0284 - Der Henker und sein Millionär
Fuß wieder auf den schmalen Sims.
Phil zog den Lieutenant beiseite. »Hören Sie, Simrock. Sprechen Sie mit ihm über alles, was Ihnen gerade einfällt. Halten Sie ihn wenigstens noch zehn Minuten hin.«
»Was haben Sie vor, Decker?«
»Wir müssen versuchen, von der oberen Terrasse aus an ihn heranzukommen. Wenn ich ein starkes Tau bekommen kann, müsste es zu schaffen sein. Sie müssen ihn nur von zwei Dingen abhalten. Zu springen oder nach oben zu sehen, klar?«
Simrock nickte. »Nehmen Sie vier von meinen Leute mit, Decker, Und viel Glück.«
»Danke!«
Phil verließ das Zimmer. Er besprach die Angelegenheit mit Direktor Williams. Der ließ ein langes Seil besorgen und führte Phil ins 16. Stockwerk. Hier befand sich ein Speiseraum, der auf die Terrasse hinausführte.
Phil zog sein Jackett aus und beugte sich über die Steinbrüstung. Jewell stand noch immer auf dem Sims. Den Kopf hatte er zum linken Fenster gedreht, wo Lieutenant Simrock mit dem Oberkörper heraushing und auf den lebensmüden Millionär einsprach.
Phil nickte den Cops zu, dann schlang sich das eine Ende des Seiles um den Leib. Das andere Ende nahmen die vier Männer in die Hände. Mein Kollege kletterte auf die Brüstung. Weit unten sah er Menschen und Autos. Es kam ihm so vor, als werfe er einen Blick in eine Spielzeugwelt. Er schluckte trocken. Der vorderste Cop stemmte beide Füße gegen den unteren Steinsockel. Dann ließ er das Seil langsam herunter. Mein Freund hing zwischen Himmel und Erde.
Er ließ seinen Körper auspendeln und nickte dem Direktor zu, der das Manöver mit atemloser Spannung verfolgte. Die Cops ließen nach. Zentimeter und Zentimeter glitt Phil nach unten.
Als er die 14. Etage erreichte, legten die Cops eine kurze Pause ein. Phil drehte den Kopf nach rechts. Jewell hatte ihn noch immer nicht bemerkt. Allerdings sah Phil erst jetzt, dass er sich verschätzt hatte. Er würde an einem der beiden Fenster auskommen,. zwischen denen der Selbstmordkandidat stand. Das war natürlich nicht der Sinn der Sache. Dann hätte er ja direkt aus dem Fenster des Nebenzimmers herausklettern können. Der Abstand auf dem Sims war zu groß. Bis Phil an den Mann heran war, konnte der dreimal springen.
Fieberhaft überlegte er, was er nun tun könnte. Unmöglich konnte er noch einmal nach obeh klettern, um einen neuen Platz für den Abstieg zu suchen. Das wäre zu'viel Zeitverlust gewesen. Er behielt Jewell jetzt im Auge. Ganz deutlich vernahm er Simrocks Stimme.
»Hören Sie, Bruce! Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie kommen jetzt ganz langsam zu mir. Ich schicke alle Leute aus dem Zimmer. Wir trinken in aller Ruhe eine Flasche Old Grand Dad leer, und Sie erzählen mir dabei Ihren Kummer. Einverstanden?«
Jewell schüttelte den Kopf. »Dreimal habe ich es schon versucht, Lieutenant. Immer kam im letzten Moment etwas dazwischen. Heute mache ich den Schlussstrich. Sie werden mich nicht davon abhalten.«
»Verdammt, Bruce! Sie sind ein unverschämter Dickschädel. Bisher dachte ich immer, so widerspenstige Burschen gäbe es nur in Texas. Nun muss ich die Erfahrung machen, dass die Boys aus Ohio es auch faustdick hinter den Ohren haben. Wenn Sie also unbedingt springen wollen, dann tun Sie mir den Gefallen und springen Sie sofort. Dann kann ich den verdammten Schreibkram bis heute Abend erledigt haben. Wenn ich schon nichts von dem schönen Wetter haben soll, könnten Sie mir und meiner Frau wenigstens einen Kinobesuch gönnen.«
Zum ersten Mal erschien der Anflug eines Lächelns auf Jeweils Gesicht.
»Schade, dass sie nicht auch aus Dayton sind, Lieutenant. Sie scheinen ein patenter Bursche zu sein. Wenn wir uns früher kennen gelernt hätten, dann…«
Er ließ die Frage offen, was denn gewesen wäre. Simrock schob sich ein Stück weiter vor.
»Wenn Sie wollen, Bruce, gebe ich meinen Job auf und fahre mit Ihnen nach Ohio. Was halten Sie davon?«
Er bekam keine Antwort, denn nun hatte Jewell hinter sich ein Geräusch gehört. Sein Kopf fuhr herum. Und nun ging alles blitzschnell.
Phil sah das Erschrecken in den Augen des Millionärs. Der Körper des Mannes spannte sich. Phil hing genau vor dem Fenster des Nebenzimmers.
»Festhalten!«, schrie er nach oben. Dann stemmte er beide Füße gegen das Fensterkreuz und stieß sich ab. Er schwang sich weit nach links, dann sauste er auf Jewell zu. Mit voller Wucht prallte er gegen den Millionär. Er packte zu. Jewell rutschte von dem schmalen Sims ab. Doch Phils Arme lagen um seinen
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