029 - Das Geheimnis des Totengraebers
dem Mann zusammen?«
»Nein, nein.«
Cyrille konnte sich nicht mehr beherrschen. »Diese Frau«, rief er ungeduldig. »Was ist mit dieser Frau?« Teddy brachte ihn mit einer energischen Handbewegung zum Schweigen. Er wußte sehr wohl, woran Cyrille dachte. War diese Frau Christiane?
»Sie liegt auf einem Tisch. Der Mann beugt sich über sie, und die anderen – die anderen Frauen sind da. Sie kommen auf sie zu, sie stellen sich rund um die Maschine auf. Oh, Funken, wieder lauter knisternde, sprühende Funken!«
»Christiane! Es ist Christiane, nicht wahr? Bitte, sagen Sie uns mehr! Dieses Haus – wo ist es? Wir müssen es wissen!«
Verärgert versuchte Teddy Verano, Cyrille zum Schweigen zu bringen. Der junge Mann würde noch das ganze Experiment verderben.
Und so war es auch.
Anita schien zu leiden, versunken in ihre Visionen, und der unbeherrschte Aufschrei des jungen Mannes durchbrach ihre Inspiration.
Sie öffnete die Augen und schien aus einem Traum zu erwachen. »Madame, ich bitte Sie!«
Anita zitterte leicht, und Teddy sagte freundlich: »Ruhen Sie sich aus, meine Liebe. Und Sie, junger Mann, würden Sie wohl die Güte haben und den Mund halten?«
Cyrille senkte beschämt den Kopf. Er hatte begriffen, daß er mit seiner Unbeherrschtheit nur Schaden angerichtet hatte.
Nach einer Weile ließ Teddy jedoch von neuem das Feuerzeug des Totengräbers in Anitas Hand gleiten. »Wenn Ihnen das helfen kann – vielleicht können wir es nochmals versuchen?«
Anita war sichtlich erschöpft, aber sie machte einen weiteren Versuch.
»Ich – ich, bin nicht mehr in jenem Haus …«
»Die Maschine – der Mann – die jungen Frauen – die Funken …« versuchte Teddy sie zu führen.
Aber die Hellseherin schüttelte den Kopf.
»Nein, nein, ich sehe nichts mehr. Warten Sie! Ja, da ist etwas.«
Plötzlich richtete sie sich mit einem Ruck auf und schien erschrocken. »Paul, Paul, ja, das ist er!«
»Der Totengräber! Er liegt im Krankenhaus!«
»Ja, ich sehe ihn. Erliegt in einer Art Bad.«
»Die Behandlung für schwere Verbrennungen, Serumbäder – das muß es sein.«
»Neben ihm sehe ich eine Frau.«
»Eine Frau in Weiß? Eine Krankenschwester?«
»Nein. Es ist eine Frau in Schwarz. Oh, ich friere, mir ist so kalt.«
Teddy Verano wurde ganz aufgeregt. »Wieder diese Eisfrau! Anita!«
Die Hellseherin bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. »Warten Sie! Ich möchte wissen, was sie macht. Sie spricht mit ihm. Nein, sie berührt ihn. Sie hat etwas in der Hand, etwas, das sie aus ihrer Handtasche genommen hat.«
Plötzlich sank sie erschöpft in sich zusammen. »Zu spät«, murmelte sie. »Ich habe keinen Kontakt mehr.«
Teddy stieß Cyrille an. »Schnell, wir müssen weg.«
»Wohin?«
»Ins Krankenhaus natürlich. Diese Frau – aber das erkläre ich Ihnen später. Vielen Dank, liebe Anita, und entschuldigen Sie bitte!«
Hals über Kopf stürmten sie davon, sprangen in Teddy Veranos Wagen und fuhren mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Faubourg Saint-Jacques. Der Pariser Verkehr war ihnen jedoch nicht freundlich gesinnt, und Teddy dachte, ohne jedoch mit Cyrille darüber zu sprechen, daß, sollten seine Befürchtungen zutreffen, die Spur diesmal ganz abgebrochen war.
»Möchten Sie Eis, Monsieur?«
Cyrille saß da und starrte ins Leere, und Yvonne mußte ihre Frage wiederholen.
Cyrille wurde rot. »Oh! Verzeihen Sie ja, gern.«
Yvonne ließ den Eiswürfel in sein Glas Cinzano fallen.
Teddy Verano stopfte sich eine Pfeife und betrachtete seinen Klienten, der ihm schon ein wenig ans Herz gewachsen war, mit nachsichtigem Blick.
»Monsieur Denizet ist etwas zerstreut, Liebes. Er hat ja auch genug Sorgen, man muß ihn verstehen.«
»Aber natürlich.« Yvonne lächelte freundlich.
Teddy Verano hatte Cyrille mit zu sich nach Hause genommen und ihn seiner Frau vorgestellt. Der junge Mann war in einer Verfassung gewesen, in der man ihn nach Teddys Meinung nicht allein lassen sollte.
Nach ihrem Besuch bei Anita und dem, was sie bei ihr erfahren hatten, war dann alles sehr schnell gegangen und hatte deprimierend geendet.
Im Krankenhaus hatte es am Empfang zunächst eine Diskussion gegeben, da die offiziellen Besuchsstunden längst vorüber waren. Außerdem befand sich Paul Halbin auf der Isolierstation für Schwerverbrannte, und dort Zugang zu finden, war noch schwieriger.
Schließlich war es Teddy Verano doch gelungen, bis zum Zimmer des Totengräbers vorzudringen.
Paul
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