0283 - Xorrons Totenheer
staunten.
»Was ist das denn?« wollte Marc Fürstner wissen.
»Der goldene Samurai«, erwiderte Koto mit einer dumpf klingenden Stimme…
***
Shaos Worte hatten uns beunruhigt. Sie hatte von einer Beschwörung gesprochen, die alles auf den Kopf stellen konnte. Zeiten sollten durcheinandergebracht werden, uralte Dämonen auftauchen, um Angst und Schrecken zu verbreiten - aber wo?
Diese Frage stellten wir uns, und wir beide wußten keine Antwort. Mit einem Taxi ließen wir uns dorthin bringen, wo alles begonnen hatte, denn da stand auch der Bentley.
Niemand hatte sich an ihm zu schaffen gemacht, und so konnten wir einsteigen und in Richtung Scotland Yard fahren.
Ich schaltete das Blaulicht ein, denn der Verkehr hatte sich verdichtet, und die Abgaswolken trieben wie lange Nebelschleier über die Fahrbahnen und Dächer der Wagen.
Viel schneller kamen wir auch nicht voran.
Suko und Shao hatten auf dem Rücksitz ihren Platz gefunden. Ich hörte die beiden miteinander reden, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten.
»Sprecht lauter«, forderte ich. »Oder turtelt ihr nur herum?«
»Würden wir gern machen«, bekam ich von Shao die Antwort. »Aber dazu ist wohl nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Das stimmt.«
Suko meldete sich. »Ich habe Shao gefragt, ob sie vielleicht von sich aus das Phänomen steuern kann.«
Ich begriff sofort. »Du meinst, daß sie selbst darüber bestimmt, wann Amaterasus Geist in ihren Körper gelangt?«
»So ungefähr.«
»Das packe ich nicht«, meldete sich Shao. Im Innenspiegel sah ich, wie sie den Kopf schüttelte. »Unmöglich, wirklich. Es wundert mich sowieso, daß Amaterasu, die ja in einer Welt gefangen ist, es geschafft hat, mit mir Verbindung aufzunehmen.«
»Körper und Seele sind zwei unterschiedliche Dinge«, hielt ich dagegen.
»Möglicherweise ist es Susanoo, ihrem dämonischen Bruder, nicht gelungen, beides zu bannen.«
»Das wäre drin«, stand Suko mir bei.
»Meint ihr?«
»Fragen kannst du sie nicht - oder?«
»Nein, John. Wenn Amaterasus Geist in meinem Körper Platz gefunden hat, ist mein eigenes Ich völlig ausgeschaltet. Ich lebe dann nicht mehr. Ich kenne keine Gefühle, ich weiß überhaupt nichts. Es ist seltsam, leider jedoch wahr.«
Das mußten wir der Chinesin abnehmen. Unsere Unterhaltung stockte, denn wir näherten uns dem Ziel. Ich stellte das Blaulicht ab und fuhr auf den Parkplatz des Yard Building.
Es war später Nachmittag geworden. Glenda Perkins hatte sicherlich schon Feierabend gemacht, Sir James befand sich sogar im Urlaub, etwas, das kaum einer von uns fassen konnte, aber er war mit Freunden seines Clubs nach Brighton gefahren, um sich Seeluft um die Nase wehen zu lassen. Natürlich blieb er für uns stets erreichbar, aber wir wollten ihn auch nicht mehr stören, als unbedingt nötig war.
Unser gemeinsames Büro fanden wir ebenso leer vor wie das Vorzimmer. Durch die Fenster schien die Sonne. Sie stand schon ziemlich schräg und malte auf den Boden und den Schreibtisch einen breiten, allmählich schwächer werdenden Streifen.
Alle drei nahmen wir Platz und fanden in Glendas Kühlschrank auch eine angebrochene Flasche Orangensaft. Gläser gab es ebenfalls. Im ersten Augenblick tat die kühle Flüssigkeit gut.
Beide schauten wir Shao an. »Kannst du dich noch an die Dinge erinnern, die du uns nicht mitgeteilt hast?« fragte ich sie.
»Nein.«
»Auch nicht bei genauem Überlegen?«
»Wirklich nicht, John.«
»Es bleibt bei den Informationen«, meinte Suko und stellte das leere Glas auf den Schreibtisch.
»Ja, sieht ganz so aus.« Mir gefiel das überhaupt nicht. Also mußten wir uns darauf konzentrieren, was uns Shao mitgeteilt hatte. Der Fall war verlagert worden. Bisher waren wir davon ausgegangen, daß sich alles um Xorron und Shimada drehte, aber sie hatte von jungen Menschen aus Deutschland gesprochen, die eine Beschwörung durchführen wollten.
Wo und wer waren diese Menschen?
»Wer kann uns da behilflich sein?« fragte Suko leise.
»Der Zoll!« Meine Antwort kam spontan.
Suko schaute mich zuerst groß an, lächelte und nickte heftig. »Verflixt, John, das ist die Idee.«
»Sag' ich doch.«
»Werden alle registriert?« fragte Shao.
»Ich hoffe es. So genau bin ich da nicht informiert, aber ich werde mich mit dem Flughafen in Verbindung setzen. Da müßte man etwas wissen, und es müßte auch aufgefallen sein.«
»Ich bin gespannt«, meinte Suko.
Das war ich auch, als ich die Nummer heraussuchte. Endlich hatte ich
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