0296 - Die Herrin der Sterne
Sid bewegten sich in der angegebenen Richtung durch das Haus. Hine Lupers Anwesen war von beeindruckender Größe. Der Lärm den Atlan und Enne verursachten verlor sich bald hinter ihnen. Sie durchsuchten zwei Räume, in denen sie kein Möbelstück unverrückt ließen, fanden jedoch weder von Hine noch von Martha auch nur die geringste Spur.
Der nächste Raum war die Küche. Dowen blieb in der Nähe der Tür stehen - unsicher, mit welchem der vielen Schränke und Fächer er anfangen sollte, während Sid wahllos ein paar Schubladen aufriß und sie laut wieder zuknallte, wenn er nichts fand.
Dowen war plötzlich, als hätte er von draußen ein Geräusch gehört. Er winkte Sid zu, sich ruhig zu verhalten, und lauschte. Sid blieb ein paar Sekunden lang bewegungslos stehen dann winkte er verächtlich ab und lachte: „Ach was, Bruder, dir geht nur die Phantasie durch. Es gibt ..."
Er wurde unterbrochen. Ein gellender Schrei klang auf und brachte die Luft zum Vibrieren. Der Krach einer Explosion folgte dichtauf. Der Schrei erstarb, und von irgendwoher kamen polternde und dröhnende Geräusche.
Mirona! Nur ein einziger Gedanke zuckte Dowen durchs Gehirn.
Im nächsten Augenblick handelte er.
Ohne sich um Sid zu kümmern, stürmte er davon. Mit Riesenschritten durchquerte er die beiden Zimmer, die sie durchsucht hatten. Durch die weit geöffnete Schiebetür stürzte er in den Vorplatz.
Es war seine Unbedachtsamkeit. die ihm in diesem Fall das Leben rettete. Eine kleine, dickliche Gestalt wuchs plötzlich vor ihm auf. Er sah den gedrungenen Lauf eines Gewehrs unmittelbar auf sich gerichtet und drang blindwütend darauf ein. Die Gestalt wich zurück. Dowen warf sich nach vorn und versuchte, das Gewehr zu packen. Sein Gegner kam nicht zum Schießen. Um wenigstens seine Waffe zu retten, mußte er sie zur Seite reißen. Dowen griff ins Leere und wurde von seinem eigenen Schwung davongetragen. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Etwas unverschämt Hartes traf seinen Hinterkopf mit voller Wucht und ließ ihm Sterne und Funken vor den Augen tanzen. Er hörte jemand schreien: „Dowen! Konnery! Passen Sie auf!"
Er rollte sich zur Seite, noch immer unfähig, aus den Augen zu sehen. Ein brüllender Krach dröhnte dich neben ihm auf, und heiße Luft verbrannte ihm das Gesicht. Er roch den Gestank von Graupulver. Durch das Singen in den Ohren hindurch hörte er ein gehässiges Lachen - ein paar unflätige Worte, von einer merkwürdig verzerrten Stimme hervorgestoßen.
Und plötzlich Sid Goldsteins triumphierenden Schrei: „Ich hab, dich, Alte!"
Dowen kam auf die Beine. Er konnte wieder sehen. Sid war halb hinter einer watend strampelnden und mit den Armen um sich schlagenden Gestalt verborgen. Das Gewehr lag am Boden.
Dowen hob es auf und schleuderte es außer Reichweite.
Zum erstenmal sah er, daß sein berserkerhafter Gegner eine Frau war. Sie war alt und häßlich mit ihrem vor Wut verzerrten Gesicht und den strähnigen Haaren. Und sie hatte Kraft. Sid kam kaum mit ihr zurecht.
Dowen sah sich um. Mirona kam hinter einer umgestürzten Kommode hervorgekrochen. Sie war totenblaß und zitterte, und ihre großen, dunklen Augen waren voller Entsetzen auf die alte Frau gerichtet. Sie wirkte hilflos, daß Dowen einen fast unwiderstehlichen Drang verspürte, sie in die Arme zu nehmen und zu beruhigen.
Er hätte es vielleicht getan, aber in diesem Augenblick erstarb das wilde, unflätige Geschrei der Alten. Dowen wirbelte herum, auf einen neuen Angriff gefaßt, aber die unerwartete Stille hatte einen anderen Grund. Sids Gefangener war schließlich die Luft ausgegangen. Sie war bewußtlos, und Sid hatte sie auf den Boden gleiten lassen.
Dies alles war, obwohl es Dowen vorkam, als hätte es mehrere Minuten gedauert, so rasch vor sich gegangen, daß Atlan und Walter Enne, aus den rückwärtigen Räumen des Hauses kommend, erst jetzt die Szene erreichten. Atlan holte nach, wozu Dowen weder Zeit noch Mut gefunden hatte zu tun. Er nahm die Tefroderin zärtlich in die Arme und preßte sie an sich. Dowen wandte sich ab, als er sah, daß Mirona sich die Behandlung widerstandslos gefallen ließ.
Walter Enne stand über die Bewußtlose gebeugt und starrte sie ungläubig an. „Das ... das ist Martha Luper", stieß er schließlich hervor. „Was um Gottes willen, ist in sie gefahren?"
*
Die Frage war rhetorisch. Was mit Martha Luper geschehen war, lag auf der Hand. Martha Luper war der erste Mensch, der der
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