0296 - Ein Strick für den Henker
Geld für ein Eis zu schenken, als er den Fremden bemerkte. Der Mann war blond und trug eine dunkle Hornbrille.
Coleman sah, wie der Fremde den kleinen Negerboy an die Hand nahm und mit ihm zu Old Joe’s Karren ging. Dort kaufte er ein Vanille-Eis und drückte es dem Knirps in die Hand. Der strahlte über das ganze Gesicht. Der Fremde lächelte ebenfalls. Er nahm die Brille einen Moment ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Dann setzte er sie wieder auf.
Doch der kurze Augenblick hatte genügt. Coleman fuhr zusammen. Sein Blick glitt prüfend über den zerknitterten Anzug des Fremden. Der hatte den Jungen wieder an die Hand genommen und schlenderte mit ihm durch die Bowery.
Darky Coleman stieß sich von der Hauswand ab und ging hinterher. Der Fremde bog in die Broome Street ab und blieb mit dem Jungen vor einem Spielzeugladen stehen. Er sprach auf den braunhäutigen Knirps ein und betrat dann mit ihm den Laden. Coleman schoß wie ein Torpedo in den Zigarettenladen, der daneben war.
»Dir ist wohl die Hitze nicht bekommen?« erkundigte sich Dale Stevenson grinsend.
»Ich muß dringend telefonieren, Dale«, erwiderte Darky.
Stevenson wies auf den Apparat. »Bediene dich, Boy!«
Coleman wählte bereits. Dann lauschte er ungeduldig. Dabei behielt er die Straße im Auge.
»Hier bei Borrell«, hörte er eine Stimme.
»Mike?«
»No, hier ist Tim Danser! Wer spricht denn da?«
»Coleman! Ist Vincente da?«
»Der ist im Moment ’rausgegangen, Darky! Ist etwas Wichtiges?«
»Sieh zu, daß du ihn noch erwischt, Tim! Er soll sofort zur Broome Street kommen. Sag ihm nur, das Wild sei aufgetaucht. Aber rasch!«
»Okay, Darky! Ich sause ihm nach!«
Am anderen Ende der Leitung wurde aufgelegt. Coleman tupfte den Schweiß von der Stirn. Wenn alles gut ging, konnte Vincente in fünf Minuten hier sein.
»Ich bezahle das Gespräch später, Dale!«
Mit diesen Worten stürzte er auf die Straße. Gerade kam der Fremde aus dem Spielzeugladen heraus. Der kleine Negerboy hatte jetzt einen bunten Gummiball unter dem Arm.
Coleman zwang sich gewaltsam zur Ruhe. Er mußte Gilbert aufhalten. Jede Minute war kostbar. Er kramte ein zerknautschtes Zigarettenpäckchen hervor, zog einen der verbogenen Glimmstengel heraus und trat zu dem Fremden.
»Entschuldigung, kann ich Feuer haben?«
Gilbert zuckte zusammen. Er musterte den Sprecher durch die dunklen Gläser seiner Brille und nickte dann. Coleman fing die ihm zugeworfene Zündholzschachtel auf und bediente sich. Dann gab er sie zurück.
»Thank you, Mister! Schönes Wetter heute, nicht wahr?«
Der Fremde nickte nur wortlos und zog den Negerjungen mit sich fort.
Coleman sah ihm nach. Plötzlich bremste ein Wagen am Bordstein. Darky fuhr herum und blickte in die funkelnden Augen von Vincente Aurelio.
»Wo ist er?« fragte der Italo-Amerikaner.
Darky deutete mit dem Daumen nach vorn. Aurelio sprang aus dem Wagen und lief hinter dem Fremden her. Darky Coleman folgte ihm.
»Sei vorsichtig, Vincente! Er schießt sofort!«
Doch Aurelio war nicht mehr zu bremsen.
Als Gilbert die schnellen Schritte hinter sich hörte, sah er sich um. Er ahnte eine Gefahr, aber als der schwarzlockige Bursche an ihm vorbei lief, schalt er sich einen Narren. Weiter vorn sah er den Mann in einem Hauseingang verschwinden. Gilberts Mißtrauen wurde sofort wieder wach, als er Coleman sah, der mit erstaunt aufgerissenem Mund die Szene beobachtet hatte. Darky konnte sich Aurelios Verhalten nicht erklären. Er ahnte auch nicht, daß seine Reaktion Gilbert erneut mißtrauisch machte.
***
Gilbert ging langsam weiter und wandte seine ganze Aufmerksamkeit Darky Coleman zu. So achtete er auch nicht auf den Hauseingang, in dem Vincente Aurelio verschwunden war.
Gilbert hatte den Eingang erreicht und drehte sich um. Der Abstand zu Coleman war der gleiche geblieben, also war ihm der Mann gefolgt. Zu weiteren Überlegungen kam Gilbert jedoch nicht mehr, denn in diesem Augenblick sprang Aurelio aus dem Hausflur heraus. Mit einem gewaltigen Satz sprang er Gilbert an, der das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.
Der kleine Negerboy ließ den Ball fallen und lief laut schreiend davon. Gilberts Hand fuhr in die Rocktasche, doch bevor er den Colt herausholen konnte, traf ihn Aurelios Schuhspitze an der Schläfe. Aurelio trat an die Bordsteinkante und gab dem Fahrer des Wagens ein Zeichen. Sofort heute der Motor des Chevrqlet auf. Der schwere Wagen kam heran und stoppte ab.
Darky Coleman riß die
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