0296 - Die Herrin der Sterne
Haus. Er kam rüber und sprühte das ganze Haus aus. Außerdem spritzte er von außen. Ich habe alle Fenster dichtgemacht. Seitdem ist Ruhe."
Walter war erleichtert.
„Ist Hine noch bei dir?"
„Nein. Er ging sofort. Da waren noch eine ganze Menge andere Leute die ihn ebenfalls brauchten."
„Gut. Bleib im Haus, hörst du? Rühr dich nicht vom Fleck. Halt die Fenster geschlossen und warte, bis ich komme. Klar?"
„Walter, was hast du vor?"
„Nur einen kleinen Umweg", beruhigte er sie. „Ich bin so bald wie möglich dort. Und keine Angst - ich habe Revolver eingekauft."
Serene Haven war fünfzig Kilometer von Edmonton entfernt. Die Funkbahn war die kürzeste und rascheste Verbindung, aber diesmal zog Walter es vor, auf anderem Wege nach Hause zu fahren. Zwanzig Kilometer außerhalb der Stadt veranlaßte er den Wagen, die Autobahn zu verlassen. Er nahm eine schmale Landstraße, die sich mit vielen Kurven durch die mit Gras und Bauminseln bestandene Ebene schlängelte. Zehn Minuten, nachdem er die Funkbahn verlassen hatte, ließ er den Wagen anhalten und stieg aus.
Er hatte einen der Revolver an sich genommen und überzeugte sich von seiner Zuverlässigkeit, indem er ein Geschoß gegen die vermodernden Überreste eines umgestürzten Baums feuerte. Es gab einen dumpfen Knall. Eine braune Wolke von Moder und Staub stieg auf, und als sie sich verzog, war der Mittelteil des Baums verschwunden. Das rotierende Magazin des Revolvers enthielt zwölfhundert Projektile, die in Einzel- und Dauerfeuer verschossen werden konnten. Walter fühlte sich gerüstet, einer ganzen Armee von tollwütigen Tieren gegenüberzutreten.
Er sah sich um. Hoch oben im blauen, wolkenlosen Himmel kreisten zwei Milane. Sie sahen nicht anders aus als an anderen Tagen, aber Walter wurde unbehaglich bei dem Gedanken, daß sie anstatt nach Feldmäusen womöglich nach Menschen Ausschau hielten. Es war noch zu kalt für Bienen, aber als er sich niederbeugte und die Grashalme vorsichtig teilte, entdeckte er einen grünlich schillernden Käfer, der auf dem Grund des Grasmeers eilig dahinkroch. Walter hielt ihm einen Finger in den Weg. Der Käfer stieß dagegen, wich einen halben Zentimeter zurück und nahm dann einen Umweg, der ihn um das unerwartete Hindernis herumführte. Seitdem Walter vor langen Jahren als kleiner Junge seinen ersten Käfer beobachtet hatte, hatten sie sich stets so benommen. Zumindest an diesem einen Käfer war nichts Unnatürliches.
Er sah sich weiter um und fand ein Ameisennest. Es lag auf einer von Gras nur spärlich bewachsenen Stelle und war im Boden angelegt. Hunderte von Ameisen waren ständig am Ein- und Ausschlüpfen und gingen mit fieberhaftem Eifer ihren verwirrenden Tätigkeiten nach. Walter war nicht sicher, welche Fähigkeiten der Wahrnehmung Ameisen besaßen und ob sie ihn bemerkt hatten oder nicht. Um sicher zu sein, stellte er den Fuß dicht neben den Nesteingang. Die übliche Panik setzte ein. Die Ameisen bewegten sich noch schneller. Alles schien hastig bestrebt, ins Nest zurückzukehren selbst die, die es eben erst verlassen hatten.
Walter war befriedigt. Wenigstens hier, an dieser Stelle, zwanzig Kilometer außerhalb von Edmonton, war alles normal. Er kehrte zu seinem Wagen zurück und fuhr zwei Kilometer weiter, immer die alte Landstraße entlang.
Bevor er diesmal ausstieg, nahm er außer dem Revolver noch ein kleines Spritzgerät an sich, das er zusammen mit dem Insektenvertilgungsmittel erworben hatte und dessen Kanister mit einem der wirksamsten Gifte gefüllt war. Seine Vorsicht erwies sich als angebracht. Er hatte den Wagen kaum verlassen, als sich ein Schwarm winziger brauner Fliegen auf ihn stürzte - die Art, die man auf faulendem Obst oder Gemüse findet. Walter versuchte, sie mit Handbewegungen zu verscheuchen. Es schien lächerlich, die winzigen Geschöpfe für eine ernste Bedrohung zu halten. Aber innerhalb weniger Sekunden hüllten sie ihn in eine dichte, häßlich sirrende braune Wolke, ließen sich auf seinem Gesicht nieder und begannen, in Nase und Mund einzudringen. Walter war gezwungen, die Giftspritze anzuwenden. Dieser Waffe waren die Fliegen nicht gewachsen. Ihr Schwarm schmolz dahin. Walter retirierte, so schnell er konnte, ins Innere des Wagens. Er spuckte ein paarmal kräftig aus, um die in den Mund eingedrungenen Fliegen zu entfernen, und schnaubte die Nase, um das widerliche Gekribbel loszuwerden.
Hinter dem gläsernen Aufbau des Wagens geborgen, nahm Walter sich Zeit, sein
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