0290 - Die dritte Mahnung war aus Blei
glaubte, in seiner Stimme einen leichten Unterton zu bemerken. Anscheinend hielt er uns für Dilettanten.
»Das habe ich zwar geglaubt, aber nie als Tatsache hingestellt«, berichtigte ich ihn. »Wir sind auch nur Menschen und können uns irren.«
»Nur hat dieser Irrtum leider einem Mann das Leben gekostet!«, sagte Holger Smith kalt.
Ich hatte eine scharfe Antwort auf der Zunge, schluckte sie aber wieder runter, denn es hatte keinen Zweck, wenn wir uns mit diesem Mann stritten. Außerdem hielt ich auch einiges seiner augenblicklichen Erregung zugute.
»Der Mann ist nicht deswegen gestorben, sondern weil er sich nicht mit uns in Verbindung gesetzt hat«, widersprach ich. »Er hat die Gangster einfach unterschätzt. Er glaubte, wenn er sie ignorierte, würden sie ihn auch in Ruhe lassen. Hätte er sich sofort an uns gewandt, dann würde er wahrscheinlich heute noch leben. Aber leider wenden sich die wenigsten Leute an uns, weil sie glauben, dass sie ohne uns fertig werden. Wann ist der zweite Brief gekommen?«
»Der Butler gab ihn mir, als ich nach Hause kam. Er war kurz vorher in den Briefkasten an der Haustür gesteckt worden.«
»Hat er nicht gesehen, wer den Brief gebracht hat?«, fragte ich weiter.
Holger Smith schüttelte verneinend den Kopf. »Der Butler hat mir berichtet, dass es geschellt habe. Als er nachsah, war niemand an der Tür. Aber er fand den Brief im Kasten.«
»Wir müssen nun genau überlegen, was wir tun«, schlug ich vor. »Am besten ist es, Sie gehen zum Schein auf die Forderungen der Gangster ein. Hier in dem Brief steht, dass Sie um 7 Uhr den Koffer mit den 50 000 Dollar am Gepäckschalter der Central Station deponieren sollen.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich nicht einen einzigen Cent für diese Geschichte opfern werde. Dafür habe ich schließlich Sie verständigt, damit Sie mir die Gangster vom Leibe halten.«
»Das wollen wir ja auch«, unterbrach ich den aufgebrachten Millionär sanft. »Ich habe nur vorgeschlagen, dass wir zum Schein auf die Forderungen der Gangster eingehen werden. Sie sollen ja den Koffer deponieren und den Depotschein mitnehmen.«
Holger Smith nickte. »Allerdings, das steht ja in dem Brief. Die Gangster wollen zwar später telefonisch anordnen, was mit dem Gepäckschein geschieht und wo ich den zu hinterlassen habe. Aber wer garantiert mir, dass der Plan tatsächlich so abläuft. Vielleicht finden die Gangster eine Möglichkeit, auch ohne den Depotschein an den Koffer mit dem Geld heranzukommen. Dann bin ich das Geld los.«
»Auch an diese Möglichkeit habe ich gedacht«, unterbrach ich ihn ungeduldig. »Aus zwei Gründen wird das Geld aber nicht verschwinden.«
»Und wieso'nicht?«, wollte der Millionär wissen.
■ »Erstens wird kein Geld in dem Koffer sein. Wir werden statt der Noten alte Zeitungen in den Koffer stecken. Ich erzähle Ihnen das alles, weil ich unbedingt Ihr Einverständnis dazu brauche, denn schließlich haben die Gangster Ihnen angedroht, Sie umzubringen, wenn Sie sich nicht an ihre Anweisungen halten.«
»Und zweitens?«, frage Holger Smith und gab mir so zu verstehen, das er mit diesem Teil des Planes einverstanden war.
»Zweitens wird mein Kollege Decker in einer halben Stunde seinen Dienst auf nehmen«, erklärte ich dem Millionär.
»Ich denke, er ist jetzt im Dienst«, wunderte er sich.
Ich nickte. »In einer halben Stunde wird er als Schalterbeamter im Central Bahnhof anfangen und Ihren Koffer keinen Augenblick aus den Augen lassen. Selbst wenn die Gangster einen Trick haben, auf irgendeine Art und Weise an den Koffer zu kommen, dann wird es ihnen nichts nützen. Mein Kollege würde sie dann verhaften oder verfolgen.«
»Das ist nicht schlecht«, billigte der Kaufhauskönig meinen Plan. »Und was mache ich?«
»Sie fahren nach Hause, wenn Sie den Koffer abgeliefert haben, und halten sich zum Schein genau an die Befehle der Gangster. Ich werde mit Ihnen fahren und ständig bei Ihnen bleiben für den Eall, dass die Gangster den Depotschein von Ihnen verlangen. Ich werde dann mit Ihnen zu der vereinbarten Stelle fahren und versuchen, die Gangster unschädlich zu machen.«
»Und wenn die Gangster verlangen, dass der Depotschein per Post an irgendeine Adresse geschickt werden soll?«, fragte Holger Smith.
»Dann werden wir schon eine Möglichkeit finden, den Empfänger des Briefes zu ermitteln«, warf ich ein. »Ich glaube aber nicht, dass die Gangster das Vorhaben. Die Gefahr ist zu groß für sie, dass man
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