0296a - Lösegeld für blonde Locken
Umwelt nicht erfährt, aus welchen Verhältnissen ihr Baby stammt.«
Mrs. Ripson riß den Mund auf. Ich erwartete jeden Moment ihren Überraschungsschrei. Aber er blieb aus. Statt dessen hörte ich ein dumpfes Röcheln.
Doch die Lady kam rasch wieder zu sich.
»Dr. Moore — ermordet?« fragte sie. »Wie abscheulich!«
»Sie haben gehört, was die Gangster mit der Liste anfangen können, die sie dem Doc abgejagt haben. Und ich fürchte, die meisten werden zahlen, wenn sich der Racket meldet.«
»Wie unangenehm«, murmelte sie. »Besitzen Sie ein Bandgerät, das die Telefongespräche aufzeichnet?«
»Ja.«
»Gut, dann lassen Sie es anschließen, damit wir die Stimme des Erpressers festhalten können. Verstehen Sie?«
»Ja«, hauchte sie.
»Wenn das Telefon läutet, nehmen Sie auf, als ob Susi am anderen Ende der Leitung wäre. Lassen Sie sich nichts anmerken. Wenn die Erpresser eine Entscheidung verlangen, sagen Sie, Sie müßten erst die Rückkehr Ihres Mannes abwarten, ja?«
»In Ordnung, Mr. Cotton. Ich werde mich zusammennehmen.«
»Danke, Mrs. Ripson. Aber tun Sie es, wegen Ihres Kindes. Je eher wir die Gangster packen, um so besser. Ich melde mich wieder.«
***
Phil betrat die Spelunke durch eine Seitentür. Um die Mittagszeit saß nur ein Tramp an den wenig blankgescheuerten Holztischen und blätterte in einer Zeitung, die vier Tage alt war.
Mein Freund pflanzte sich auf einen Hocker an die Theke. Der Wirt blickte ihn mürrisch an. Phil hielt ihm den FBI-Stern in der hohlen linken Hand entgegen Und sagte:
»Whisky mit Soda.«
»Okay«, brummte der Kerl. Er sah tatsächlich aus wie ein Bär. Die letzte Rasierklinge schien vor einigen Wochen zerbrochen zu sein. Der Bart wucherte in allen Farbschattierungen von Kupferrot bis Eisgrau an den Wangen.
»Bei welcher Firma arbeitet der Junge?« fragte mein Freund.
»Kann ich Ihnen nicht sagen«, erwiderte der Alte und stellte den Whiskybecher auf die Bartheke. »Nicht wechseln«, sagte Phil grinsend. Der Alte verstand und bedankte sich mit einem Brummen.
»Bei welcher Firma also?«
»Bei der Transcontinent-Company in der Bronx«, knurrte der Wirt. »Mehr sage ich Ihnen nicht. Wenden Sie sich gefälligst an den Arbeitgeber, wenn Sie was wissen wollen.«
Phil bedankte sich, ließ den Dritte-Klasse-Whisky stehen und ging hinaus. Er trabte eine halbe Meile und stieg in ein Taxi, das am Straßenrand wartete.
Der Unternehmer in Bronx war ein Mann mit einem lauten Organ. Er redete im Brüllton mit Phil, als mein Freund nach Ernest Borigin fragte.
»Meine Leute sind alle astrein. Ich nehme grundsätzlich keine mit Vorstrafen.«
»Okay, Mr. Darton, ich glaube Ihnen. Mit welchem Lastzug ist Ernest Borigin unterwegs und welche Route fährt er?« Phil sprach so leise, daß Darton die Hand hinter seine schon ohnehin abstehenden Ohren hielt.
»Eigentlich geht das niemanden etwas an«, knurrte er, »das ist Betriebsgeheimnis. Jeder Unternehmer ist bestrebt, die kürzeste Strecke herauszufinden.«
»Wir versprechen Ihnen, Ihre Strecke nicht zu verraten. Wo befindet sich Ernest Borigin heute abend um sieben?«
»In Erie. Das ist eine Tagestour, nicht ganz sechshundert Meilen. Das schaffen meine Leute spielend. Schließlich habe ich auch die modernsten Lastwagen.«
»Nennen Sie mir bitte die Nummer Ihres Lastzuges.«
»Wollen Sie auch noch wissen, was er geladen hat?« fragte er ungeduldig.
»Ausnahmsweise nicht. Aber die Nummer interessiert.«
»Was haben Sie vor?«
»Ich werde den Lastzug stoppen lassen zwischen Buffalo und Erie. Ernest Borigin muß verhört werden. Es entsteht für Sie keine Verzögerung. Während der Junge verhört wird, steuert ein Polizeibeamter Ihren Wagen. Selbstverständlich haftet der Staat in dieser Zeit auch für eventuelle Schäden.«
»So, dagegen kann ich nichts sagen«, knurrte Darton und kratzte seinen fast kahlen Schädel.
»Oder besitzen Ihre Autos Telefon?«
»Nein, G-man, das ist mir zu teuer. Meine Leute melden sich jeden Abend telefonisch und erstatten Bericht. Das reicht.«
Mein Freund schrieb sich die polizeilichen Kennzeichen des Lastzugs auf und verabschiedete sich.
Als Phil unser Office im Distriktgebäude auf der 69. Straße Ost betrat, wertete ich die Ergebnisse aus dem Zentralarchiv in Washington aus. Der Kreis, für den wir uns interessierten, wurde von Stunde zu Stunde größer. Dr. Henry Moore wurde im Zentralarchiv nicht geführt. Interessanter waren die Auskünfte über Martin Climb. Er war im
Weitere Kostenlose Bücher