0284 - Gegen Gangster und Ghouls
vormachen und auch nicht den großen Supermann spielen. Daß er mit seinem Latein am Ende war, gab er zu.
»Und was machen wir jetzt?« vernahm der Inspektor eine flüsternde Jungenstimme an seinem Ohr. Es war Rudi, der sich in Sukos Nähe geschoben hatte.
Suko schaute ihn scharf an. »Zieh du dich erst einmal zu den anderen zurück, dann sehen wir weiter.«
»Wohin denn?«
»Weg!«
Dieses scharf ausgestoßene Wort hatten auch die anderen vernommen und bewegten sich rückwärts, wo der Eingang der Pagode lag. Es war die einzige Möglichkeit, denn nach vorn konnten sie nicht, da versperrten ihnen die vier Reiter den Weg.
Sie wußten natürlich nicht, ob man sie bereits entdeckt hatte, hofften, daß dies nicht der Fall war, denn bisher hatten sich die Reiter nicht gerührt, und sie trafen auch keine Anstalten, auf die Pagode zuzureiten.
»Alle in geduckter Haltung bleiben!« ordnete Suko an. Was hier aussah wie ein Indianerspiel, war in Wirklichkeit blutiger Ernst. Es ging um ihr aller Leben.
Und sie blieben zusammen. Keiner tanzte aus der Reihe. Der Anblick dieser vier Reiter hatte bei allen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Suko machte den Schluß. Er behielt die Feinde noch im Auge und konnte sehen, daß sie sich allmählich aus der sich senkenden Staubwolke hervorschälten. Ja, das waren die vier.
Am schlimmsten sah der mit halbem Gesicht aus. Ein fürchterliches Monstrum, das mit einem gefährlichen Ninja-Schwert bewaffnet war. Der Glatzkopf mit dem Buckel hatte sich nach vorn gebeugt und seine Hände um den Echsenhals des Reittieres geklammert. Zu beiden Seiten des Kopfes schauten die Griffe der Dolche über seiner Schulter hervor.
Der mit dem Feuergesicht hockte aufrecht auf dem Tier. Seine langen, spinnenartigen Finger bewegten sich hektisch im Würgerhythmus, als wäre er dabei, nur für ihn sichtbare Gegner allmählich zu erdrosseln.
Der vierte ohne Kopf war kaum zu sehen, da seine Gestalt vom Schädel des Reittieres verdeckt wurde.
Suko war kein Feigling. Wenn es sein mußte, ging er einer Auseinandersetzung nicht aus dem Weg. Aber bei diesen vier Gegnern hatte er doch ein sehr seltsames Gefühl, und er fragte sich, ob er sie überhaupt schaffte, wenn es hart auf hart kam.
Seine Waffen standen gegen die der anderen, und diese befanden sich immer im Vorteil. In einer Reihe hatten sie sich aufgestellt und bildeten eine Wachtpostenkette. Suko rechnete damit, daß sie niemand durchlassen würden, und wahrscheinlich waren er und die acht Jungen auch längst von ihnen entdeckt worden. Wo steckte Shimada?
Diese Frage beschäftigte Suko, und er konnte nicht behaupten, daß er darüber glücklich gewesen wäre. Shimada war die unbekannte Größe.
Auf allen vieren bewegte sich der Chinese zurück. Von seinen Begleitern hörte er keinen Laut. Sie verhielten sich so, wie der Inspektor es angeordnet hatte.
Auch Suko tauchte in die unheimliche Pagode ein, und er spürte wieder den Steinboden unter seinen Fingern. Der Blickwinkel zu den vier Reitern hatte sich verschoben. Suko konnte sie jetzt nicht mehr sehen, da das Gelände vor ihm leicht anstieg. Deshalb ging er davon aus, daß ihn auch die anderen nicht mehr im Auge hielten. Er richtete sich auf.
Als er sich umdrehte und nach seinen Begleitern suchte, fiel ihm die fast unnatürliche Stille auf. Niemand sprach ein Wort, jeder verhielt sich ruhig, und Suko wunderte sich so sehr darüber, daß er einige Schritte vorging.
Die Horror-Fans hatten einen Halbkreis gebildet und umstanden einen blondhaarigen Mann, der wie ein Spuk aus dem Jenseits aufgetaucht sein mußte.
Sukos Augen wurden groß. Er spürte sein Herz schneller schlagen, denn damit hätte er nicht gerechnet. Niemals im Leben, und eine so große Überraschung war ihm kaum bereitet worden. Der Mann blickte dem Chinesen ins Gesicht und nickte.
Suko gab diesen Gruß nicht zurück. Dafür sagte er nur ein Wort und sprach den Fremden an. »John…«
***
Ich hatte sehr vorsichtig und langsam fahren müssen, deshalb erwartete mich Costello bestimmt schon in der Halle. Ein Lächeln zuckte um meine Lippen, wenn ich darüber nachdachte. Logan Costello kam fast freiwillig in die Höhle des Löwen. Unwahrscheinlich war so etwas.
Ich hatte das Gebäude durch den Hintereingang betreten. Auch um diese späte Zeit herrschte noch Betrieb, allerdings nicht mehr in der Hektik wie tagsüber.
Ein paar Kollegen grüßten mich, und als ich in der Halle stand, wurde mir schon vom Empfang her zugewinkt.
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