0290 - Die dritte Mahnung war aus Blei
sehr lange bei Ihnen«, sagte ich. »Haben Sie in den letzten Tagen vielleicht neue Leute eingestellt.«
Hoss ging im Geiste die Liste seiner Leute durch und schüttelte dann verneinend den Kopf. »Nur Ihren Kollegen«, sagte er und wies auf Phil.
»Außerdem müsste der Mann eigentlich in der Schicht gearbeitet haben, die gerade Dienst tut«, ergänzte Phil.
»Die sind alle schon lange bei uns«, sagte Hoss. »Außerdem ist unsere Verwaltung sehr vorsichtig bei Neueinstellungen. Jemand, der etwas auf dem Kerbholz hat, wird bei uns bestimmt keinen Job finden.«
»Was ist das eigentlich für ein Mann, der mir fast einen Koffer auf den Schädel geworfen hat?«, erkundigte sich Phil weiter. »Sie haben den Mann anschließend zum Arzt geschickt.«
Jetzt wurde Hoss munter. »Donnerwetter, den habe ich ganz vergessen«, entschuldigte er sich. »Der ist tatsächlich erst seit drei Tagen bei uns. Ich kenne noch nicht einmal seinen richtigen Namen, weiß nur, dass er Bill gerufen wird. Ich kann ihn natürlich noch nicht richtig beurteilen, aber auf den ersten Eindruck hin würde ich sagen, dass der Mann nicht gerade sympathisch ist.«
»Na, wir werden uns morgen seine Unterlagen in der Personalstelle mal genau ansehen. Die anderen allerdings auch. Hoss, das Gespräch hier bleibt natürlich ganz unter uns.«
»Selbstverständlich«, erwiderte er. Stolz darüber, ein Geheimnisträger zu sein, wollte er schon zur Tür gehen, als Phil ihn noch einmal zurückhielt.
»Ist dieser Bill, ich meine der Mann mit dem faltigen Gesicht und dem stechenden Blick, eigentlich wieder zurückgekommen, nachdem Sie ihn zum Arzt geschickt hatten?«, erkundigte sich Phil.
»Nein, G-man«, berichtete Hoss. »Wahrscheinlich ist er nach Hause gegangen. Er sah verdammt schlecht aus. Der Arzt wird ihn wohl ins Bett geschickt haben.«
Phil brachte Hoss bis zur Tür.
Ich blätterte in der Zwischenzeit in dem Telefonverzeichnis, in dem alle Nebenstellen dieses großen Bahnhofs aufgezeichnet waren. Als ich auf die Nummer des Arztes stieß, nahm ich den Hörer in die Hand und wählte die betreffende Nummer.
Der Dienst habende Arzt konnte sich noch genau an die Patienten erinnern, die er an diesem Abend behandelt hatte. Es waren nicht sehr viele gewesen.
Der Medizinmann wollte es aber auf seinen Eid nehmen, dass ein Mann mit einem faltigen Gesicht und stechendem Blick nicht darunter gewesen war.
***
Phil und ich waren am nächsten Morgen schon früh in der Personals teile.
Phil ackerte den einen Stoß der Unterlagen durch, ich den anderen.
»Ist das der Mann, der dir ’nen Koffer auf den Schädel donnern wollte?«, fragte ich Phil und reichte ihm ein Aktenstück hinüber, in dem auch, wie in allen anderen, ein Passbild klebte.
Phil nickte und betrachtete sich eingehend die Fotografie, die ein völlig zerknittertes Gesicht zeigte.
»Wie hast du den Mann herausgefunden?«, fragte Phil.
»Ganz einfach«, erklärte ich ihm. »Er ist der Einzige, der in der letzten Zeit neu eingestellt worden ist.«
»Hier bei meinen Unterlagen ist nicht einer dabei«, berichtete Phil. »Die letzte Neueinstellung war vor rund ’nem halben Jahr.«
»Für uns uninteressant«, bedeutete ich ihm. »Da bleibt nur dieser Bill Pirelli übrig. Komischer Name. Klingt italienisch, und dabei sieht der Kerl völlig anders aus. Vielleicht können wir über den Mann in unserem Archiv etwas ermitteln. Wir nehmen die Akte mit.«
Im District-Office marschierte ich gleich in das Archiv und trug meine besonderen Wünsche vor. Hier ging es bedeutend schneller. Bereits nach einer Viertelstunde hatte ich einen Dreierstreifen vor mir liegen, auf dem das Konterfei des Mannes mit dem faltigen Gesicht prangte.
»Der Name ist tatsächlich falsch. Er heißt in Wirklichkeit Bill Parker und ist kein unbeschriebenes Blatt. Die letzten dreimal kam er mit dem Gesetz in Konflikt, weil er sich in Erpressung versucht hat.«
Phil stieß einen leichten Pfiff aus.
»Das scheint unser Mann zu sein«, vermutete er. »Wir sollten ’ne Fahndung nach ihm einleiten.«
Ich hatte schon das Telefon zu mir herangezogen und traf die notwendigen Anordnungen. Dann klemmte ich mir die Personalakte des Mannes unter den Arm und sagte: »Wir wollen diesem Bill Parker mal einen Besuch abstatten, Phil. Seine Adresse ist angegeben. Er wohnt nicht weit von hier. In der Broome Street.«
Als wir dort ankamen, mussten wir feststellen, dass die angegebene Adresse falsch war.
***
Das Büro des Kaufhauskönigs lag
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