0294 - Die Nacht der bestellten Morde
gewesen.«
»Das war Benjamin Quartor, jener Mann, der durch Zufall die seit 20 Jahren verscharrte Leiche im Keller gefunden hatte«, sagte ich.
»Richtig. Und von diesem Mann wußte Bondoza also, daß Maybelline ermordet und im Keller eingegraben worden war. Demnach konnte meine Story nicht stimmen. Bondoza sagte es mir auf den Kopf zu, daß ich eine naive Betrügerin sei, die es auf seinen Schmuck abgesehen habe. Er tat mir nichts, sagte aber, ich solle mich zum Teufel scheren.«
»Gut, soweit sind Sie am Fall Bondoza beteiligt. Wie aber steht es mit Ihrem Bruder?«
»Als ich nach Hause kam und Vater meinen Fehlschlag berichtete, meinte er, das sei nicht so tragisch, denn Tom habe etwas anderes vor. Ich wußte natürlich, daß mein Bruder bei der Versicherungsgesellschaft angestellt war, die durch den Schmuckraub geschädigt war.«
»Was hatte ihr Bruder vor?«
»Ich erfuhr das erst während der nächsten Tage von meinem Vater. Tom sollte Bondoza so in die Zange nehmen, daß der ihm das Versteck des Schmuckes verriet. Dann sollte Tom den ehemaligen Häftling umbringen, den Schmuck irgendwie in Geld umsetzen und damit nach Brasilien verschwinden. Im Laufe eines halben Jahres wollten wir nachkommen.«
»Wären 50 000 Dollar, die ausgesetzte Prämie, nicht genug gewesen?« fragte Mr. High.
»Es war fraglich, ob Tom auf die Prämie als festangestellter Versicherungsdetekiv einen Anspruch gehabt hätte. Und vor allem: Der Schmuck ist 800 000 Dollar wert. Wenn man ihn einigermaßen günstig verkaufte, war eine halbe Million drin.«
»Aber das war doch nur eine Seite des Planes«, sagte ich.
»Richtig. Tom wollte es so drehen, als hätte Bondoza ihn umgebracht. Deshalb wollte er Bondozas Leiche verschwinden lassen und selbst untertauchen. Deshalb waren wir auch zunächst nicht beunruhigt, als Tom sich bei uns nicht meldete. Das war verabredet. Ich sollte sogar den Tomatensaft-Mordversuch inszenieren, um nach außen hin glauben zu machen, Bondoza lebe noch und trachte, nachdem er Tom umgebracht habe, jetzt auch mir und meinem Vater nach dem Leben. Deshalb täuschte ich einen Einbruch bei uns vor.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Ich habe es selbst gesehen. Ich stand keine 20 Schritte von Ihnen entfernt im Garten.«
Gloria Banter starrte mich verwundert an. »Sie wußten das? Warum haben Sie mich dann nicht festgenommen?«
»Weil wir dachten, Ihr Bruder lebe noch und werde früher oder später bei Ihnen auftauchen. Wir wollten Sie als Köder benutzen.«
»Ach so. Jedenfalls war ich bis heute nacht der Meinung, Tom lebe und Bondoza sei tot. Aber nach der Ermordung meines Vaters wurde mir klar, daß Tom nicht mehr unter den Lebenden weilt. Nur Bondoza kann der Mörder sein.«
»Mit dieser Vermutung haben Sie recht«, sagte ich langsam. »Alles spricht dafür, daß Henry Bondoza lebt und daß alle jene Verbrechen auf sein Konto kommen, die wir bislang Ihrem Bruder zur Last gelegt haben.«
Die junge Frau schnitt ein verständnisloses Gesicht. Nach einer Weile fragte sie: »Woher wußte aber Bondoza, daß mein Vater es war, der Maybelline umgebracht hat? Denn das kommt doch als einziges Motiv für den Mord in Frage.«
»Das ist auch das Motiv«, erwiderte ich überzeugt. »Und nichts war leichter für Bondoza als zu erfahren, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit niemand anders für den Mord an Maybelline Sfretcher in Frage kam als Ihr Vater.«
»Und wie?«
»Um das zu erklären, muß ich etwas weiter ausholen. Wie Sie wissen, war am 7. Januar, kurz bevor Sie Bondoza in der 23rd Street besuchten, ein Mann bei ihm: Benjamin Quartor. Dieser Mann hatte Maybellines Leiche gefunden, sich erkundigt, wer früher in der Wohnung gelebt hatte, und war dabei darauf gestoßen, daß Henry Bondoza und Maybelline Streicher die ehemaligen Eigentümer waren. Zufällig wärmten die Zeitungen in jenen Tagen den Fall Bondoza auf, berichteten noch einmal von dem unerklärlichen Verschwinden der Frau und von der bevorstehenden Entlassung des Häftlings. Quartor faßte daraufhin einen Entschluß. Er war der Meinung, Bondoza habe seine'ehemalige Freundin ermordet. Deshalb rückte er ihm kurz nach der Entlassung aus Sing Sing auf die Pelle und erpreßte ihn. Er wollte auf diese Weise erfahren, wo das Schmuckversteck sich befindet. Bondoza vertröstete ihn zunächst.«
»Und warum brachte Bondoza meinen Bruder um? Er war es doch, oder?«
»Ja, er war es. Und mir ist jetzt die Geschichte sonnenklar vor Augen. Bondoza merkte schon bald nach
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