0288 - Die Katzen-Göttin
wenig verloren stand ich herum, sah weder von den Katzen noch von Brenda etwas und bemerkte allerdings einen leicht rötlich leuchtenden Schein, der aus meiner Kleidung drang. Im ersten Augenblick achtete ich nicht so darauf, bis ich genauer nachschaute und feststellte, daß dieser Schein von meiner wertvollsten Waffe, dem Kreuz, stammte.
Es hatte reagiert!
Aber wieso?
Hastig griff ich an die Kette, streifte sie über den Kopf und schaute mir das Kreuz an.
Nicht die Enden, wo die vier Erzengel ihre Zeichen hinterlassen hatten, strahlten Licht ab, sondern ein anderes Symbol. Eins, das sich so ziemlich in der Mitte befand.
Das Allsehende Auge!
Was war geschehen? Weshalb reagierte ausgerechnet das Allsehende Auge in diesen Momenten?
Eine Antwort fand ich nicht so schnell. Mir fiel ein, daß dieses Auge im alten Ägypten auch zur Darstellung des Gottes Osiris gedient hatte. Es sollte die Menschen an die Wachsamkeit Gottes erinnern und hatte mich ebenfalls erinnert oder gewarnt.
Wovor?
Natürlich vor dieser Brenda. Nur – was hatte sie mit dem Allsehenden Auge zu tun?
Allmählich wurde der Fall mystisch. Ich schaute auf das Kreuz, sah auch den Strahlenkranz um das Auge herum, aber der war blaß geblieben. Nur die Pupille in der Mitte leuchtete in einem seltsamen Farbton.
Daß es überhaupt so reagiert hatte, war für mich der Beweis, mitten in einem magischen Fall zu stecken, den ich mit normalen Mitteln wahrscheinlich nicht lösen konnte.
Die Frau – das Auge – die Katzen!
Drei Dinge, die ich irgendwie miteinander verbinden mußte.
Wobei ich nicht genau wußte, wie ich das anstellen sollte und wo es die gemeinsamen Linien gab.
Welche Spur führte nach Ägypten?
Noch einmal stellte ich mir die letzte Szene vor, dachte an die Katzen und stolperte über etwas.
Genau, die Katzen!
Im alten Ägypten galten die Katzen als heilig. Wer eine Katze tötete, dem erging es schlecht. Die Tiere wurden früher verehrt und manche wie Gottheiten gehalten.
Was an diesem Glauben und dieser Mythologie stimmte, war mir nicht bekannt. Ich hatte nie einen Grund gehabt, mich intensiver damit zu beschäftigen. Wie die Lage jetzt allerdings aussah, würde ich wohl nicht daran vorbeikommen.
Es gab für mich zwei Möglichkeiten. Entweder alarmierte ich die Kollegen der Mordkommission, oder ich ging weiter in den Wald hinein und schaute mich dort einmal um. Irgendwo mußte es ein Ziel geben, denn einen Rückzieher wollte ich trotz der Warnung nicht machen.
Brenda war vor mir verschwunden. Diesen Weg mußte ich zwangsläufig auch nehmen. Vielleicht traf ich auf ein Versteck, denn die Katzen mußten ja irgendwo sein.
Oder sollten sie sich aufgelöst haben?
Mittlerweile ging ich schon davon aus, daß sich das Mädchen aufgelöst hatte, denn eine andere Erklärung wußte ich nicht. Wenn sie im Unterholz oder zwischen den Bäumen verschwunden wäre, hätte ich etwas bemerkt und Spuren oder sie selbst gesehen. Nichts davon.
Nur kahle Bäume.
Äste, die sich mir wie Arme entgegenreckten, um mich zu begrüßen. Laub lag auf dem Boden. Wenn ich darüber hinwegschritt, raschelte und knisterte es.
Andere Laute vernahm ich nicht. Auch kein Rascheln oder Flügelschlagen. Die Nachttiere des Waldes schienen sich zurückgezogen und Angst vor den Katzen zu haben.
Die Luft war nicht klar. Hin und wieder hingen dünne Dunstschleier zwischen den Bäumen und sorgten dafür, daß die Atmosphäre noch geheimnisvoller wurde.
Auch mir rann einige Male eine Gänsehaut über den Rücken, als ich Schritt für Schritt tiefer in den mir unbekannten Wald hineinging. Wo hatten sich die Katzen verborgen?
Ich lauschte auf jedes Rascheln, war fixiert darauf, fremde Geräusche zu vernehmen, hörte aber nichts, was mich hätte beunruhigen können.
Noch immer strahlte das Allsehende Auge. Lockend und gleichzeitig warnend kam mir der Schein vor. Ich hätte viel darum gegeben, mich mit dem Kreuz unterhalten zu können, so war ich weiterhin nur auf Vermutungen angewiesen.
Der Vergleich mit einem Märchen kam mir in den Sinn. Tatsächlich, ich fühlte mich in eine Sage oder eine Legende versetzt, und der Wald wirkte verwunschen auf mich.
Voller Geheimnisse steckend, die gleichzeitig auch gefährlich sein konnten.
Und dieser Vergleich erhielt neue Nahrung, als ich plötzlich das Haus sah, das auf einer kleinen Lichtung stand. Es sah düster aus, wurde von Dunstschleiern umschwebt, und seine düsteren Mauern schienen alle Geheimnisse des Waldes zu
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