0282 - Amoklauf der Amazone
fällst. Denn sonst werde ich dir vergelten, daß du es wagtest, dich meinem Kampfrausch in den Weg zu stellen!«
Mit beiden Händen schwang sie die Axt über Carsten Möbius, der immer noch vom Schmerz des Magenhiebs halb betäubt war. Doch bevor sie die Waffe herabsausen lassen konnte, fühlte sie, wie der Schaft der Axt umklammert wurde. Herumwieselnd sah sie, daß Glauke in den sausenden Schwung gegriffen hatte, um den Hieb zu verhindern. Ungläubig sah Möbius auf seine Retterin.
»Du wagst es, dich zwischen ihn und mich zu stellen?« knirschte Penthesilea. »Welcher Wahnsinn überkam dich?«
»Der Wahnsinn… Der Wahnsinn, den man Liebe nennt!« stieß Glauke hervor.
»Ich empfinde anders als früher. Ich will… Ich kann nicht mitansehen, wie er getötet wird. Eher sterbe ich mit ihm!«
»Das kannst du gern haben!« kreischte Penthesilea. Mit unheimlicher Kraft riß sie der Kriegerin die Axt aus der Hand.
Ein Stoß mit der Faust warf Glauke neben Carsten Möbius ins Gras. Doch in diesem Moment, als er das Mädchen in Gefahr sah, wich die Benommenheit von Carsten. Elastisch schnellte er seinen Körper empor.
Und er war nicht unbewaffnet. An seiner Hüfte schwang, in die goldverzierte Scheide gesteckt, der Balmung, den Michael Ullich vor seiner Gefangennahme Professor Zamorra zugeworfen hatte.
Tina hatte dem Millionenerben die Waffe überlassen. Und Zamorra war in tausend Kämpfen erprobt und benötigte nicht unbedingt eine weit überlegene Waffe in seiner Hand. Das Kurzschwert, das ihm Agamemnon geschenkt hatte, und die Lanze, die ihm Diomedes großzügig überließ, genügten ihm vollauf.
Der Karfunkelstein am Knauf des Nibelungenschwertes schien Feuer zu versprühen, als Carsten Möbius nach Art der Ninja-Samurai das Schwert aus der Scheide riß.
Er zog nicht, wie die abendländischen Ritter das Schwert zogen, sondern wie man normalerweise einen Dolch herausreißt. Dann schwenkte er aus dem Handgelenk die Klinge, daß sie auf den Körper der Penthesilea zuraste. Nur den fast tierhaften Reflexen der Kriegerin, die in Penthesilea schlummerten, war es möglich, durch schnelles Zurückweichen dem unerwarteten Aufwärtshieb zu entgehen, der sonst zu einem schweren Körpertreffer geführt hätte.
Carsten Möbius drehte die Klinge nach rechts ab, daß sie in blitzendem Kreisbogen nach oben fuhr. Aus der Drehung heraus griff die linke Hand zum überbreiten Heft der Waffe. Von oben herab zischte das Schwert auf die Amazonenkönigin herab.
Bevor das Nibelungenschwert jedoch die Königin verletzte, gelang es ihr, die Axt emporzureißen. Funken sprühten wie aus dem Schlund eines Vulkans, als das Schwert der Nibelungen auf die Streitaxt von Richard Löwenherz traf.
Penthesilea stieß einen erstaunten Schrei aus, als sie sah, daß der Balmung einen fingerdicken Metallspan aus dem Blatt der Axt riß. Die von irdischen Schmieden geschaffene Waffe war ein Nichts gegen das Werk des kunstvollen Zwerges Alberich.
»Zauberei!« kreischte die Königin. »Du bist mit den Dämonen im Bunde. Sie gaben dir ein Wunderschwert. Doch versuche, ob es der Waffe standhält, die mir der Kriegsgott gab!«
Penthesilea ließ die Streitaxt fallen und zog Durandart, das Schwert des Frankenhelden Roland. Carsten Möbius hatte sich einige Schritte zurückgezogen. Mit beiden Händen hielt er den Balmung in der Stellung, die Ausgangsbasis für Hieb oder Stoß ist.
Rasend wie eine Wildkatze sprang Penthesilea ihn an. Noch vor einigen Monaten wäre dies für Carsten Möbius das Ende gewesen. Doch inzwischen hatte er sich auf die Waffentechniken der Antike besonders spezialisiert. Wer einen Professor Zamorra zum Freund hat, der muß sich seiner Haut wehren können. Nur daß der Junge mit Tina Berner und Sandra Jamis sich von ausgesuchten Meistern Japans in der Kunst des Schwertkampfes unterrichten ließ. Sie lernten die Techniken der Männer, für die der Kampf mit der blitzenden Klinge den Lebensinhalt bildete. Carsten Möbius hatte sich überdies noch in die geheimsten Rituale der Ninja einweihen lassen.
Die Königin der Amazonen war eine starke und gewandte Kriegerin. Doch gegen Carsten Möbius, der das Schwert mit beiden Händen wirbelte und den Balmung einen undurchdringlichen Stahlvorhang weben ließ, hatte sie keine Chance.
Drei, vier Mal klirrten die beiden Langschwerter aus bestem Stahl aneinander. Erstaunt erkannte Möbius, daß Durandart den Hieben des Balmung standhielt, ohne Späne aus der Schneide zu reißen. Auch Rolands
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