0296 - Die Herrin der Sterne
wahr und zwängte sich an ihm vorbei. Er warf die Arme in die Höhe und drehte sich vor Begeisterung um die eigene Achse.
„Das nenne ich Leben!" rief er „Mensch, sich dir das an! Teppiche auf dem Boden, Ledersessel, ein Fensterbildschirm, eine Couch, Automatbedienung - alles, was das Herz begehrt."
Er ging zu dem niedrigen Tisch, der in der Mitte einer Sesselgruppe an der linken Seitenwand stand, und drückte die Tasten des Servoautomaten. In den Tischplatte öffnete sich eine Klappe, und ein Tablett mit zwei gefüllten Gläsern wurde ausgefahren. Sid nahm sie auf und reichte eines davon Dowen.
„Auf unser Glück", sagte er. „Lachaijim!"
Er mußte die Knöpfe wahllos gedrückt haben, denn Dowen kannte das Getränk nicht. Es schmeckte scharf und trotzdem angenehm, und vor allen Dingen erfüllte es ihn mit Wärme und gab ihm einen Teil seines Selbstbewußtseins zurück. Er ließ sich in einen der Sessel fallen, zündete eine Zigarette an und war plötzlich mit seinem Los wieder zufrieden.
Er schlug die Beine übereinander und warf dem Schott, das weiter ins Innere der Suite führte einen fragenden Blick zu. Wie würde es sein wenn sie sich zum erstenmal sehen ließ? Er hatte eine genaue Vorstellung von ihr. Eine andere Frau würde vor lauter Verwirrung über die ungewohnte Umgebung weder ein noch aus wissen. Nicht sie! Sie war anders. Es war unmöglich, sie sich anders vorzustellen als unumschränkte Herrin der Lage.
Es kam ihm zu Bewußtsein, daß bislang noch niemand wußte, wie sie hieß. Dowen versuchte sich vorzustellen, welches ihr Name sein könnte.
„Wir sollen vielleicht zusammen auf der Couch schlafen?" fragte Sid mißtrauisch. „Besonders scharf nachgedacht haben sie anscheinend nicht, als sie uns hier einquartierten."
Samantha kam ihm in den Sinn. Irgend etwas Bombastisches. Endora. Semiramis. Kleopatra. Das war dumm. Eine moderne Tefroderin borgte ihre Namen nicht aus der irdischen Geschichte.
„Und wie ist das mit den Waschgelegenheiten?" beschwerte sich Sid. „Wie haben sie sich das eigentlich vorgestellt? Irgendwann muß der Mensch doch mal ..."
Er sah sich um, fand jedoch nicht, wonach er suchte.
Dowen gab die Suche nach dem Namen auf und malte sich statt dessen aus, wie sie aussehen würde, wenn sie zum erstenmal unter dem offenen Schott erschien. Sie hatte einen Raumanzug getragen. Den würden ihr die Ärzte natürlich abgenommen haben.
Besaß sie eigene Kleider? Oder mußte sie sich auf das verlassen, was das Lazarett ihr mitgegeben hatte?
„Weißt du was?" sagte Sid. „Ich rufe Hagarthy an und frage ihn, wie er sich das so denkt."
Dowen drückte seine Zigarette aus „Wenn dir mal was Romantisches einfällt, laß mich’s hören", bemerkte er unfreundlich. „Ansonsten halte die Klappe!"
Sid hatte die passende Antwort schon auf der Zunge. Er wußte immer, was er zu sagen hatte. Aber er kam nicht dazu, es auszusprechen. Das Schott an der Rückwand glitt mit leisem Summen zur Seite. In der Helligkeit der blauweißen Deckenlampen wirkte der Raum dahinter mit seiner gedämpften Beleuchtung halbdunkel.
In der Öffnung stand sie.
Dowen bemerkte erst später, daß er unwillkürlich aufgestanden war. In einer Art Trance sah er die Frau zuerst Sid, dann sich ansehen. Sie bedachte ihn mit einem freundlichen Lächeln, das zwei Reihen unwahrscheinlich weißer Zähne entblößte und sagte in wohlklingendem Tefroda: „Ich bin Mirona Thetin und weiß die Fürsorge, die man mir angedeihen läßt, wohl zu schätzen."
Sie trug eine Montur, die aus einem einzigen Stück metallen schimmernden Stoffs zu bestehen schien wahrscheinlich dieselbe, die sie unter dem Raumanzug getragen hatte. Eng genug, um nichts der Phantasie des Beobachters zu überlassen, spannte sich das silberne Material um die Beine, fiel locker über die Hüften und straffte sich über dem wohlgeformten Busen. Das Gewand schloß in einer Art Schalkragen um den Hals herum ab. Die locker fallenden Ärmel waren von voller Länge und endeten in einer schimmernden Borte über dem Handgelenk. Wer auch immer das auf den ersten Blick so einfach wirkende Kleidungsstück entworfen hatte, hatte es für diese Frau persönlich getan und war ein Künstler in seinem Fach.
Was Dowen Konnery in noch stärkerem Maße als der vollendete Körperbau der Tefroderin faszinierte war ihr Gesicht. Es trug eurasische Züge und war von jener atemberaubenden Harmonie und Schönheit, wie sie die Natur in Millionen von Versuchen nur einmal zustande
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