0285 - Die dritte Waffe
und Entschlossenheit aus. Trotzdem würde er nicht überleben. Die Erde würde zu einem Glutball werden, dessen Hitzewellen auch Broysen in der TV-Station erreichen würden.
Miras-Etrin blickte auf die Uhr. Broysen hatte noch sechs Minuten Zeit.
Impulsiv sagte der MdI: „Geben Sie auf, Broysen. Ich werde den Duplo schicken. Sie brauchen nicht zu befürchten, daß ich Sie töten werde."
Broysen schüttelte den Kopf. „Wenn ich hierbleibe, müssen Sie mich töten, Maghan. Sie können es nicht riskieren, mich am Leben zu lassen. Sie müßten immer damit rechnen, daß ein anderer MdI mich als Waffe gegen Sie benutzen könnte. Außerdem haben Sie in meiner Anwesenheit revolutionäre Gedanken geäußert. Ich weiß, daß Sie Faktor Iangreifen wollen, sobald die Erde erledigt ist. Sie würden mich vielleicht ein paar Tage schonen, doch dann kämen Ihnen die ersten Zweifel. Sie würden Ihren voreiligen Entschluß bereuen und mich ermorden lassen."
„Wahrscheinlich haben Sie recht", gab Miras-Etrin zu.
Broysen lächelte und verschloß den Helm. Miras-Etrin öffnete ihm die Einstiegsklappe des Kleinstraumschiffes. Mühevoll zwängte sich der Tefroder ins Innere.
„Haben Sie den Impulsschlüssel?" rief der Mdl.
Broysen nickte. Er drehte sich auf die Seite, so daß er die wenigen Instrumente sehen konnte, die er während des Fluges überwachen und bedienen mußte. Miras-Etrin wußte, daß dem Raumfahrer ein langweiliger Flug bevorstand. Aber vielleicht war es nicht langweilig, wenn man in den sicheren Tod flog. Vielleicht verstrich unter diesen Umständen die Zeit viel schneller.
Broysens Stimme klang dumpf, als er sagte: „Sie können die Klappe schließen, Maghan."
Miras-Etrin ließ die Klappe fallen und hörte sie einrasten. Im Innern des Schiffes würde Broysen den Druck überprüfen. Das kleine Schiff lag startbereit auf den Katapultschienen, auf denen es in den Weltraum gleiten würde.
Miras-Etrin mußte den Hangar verlassen, weil sich in zwei Minuten die Schleuse öffnen würde. Der MdI begab sich zur Zentrale, um den Start des Kleinstraumschiffes über die Bildschirme mitzuerleben.
Broysen, der bewegungslos innerhalb des Beibootes lag, starrte auf den Zeitmesser. Während des Startes hatte er keine Arbeit.
Erst, wenn das Schiff den Hangar verlassen hatte, mußte er eine Kurskorrektur vornehmen.
„Kommandant?" klang die Stimme seines Stellvertreters im Normalfunk auf.
„Ja", sagte er. „Ich bin bereit."
Er wußte, daß sich jetzt die Hangarschleuse öffnete. Unwillkürlich versteifte er sich, obwohl er sicher sein konnte, daß er den Andruck nicht spüren würde. „Start!" Diesmal war es Miras-Etrin, der gesprochen hatte. Er hatte sich offenbar beeilt, in die Zentrale zurückzukommen.
Broysen ließ seine Blicke über die Anzeigetafeln gleiten. Er befand sich bereits im Weltraum.
„Hören Sie mich, Broysen?" erkundigte sich der MdI an Bord des großen Schiffes.
„Ja, Maghan", erwiderte Broysen. Er lag ganz still, als er sich der unendlichen Einsamkeit bewußt wurde, von der ihn nur ein paar Metallplatten trennten. Aber es war keine Furcht, die ihn überfiel, eher ein Gefühl vollkommener Ruhe und Losgelöstheit.
„Sie müssen jetzt Ihren Kurs korrigieren!" befahl Miras-Etrin.
Broysen verglich die Skalen der Armaturen und stellte die Steuerautomatik auf den vorgesehenen Kurs ein.
„Wir müssen den Funkverkehr jetzt einstellen, Kommandant", sagte Miras-Etrin. „Es ist zu gefährlich, weil immer wieder terranische Einheiten in unsere Nähe kommen."
„Einverstanden, Maghan", sagte Broysen.
Ein Knacken, dann war die Verbindung zum Mutterschiff abgerissen. Broysen blickte auf den winzigen Bildschirm unmittelbar über seinem Kopf. Da waren nur die Sterne und das Schwarz des Weltraums. Broysen atmete tief.
In vierundzwanzig Stunden terranischer Zeitrechnung würde er sein Ziel erreichen. Mit einem Knopfdruck würde er alles Leben auf der Erde auslöschen - und sein eigenes dazu.
*
Aboyer fühlte sich von einer bleiernen Müdigkeit befallen, die sogar den Lauf seiner Gedanken zu hemmen schien. Ein Blick auf seine Uhr zeigte ihm, daß es jetzt kurz nach zehn Uhr war.
Zusammen mit Atlan, Riera, Matten-Willy und dem Agenten der Sicherheitsgarde hatte er dreiundzwanzig Zimmer durchsucht, ohne auch nur die geringste Spur einer dritten Waffe zu entdecken.
Die vier Männer und das Wesen von der Hundertsonnenwelt hatten sich vor einigen Minuten im großen Aufenthaltsraum des
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