor jedem
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